project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Der junge Bobby (Ryan Kelley) lebt mit seinen Eltern und seinen Geschwistern in einem kleinen Ort namens Walnut Creek. Eines Tages gesteht er seinem älteren Bruder Ed (Austin Nichols), dass er vermutet homosexuell zu sein. Als Ed diese Vermutung seiner erzkonservativen Mutter Mary (Sigourney Weaver) verrät ist diese hochgradig alarmiert und versucht mit Bibelzitaten und Besuchen in der Kirche ihren Sohn vom vermeintlich falschen Weg abzubringen. Später versucht sie mit Hilfe einer Psychologin ihren Jungen wieder umzupolen. Alle Versuche von Bobby um Akzeptanz in seiner Familie schlagen fehl. Wenig später zieht Bobby für zwei Monate zu seiner Cousine nach Portland und besucht dort die Schwulenszene und verliebt sich in David. Dieser geht relativ offen mit seiner Neigung um und auch seine Eltern haben seine Homosexualität akzeptiert. Der Standpunkt von Bobbys Familie hingegen bleibt weiter unverändert.
Wieder zuhause kommt es zu weiteren Wortgefechten mit seiner Mutter, die ihrem Sohn vorwirft, den Weg in die Hölle zu wählen und das sein Tun gegen Gott, gegen die Bibel und schlussendlich gegen seine Familie sei. Bobby entgegnet, dass er so sei wie er ist und dass nicht er im Mittelpunkt ihrer Überlegungen stehe, sondern ihr Egoismus und ihre Angst vor den Reaktionen ihres Umfeldes. Es kommt wieder zum Streit und Bobby beschließt nach Portland zu ziehen und seine Familie hinter sich zu lassen. Doch der Streit mit seiner Familie hinterlässt Spuren und der Junge wird zunehmend verschlossen und depressiv. Wenig später stürzt sich Bobby von einer Autobahnbrücke, wird von einem LKW überfahren und ist auf der Stelle tot.
Bei seiner Beerdigung sagt der Priester, dass der Junge für immer verloren ist und für sich den falschen Weg gewählt hatte. Beim Leichenschmaus kommt es zum nächsten Eklat als Mary dem homosexuellen David nur zögerlich die Hand gibt, dessen benutztes Geschirr im Müll entsorgt und der Cousine indirekt vorwirft am Tod ihres Sohnes schuld zu sein. Wenig später beginnt sie Bobbys Tagebuch zu lesen und entdeckt, dass Bobby durch die erzkonservativen Ansichten seiner Familie hochgradig verunsichert war und im Grunde nur so akzeptiert werden wollte, wie er war. Als sie in ihrer Verzweiflung dem Priester die Frage stellt, was denn mit den anderen junge Menschen sei, die das Gleiche wie Bobby durchleiden müssen, zuckt dieser bloß mit den Schultern.
Sie besucht daraufhin die Treffen einer schwulenfreundlichen Kirche und diskutiert mit dem Pfarrer über die Auslegung von Bibelstellen, die sich explizit gegen Homosexuelle richten. Der Pfarrer erklärt, dass es im selben Buch auch Passagen gibt, die zur Steinigung von Kindern aufruft, die sich gegen ihre Eltern auflehnen oder die Eltern verflucht, sofern deren Kinder bei der Eheschließung nicht mehr jungfräulich sind. Durch die Kirche bekommt Mary auch den Kontakt zu einer Vereinigung namens PFLAG (Parents, Family and Friends of Lesbians and Gays) und muss erkennen, dass sie mit ihrem uneinsichtigen und eigentlich menschenverachtenden Verhalten ihren Sohn in den Tod getrieben hat. Unerwartet wird sie zur Befürworterin für die Rechte Homosexueller und hält einen emotionalen Vortrag vor dem Gemeinderat für die Einführung eines örtlichen Christopher Street Days. Der wird zwar abgelehnt, aber Mary macht sich von diesen Zeitpunkt für die Rechte gleichgeschlechtlich l(i)ebender Menschen stark und wird schlussendlich zur Ikone der Schwulenbewegung.
„Prayers for Bobby“ ist ein im Jahre 2009 entstandener und ursprünglich für den amerikanischen Kabelsender „Lifetime“ produzierter Streifen über das Leben von Mary Griffith und ihren Wandel von der Fundamentalchristin zur Kämpferin gegen Ausgrenzung und Diskriminierung von homosexuellen Menschen. Als Grundlage dazu diente das 1996 veröffentlichte Buch von Leroy F. Aarons namens „Prayers for Bobby: A Mother´s Coming to Terms with the Suicide of Her Gay Son, in dem das Leben und Sterben des Zwanzigjährigen Bobby Griffith anhand seiner Tagebücher nachgezeichnet wird und die Auswirkungen seines Todes auf seine Mutter, einer gottesfürchtigen und erzkonservativen Presbyritanerin.
Über die Scheinheiligkeit der christlichen Glaubensgemeinschaften weltweit muss ich an dieser Stelle ja eigentlich gar nichts beschreiben. Diese leben zwar die Auffassung, dass alles auf dieser Erde von Gott geschaffen wurde – mit Ausnahme der Homosexuellen, die natürlich geradewegs aus der Hölle stammen und gefälligst auch nach Ableben wieder dorthin verschwinden sollen. Und auch mit der Nächstenliebe ist es oft auch nicht weit her, vor allem wenn es Anders- oder Ungläubige betrifft. Und so ist Mary Griffith auch felsenfest davon überzeugt, dass Homosexualität natürlich etwas Widernatürlich und Anormales ist, welches in Form einer Versuchung oder Krankheit über junge Menschen hereinbricht, um diese zu prüfen und das mit der Kraft des Glaubens diese Form von Heimsuchung überstanden werden kann.
Natürlich alles kompletter Blödsinn, wenn man versucht eine Ursache für eine homosexuelle Neigung zu suchen. Das wäre ungefähr so, als wenn man behaupten würde, dass jeder Mensch seine natürliche Haarfarbe selbst aussuchen würde. Die Schwulen sind halt einmal eine Laune der Natur und alles was die Natur schafft hat auch seine Berechtigung auf diesem Planeten – so einfach ist das. Und was die oftmals zitierte Bibel betrifft, so hat es eine gewisse Lynn Lavner sehr treffend auf den Punkt gebracht: "Die Bibel enthält sechs Ermahnungen an Homosexuelle und 362 Ermahnungen an Heterosexuelle. Das heißt aber nicht, dass Gott die Heterosexuellen nicht liebt. Sie müssen nur strenger beaufsichtigt werden."
Aber zurück zum Film, der für eine TV-Produktion wirklich außerordentlich gut geraten ist. „Prayers for Bobby“ ist ein wirklich außergewöhnlicher und ergreifender Film, der mit seiner Botschaft für mehr Akzeptanz gegenüber der homosexuellen Minderheit mindestens so wichtig ist, wie Gus van Sants „Milk“, der ja immerhin verdient ein paar Oscars abgeräumt hat. Eigentlich schade, dass es diese dramatische und bewegende Geschichte nicht in die Kinos geschafft hat. Immerhin hatte der Streifen bei seiner Erst- und Zweitaustrahlung einen Spitzenwert und dass der Streifen nun im deutschsprachigen Raum auf DVD veröffentlicht wird, spricht ja auch für seine Qualität.
Sigurney Weaver in ihrem ersten Streifen, der nicht für die große Leinwand gedreht wurde, spielt wie üblich sensationell und ist als bigotte und geläuterte Fundamentalchristin zu jeder Zeit absolut überzeugend. Nicht umsonst wurde sie – wie der Film selbst - für ihre Darstellung der Mary Griffith auch für den Emmy (die TV-Variante des Oscars) nominiert. Der ging zwar schlussendlich an Jessica Lange aber Mitte Dezember wurde bekannt geben, dass Fr. Weaver ebenfalls für den Golden Globe nominiert wurde. Aber auch die restlichen Darsteller sind allesamt sehr gut und vor allem Ryan Kelley schafft es, den zerissenen und zweifelnden Charakter Bobby sehr eindrucksvoll und dramatisch Leben einzuhauchen.
Die DVD aus dem Hause CMV-Laservision bringt diesen berührenden Streifen aus dem Jahre 2009 in gewohnt guter Bild- und Tonqualität, einerseits in der englischen Originalvariante, sowie der deutschen Synchronisation. Als Bonusmaterial gibt es neben dem Originaltrailer, einen ausführlichen Text über die Geschichte von Mary Griffith, in dem die Geschichte nochmals beschrieben wird. Abgerundet wird das positive Gesamtbild mit einer sechs minütigen Bildergalerie und Trailern zu den Filmen „Wake“, „12 and Holding“, sowie „die Abenteuer des Sebastian Cole“.
„Prayers for Bobby“ ist ein berührender und eigentlich zutiefst trauriger Film über den Selbstmord eines Teenagers, der eigentlich von der Gesellschaft verhindert werden hätte müssen. Der bittere Weg einer Mutter von einer bibeltreuen Christin zur Leitfigur für die amerikanische Schwulenbewegung. Mary Griffith hält auch heute noch Vorträge vor Jugendlichen und berät Eltern von homosexuellen Kindern. Das Einzige, das man diesem Film vorwerfen könnte ist, dass er mit seiner Intensität und emotionalen Wucht eigentlich in die Kinos gehören würde. Für mich zählt der Streifen neben „Milk“ zu den wohl wichtigsten Filmchen der letzten Jahre und daher kann es an dieser Stelle dank der beeindruckenden Leistung von Frau Weaver auch nur die volle Punktezahl geben.
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@ Jochen,
sodele, Review ist nun Online: http://chilidog.project-equinox.de/?p=6068
Vielen Dank!!!
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