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Die 15jährige Yukie (Yui Miura) durchlebt jede Nacht Albträume von ihrer Klassenkameradin Kikukawa, seit sie dieser gemeinsam mit zwei Klassenkameradinnen einen Streich gespielt hat. Zu dritt haben sie die ängstliche Kikukawa eines Nachts in den Keller ihrer Schule gesperrt, wo diese aufgrund ihrer Angst fast gestorben wäre. Seitdem ist die ohnehin etwas seltsame Kikukawa nicht mehr in die Schule gekommen und reagiert auch auf keine Anrufe. Auch die beiden Klassenkameradinnen haben den selben seltsamen Traum, in denen ihnen die verstörte Kikukawa begegnet, schenken diesem jedoch keine große Beachtung. Doch das ändert sich, als eines der Mädchen inmitten der versammelten Klasse einschläft und aus diesem Traum nicht mehr erwacht.
Yukie ist verängstigt und sucht Hilfe bei Kagenuma (Ryuhei Matsuda), der in die Träume anderer Menschen sehen kann und in diesen Träumen auch Dinge verändern kann. Doch Kagenuma hat eigentlich kein großes Interesse, einer 15jährigen Schülerin mit ihren Problemen zu helfen. Doch Yukie ist hartnäckig und außerdem erinnert ihn der Fall der verängstigten Kikukawa an seine eigene Mutter. Auch diese hatte unbegründete Panikanfälle und reagierte auf ihr Umfeld mit panischen Angstzuständen. Als sie auch noch versuchte, Kagenuma im Kindesalter zu ertränken und dieses misslang, hat sie sich selbst das Leben genommen.
Kagenuma hat dieses Erlebnis nie verwunden und fühlt sich am Tod seiner Mutter mitverantwortlich. Als auch noch ein zweites Mädchen stirbt willigt er schließlich ein, dem jungen Mädchen zu helfen. Gemeinsam mit Yukie geht er zu dem Haus von Kikukawa um sich für das Verhalten der Mädchen zu entschuldigen. Doch Kikukawa ist nicht kooperativ und flüchtet, als sie die beiden sieht und bleibt spurlos verschwunden. Kagenuma hat die Idee, dass er im Traum mit Kikukawa sprechen möchte und das Mädchen um Verzeihung bitten möchte. Gleichzeitig möchte er auch erfahren, warum das verzweifelte Mädchen an den gleichen Angstzustände wie seine Mutter leidet. Als er in Yukies Traum eindringt, überschneiden sich jedoch die Träume und Erlebisse der beiden und beide befinden sich in einem Albtraum, der kein Ende zu nehmen scheint.
Regisseur Shinya Tsukamoto gilt eigentlich gemeinhin als ein Mann der Extreme: in „Tetsuo 1 und 2“ lies er Mensch-Maschinen in Strobo-Lichtblitzen aufeinander los gehen, in „Snake of June“ beleuchtete er sexuelle Obsessionen und im 2006 entstandenen „Nightmare Detective“ widmet er sich der latenten Todessehnsucht der japanischen Gesellschaft mit Hilfe einer abstrakten Geschichte eines Mannes, der in die Träume anderer eindringen kann. In der 2008 gedrehten Fortsetzung geht Tsukamoto leider in eine doch sehr konventionelle Richtung. Hab ich in meinem Text zum ersten Teil noch davon geschrieben, dass sich „Nightmare Detective“ wohltuend von den austauschbaren J-Horror-Ergüssen abhebt, so beschreitet Tsukamoto mit dem zweiten Teil, der (vermutlich) auf drei Teile konzipierten Serie bereits mehrfach ausgelatschte Pfade. Wer sämtliche Teile von „The Ring“, „Ju-On“, oder Werke wie „one missed call“ und „whispering corridors“ kennt, wird sich bei der Sichtung von „ND²“ jedenfalls einige Deja-Vu-Erlebnisse haben.
Sicherlich ist die Geschichte über Kagenuma und seine bizarre Fähigkeit immer noch sehr abstrakt und nicht unbedingt leicht zugänglich, aber die optische Umsetzung fand ich bei dem 2008 entstandenen Streifen jetzt nicht sonderlich spannend oder innovativ, sondern eher ziemlich platt und uninspiriert. Und auch wenn es gegen Ende wieder etwas surrealistisch wird, so muss ich doch ehrlich gestehen, dass ich mir nach dem starken, ersten Teil für die Fortsetzung doch schon wesentlich mehr erwartet hätte, als dieses Best-of-J-Horror-Dings, bei dem man fast bei jeder Sekunde das Gefühl hat, es in einem anderen Werk (inklusive Vorgängerfilm) bereits besser gesehen zu haben. Von dem anspruchsvollen Charme und surrealen Charakter, der die Vorgängerfilme ausgezeichnet hat, ist „ND²“ jedenfalls für mein Empfinden meilenweit entfernt.
Was ich im ersten Teil jedoch etwas bemängelt habe, war die Tatsache, dass die Figur Kagenuma relativ unbeleuchtet geblieben ist. Im zweiten Teil werden die Rolle und das Verhalten des „Nightmare Detective“ jedoch ausgiebiger behandelt und der Zuschauer erfährt mehr von dem Segen bzw. Fluch seiner mysteriösen Gabe und der Fähigkeit in den Gedanken der anderen zu lesen. Man erfährt auch, warum der junge Mann zurückgezogen lebt und sich am liebsten mit Kindern umgibt, die im Gegensatz zu den Erwachsenen einfach sagen, was sie denken, anstatt eine Rolle zu spielen. Die Geschichte von Yuki und ihren Alpträumen fungiert eher nur als Aufhänger für die Konfrontation von Kagenuma mit seinen eigenen „Geistern der Vergangenheit“.
Während es im ersten Teil – wie bereits erwähnt – um die Todessehnsucht der japanischen Bevölkerung geht, behandelt der zweite Teil eher die Unfähigkeit der Gesellschaft untereinander bzw. miteinander zu kommunizieren. Yuki wirkt zwar äußerlich wie ein normaler Teenager, innerlich ist sie allerdings vereinsamt. Ein Scheidungskind, dass ohne Vater aufwachsen musste und deren Mutter sich lieber um ihre Karriere, als um die Probleme des eigenen Kindes kümmert. Jegliche Versuche sich ihrer Mutter zu offenbaren und mit ihren Problemen an sie zu wenden, scheitern schon im Vorfeld und so sucht sie sich eine Schwächere und mobbt mit zwei Mitschülerinnen die Klassenkameradin Kikukawa, die ihrerseits schon genug mit Angstzuständen zu kämpfen hat.
Bei den Darstellern hat man nicht viel falsch gemacht und greift wieder auf Ryuhei Matsuda zurück, der auch schon im ersten Teil den Albtraum-Detektiv verkörpert hat. Neuerlich spielt er seine Rolle zwischen stoischer Ruhe und innerer Verzweiflung. Auch die anderen Darsteller sind eigentlich ganz gut gewählt und agieren im Mittelfeld. Leider hat Regisseur Tsukamoto im Gegensatz um Vorgänger, wo er den todbringenden „Null verkörpert hat, keine Rolle übernommen. Die optische Ausführung ist nach dem ersten Teil auch nicht sonderlich innovativ und die verwackelte Handkamera mit der die Perspektive der Darsteller unterstrichen werden soll, fand ich auf Dauer doch etwas nervig. Die Gewaltschraube wurde auch ordentlich zurückgedreht, sodass man „ND²“ sogar mit einer FSK-16-Freigabe durchgekommen ist.
Die DVD aus dem Hause Sunfilm bringt den leider arg durchschnittlichen Streifen in guter Ton- und Bildqualität, abermals in der japanischen Originalfassung der einer gelungenen, deutschen Synchronisation. Wer sich – so wie ich – die Filme lieber im Original anschaut, kann dankenswerterweise auf deutsche Untertitel zurückgreifen. Neben einem Trailer gibt es auch noch eine Art „Making-of“, in der man – jedoch unkommentiert – Einblick in die Dreharbeiten zum Film bekommt. Abgerundet wird das Ganze mit einem Schuber und Wendecover, damit man sich das doch etwas lieblos gestaltete Cover zumindest ohne FSK-Logo anschauen kann.
Und so bleibt unterm Strich ein doch – für Tsukamoto-Verhältnisse – sehr durchschnittliches und enttäuschendes Werk, dass nicht so „packend“ ausfallen will, wie es eigentlich am Cover vermerkt ist. „Nightmare Detective 2“ ist konventioneller J-Horror gepaart mit einer Geschichte, die mich persönlich nicht so recht überzeugen konnte. Ich mag zwar Filme wie „the ring“ und „ju-on“ schon sehr gerne, gleichzeitig bin ich ein großer Fan der anstrengenden „Tetsuo“-Filmen. Mit „Nightmare Detective 2“ setzt sich der Ausnahme-Regisseur für meine Begriffe aber vollends zwischen die Stühle. Für J-Horror-Fans zu verwirrend, für Tsukamoto-Fans hingegen viel zu konventionell. Aus diesen Gründen kann in an dieser Stelle als Fan von Tsukamoto für diesen Film beim besten Willen auch nicht mehr als 5 Punkte geben. Im Vergleich zum guten ersten Teil auf jeden Fall ein paar Schritte in die falsche Richtung. Schade!
Beitrag geändert von jogiwan (25.October 2009 11:03:09)
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@ Jochen,
Danke fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=5767
Schöne Grüße
cu Sven
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