project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Familie Carter reist im schicken Wohnmobil durch die unwirtliche Yucca-Wüste ihrem wohlverdienten Sommerurlaub in Los Angeles entgegen. Um etwas Zeit zu sparen hat die Familie eine Abkürzung genommen, die sie geradewegs durch militärisches Sperrgebiet führt. Die gutgemeinte Warnung eines Tankwartes, doch einen anderen Weg zu nehmen, da schon mehrfach Leute verschwunden sind, wird von Vater und Familienoberhaupt Big Bob (Russ Grieve) in den Wind geschlagen. Doch der Ex-Polizist hätte besser auf den Tankwart gehört, da schon kurze Zeit später das Auto samt Wohnmobil mit gebrochener Achse im Straßengraben landet.
Da weit und breit keine Menschenseele zu sehen ist, macht sich Bob zu Fuß auf den Weg zurück zur Tankstelle um von dort Hilfe zu holen. Der Rest der Familie sucht im Wohnmobil Schutz vor der drückenden Hitze, während sein Schwiegersohn Doug (Martin Speer) in der anderen Richtung sein Glück versucht. Während die beiden Männer unterwegs sind versucht Bobs bibelfeste Ehefrau Ethel (Virginia Vincent) vergeblich über Funk die Polizei zu erreichen. Als wenig später einer der Hunde der Familie ausbüchst und wenig später von Bobby Jr. (Robert Houston) in den Bergen ausgeweidet vorgefunden wird, ahnt der junge Mann bereits, was später grausige Gewissheit wird. Die Familie ist in den abgelegen Sperrgebiet nicht alleine und sieht sich wenig später mit einer degenerierten Kannibalen-Familie konfrontiert, die ihrerseits auch unbarmherzig Jagd auf die gutbürgerliche Familie macht.
Über den Inhalt von „The Hills have Eyes“ bzw. „Hügel der blutigen Augen“ noch großartig Worte zu verlieren ist eigentlich unnötig. Es wird ja nicht viele geben, die das Original von Wes Craven aus dem Jahre 1977 und/ oder das gelungene Remake von Alexandre Aja aus dem Jahre 2006 noch nicht gesehen haben. Beide Filme bringen den relativ überschaubaren Grund-Plot auf die Bühne und unterscheiden sich nur minimal in der unterschiedlichen Charakterisierung seiner Protagonisten. Und während Aja den Gore-Anteil fast schon auf ein comic-haftes Niveau schraubt, gelingt es Wes Craven getreu dem Motto „weniger ist mehr“ eine vergleichbar bedrückende Stimmung zu schaffen, ohne einem annähernd hohen Blut- und Beuschel-Level.
Fünf Jahre nach dem kontroversen Erfolg von „Last House on the Left“ mit all seinen Problemen mit Zensur und negativer Publicity wurde Wes Craven von Produzent Peter Locke gefragt, ob er nicht neuerlich einen Horrorfilm inszenieren möchte. Der hatte ursprünglich keine große Lust, willigte aber später ein mit einem Budget von knapp 230.000 US-Dollar einen Low-Budget Film zu drehen. Die Idee zu seinem Drehbuch kam Wes Craven aufgrund der Geschichte einer schottischen Familie aus dem 14. Jahrhundert, die aufgrund ihrer Armut mehrere Reisende kidnappten und anschließend verspeisten. Später wurden sie gefangen und die Gesellschaft rächte sich bitterlich für die grausigen Taten der Familie, in dem die Täter auf grausamste Weise gefoltert und ermordet wurden. Craven war angetan von der Idee, dass gutbürgerliche Menschen selbst zu Tieren werden und grauenvolle Taten vollbringen, wenn es darum geht, Taten zu rächen und das eigene Leben und das seiner Lieben zu beschützen.
Ich muss aber ehrlich gestehen, dass ich das Original jetzt zum ersten Mal gesehen habe und ich war überrascht, wie nahe sich Aja eigentlich an das Original gehalten hat. Gemeinhin wird der 2006er-Fassung ja zugeschrieben, dass es im Gegenzug zu vielen anderen Remakes das Original bei weiten übertrifft. Das mag schon sein, dass Aja die Terror-Schraube knapp 30 Jahre danach nochmals ordentlich angezogen hat, aber für das Jahr 1977 ist Craven mit seiner Darstellung sicher schon nah an die Grenze des damals zeig- und zumutbaren gegangen und hatte abermals mit der Zensur und negativer Presse zu kämpfen, während das Publikum von seiner Geschichte begeistert war.
Eine der größten Unterschiede zwischen den beiden Filmen ist aber die Tatsache, dass in der Version von Wes Craven auch die degenerierte Kannibalen-Familie und deren Verhältnis untereinander näher beleuchtet wird, während diese im Remake zu kompletten Freaks degradiert werden, die namens- und emotionslos nur das Töten von Unschuldigen im Kopf hat. Seltsamerweise wurde aus der Familie bei der seinerzeitigen Synchronisation zu blutigierigen Aliens (!!!) gemacht, die im militärischen Sperrgebiet gelandet ist und nun Rache an der Menschheit nimmt, die viele ihrer Rasse ermordet hat. Das macht natürlich wenig Sinn und warum und wieso das damals so geschehen ist, ist heute nicht mehr zu eruieren. Es könnte nur sein, dass man mit der damaligen Sci-Fi-Horrowelle etwas zusätzliche Publicity ergattern wollte.
Auch darstellerisch ist der Film leider etwas durchwachsen und vor allem die jüngeren Darsteller sind teils doch arg überfordert. Vor allem Robert Houston als Bobby Jr. merkt man seine Unerfahrenheit einfach an. Dee Wallace hingegen am Anfang ihrer Karriere macht ihre Sache ganz gut und wurde ja später dank Steven Spielbergs „E.T.“ weltberühmt. Besonders sticht jedoch Michael Berrymann heraus, der es mit seinem ungewöhnlichen Aussehen trotz Nebenrolle auf wohl alle Plakate, Video- und DVD-Hüllen geschafft hat. Eigentlich unglaublich, dass der gute Herr mit seinen 26 Geburtsfehlern vor seiner Schauspielkarriere als Florist gearbeitet hat. Der restliche Cast wirkt systemerhaltend bis gut, wird aber von dem Cast des Remakes natürlich bei weitem übertroffen.
Zu Regisseur Wes Craven muss eigentlich auch nicht mehr viel gesagt werden. Es gibt jedoch wohl keinen Zweiten, dessen Karriere so derart durchwachsen ist, wie die des 1939 in Cleveland, Ohio geborenen Regisseurs. Dieser war ursprünglich Sohn einer erzkonservativen Baptistenfamilie, früh verheiratet und schmiss seinen Job als Lehrer um in Los Angeles in der Filmindustrie sein Glück zu versuchen. Dort traf er auf Sean S. Cunnigham und realisierte mit Mini-Budget seinen ersten Gerne-Meilenstein „Last House on the Left“. Jahre später folgten mit „The Hills have eyes“, „Nightmare on Elm Street“ und der „Scream“-Trilogie weitere Werke, die das Genre revolutionierten. Doch kaum jemand kann sich wohl noch an seine Filme wie „Swamp Things“, „Deadly Friend“ oder auch „Vampire in Brooklyn erinnern, die sich alles als veritable Flops herausstellten.
Die DVD aus dem Hause „CMV Laservision“ bringt diesen tollen Klassiker des Terrorkinos in einer schönen Edition mit allerlei interessanten Bonusmaterial, die den Kauf rechtfertigen, auch wenn man schon die ein oder andere VÖ zuhause rumstehen hat. Die Bild-Qualität ist bestenfalls gut und im Film sind zahlreiche Laufstreifen oder sonstige kleine Defekte zu sehen. Irgendwie passt das aber herrlich zu diesem dreckigen und fiesen kleinen Filmchen, sodass dieses nicht weiter störend ist. Neben der bereits erwähnten, alten deutschen Synchronisation gibt es auch noch eine weitere in deutscher Sprache, die dem Original wesentlich näher ist. Die ältere wartet allerdings mit so manch bekannter Stimme auf und gefällt mir daher auch besser. Wer mag, kann sich „Hügel der blutigen Augen“ auch im englischen Original mit optionalen Untertiteln anschauen. Beim Bonusmaterial hat sich „CMV Laservision“ aber ordentlich ins Zeug gelegt und allerlei interessantes Material zusammen getragen. So gibt es neben einem Audiokommetar von Wes Craven und Produzent Peter Locke auch die 2003 entstandene Doku „Looking back on the hills have Eyes“ in der Regisseur, Produzent und viele Darsteller ihre Eindrücke zu den damaligen Dreharbeiten wiedergeben und dabei auch vor eigener Kritik nicht zurückschrecken. Leider ist in diesem Feature etwas mit den Untertiteln etwas schiefgegangen, sodass diese nach der Hälfte immer fünf Sätze im Voraus eingeblendet werden. Das ist natürlich besonders ärgerlich, dass sich diese Untertitel auch nicht wegschalten lassen.
Bei dem zweiten großen Feature namens „The Director: the Films of Wes Craven“ ist dieser Faux Pas zum Glück nicht passiert. In dieser knapp einstündigen Doku wird das Gesamtwerk von Wes Craven nach seinem Erfolg mit „Scream 1“ näher beleuchtet. Abgerundet wird das mehr als positive Gesamtbild mit zahlreichen Trailern, TV-Spots, einem alternativen Ende und weiterem Material. Unterm Strich mit seinen ganzen schicken Cover-Varianten, die wohl bisher beste, schönste und interessanteste Veröffentlichung dieses Filmes.
Unterm Strich bleibt ein toller und kurzweiliger Vertreter des Siebziger-Jahre-Terrorkinos, der auch noch knapp 32 Jahre nach seinem Erscheinen ordentlich die Bude rockt und in mancher Szene wirklich sehr bedrückend ausgefallen ist. Sicherlich hat das Original wohl auch aufgrund des geringen Budgets einige Fehler und Unstimmigkeiten, ist aber sicherlich genauso interessant, wie das etwas auf Hochglanz-Gore und High-End-Terror geputzte Remake von Alexandre Aja. „Hügel der blutigen Augen“ ist für seine Verhältnisse wirklich ein grandioser Film, der den guten Ruf des Ausnahme-Regisseurs weiter festigte, der ja mittlerweile eine lange Liste von Genre-Klassikern zurückblicken kann. Und Scham und Schande über mein Haupt, dass es bei mir mit einer Sichtung so lange gedauert hat. Ein Klassiker des Horror-Genres, den man dann auch gar nicht bewerten muss. Geiles Teil!
Beitrag geändert von jogiwan (30.January 2010 17:51:45)
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@ Jochen,
Danke fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6153
Hätte echt nicht gedacht, dass Du das Original noch nicht kanntest. Finde auch das Remake um einiges besser - auch wenn das Original natürlich nicht schlecht ist .
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