project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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geschrieben von jogiwan am 04.11.05
In einer düsteren Kleinstadt im 19. Jahrhundert soll eine glanzvolle Trauung stattfinden. Der schüchterne Viktor, Sohn eines betuchten Fischhändlers, soll Victoria, eine Tochter aus gutem, dafür umso bankrotteren Aristokraten-Hause ehelichen. Die Hochzeit der Beiden, die sich zuvor noch nie gesehen haben, wurde im Vorfeld von den Eltern der Beiden arrangiert: so erhofft sich die Fischindustriellenfamilie Van Dort endlich die gesellschaftliche Akzeptanz, die ihnen bisher immer verwehrt blieb und die alteingesessene Aristokratenfamilie Everglot hat ein bisschen Kleingeld auch gerade mehr als bitter nötig. Die Zweckheirat des Nachwuchses soll beiden Familien nur Vorteile bringen.
Kurz vor der Probe zur Hochzeit, die am nächsten Tag stattfinden soll, lernen sich Viktor und Victoria auch tatsächlich kennen. Mit Musik erobert der schüchterne Viktor auch tatsächlich das Herz der unter ihrer herrischen Mutter leidenden Victoria. Doch bei der Probe des Hochzeitsgelübdes stellt sich der aufgeregte Viktor in der Kirche so dermaßen ungeschickt und hilflos an, sodass er vom erzürnten Pastor Galswells in den Wald geschickt wird, um das Gelübde auswendig zu lernen.
Ohne Zuseher fällt es Viktor auch nicht schwer, seine Sätze fehlerfrei aufzusagen, als Höhepunkt seiner einsamen Vorstellung streift er sogar den Trauring über einen knorrigen Ast. Doch dieser Ast entpuppt sich als Hand einer wunderschönen, jedoch verwesender Leichenbraut, die - seit sie in ihrer eigenen Hochzeitsnacht ermordet wurde - auf die Erfüllung ihrer großen Liebe wartet. Sie erhebt Anspruch an Victor als Ehemann, der ihr - wenn auch eher irrtümlich - das Treuegelöbnis geschworen hat. Die namenlose Braut bringt Victor sogleich in das Reich der Toten.
Dort angekommen, erweißt sich das Totenreich wider Erwarten als spaßige Partymeile ohne Gleichen, die von allerlei illustren Gestalten bevölkert ist: Lokale die niemals schliessen, Musik, Tanz und gute Laune. Auch sein verstorbener Weggefährte, der Hund Sparky freut sich tierisch über die Ankunft seines (Wieder-)Herrchen. Doch Victor ist nicht glücklich und möchte zurück zu den Lebenden und seiner eigentlichen Braut Victoria, in die er sich mittlerweile verliebt hat. Auch die verhinderte Braut ist ihrerseits bereits unterwegs um Viktor aus den Händen der Toten zu befreien. Doch anstatt ihrer Tochter zu ihrem Glück zu verhelfen, arrangieren die Everglots hastig eine zweite Hochzeit mit dem zwielichtigen Lord Barkis und auch die Totenbraut ist ihrerseits nicht bereit, kampflos das Feld zu räumen...
Die Geschichte zu "corpse bride / Hochzeit mit einer Leiche" entstammt ursprünglich einem alten, russischen Volksmärchen und wurde von Tim Burton und Mike Johnson, 12 Jahre nach dem noch immerwährenden Erfolg von "the nightmare before christmas", äußerst wirkungsvoll für die große Leinwand adaptiert. Auch wenn man sich zeitweise aufgrund der technischen Perfektion in einem digital animierten Film glaubt, so ist das Geschehen doch ausschließlich mit Puppen und alteingebrachter Stopp-Motions-Technik produziert. Drehzeiten an die 12 Stunden für ein 2, 3 Sekunden Filmmaterial sind angesichts der aufwändigen Arbeiten keine Seltenheit. Und auch wenn das digitale Zeitalter in Form von zusätzlichen Aufnahmetechniken in dieser Form der Animation Einzug gehalten hat, so bleibt ein Puppenfilm trotzdem die wohl umständlichste Art einen Film zu drehen. Schlussendlich dauerten die tatsächlichen Dreharbeiten, nach beinahe 10 jähriger Vorbereitungszeit auch 55 Wochen und man benötigte 109.440 verschiedene Einzelaufnahmen um den Film in seiner jetzigen Form zu vollenden. Das sich der große Aufwand jedoch letztendlich gelohnt hat, steht außer Frage. "Corpse bride" ist ein Sammelsurium aus bizarren, skurrilen und liebevollen Ideen, bis ins letzte Detail durchdacht und so unglaublich fantasievoll, dass ich bei meinem Kinobesuch am liebsten sitzengeblieben wäre, um mir das Ganze gleich ein zweites Mal anzusehen. Der Film ist nach einem eher ruhigen Start so dermaßen rasant inszeniert, dass einem förmlich die Luft wegbleibt. Allein der erste Ausflug in das Reich der Toten ist Reizüberflutung pur und bietet in ein paar Minuten mehr Ideen als ein durchschnittlicher Hollywood-Film über seine ganze Spielzeit. Und dass steht da jetzt nicht nur so da, weil ich den Satz so toll finde.
Wie in seinen Werken wie "Beetlejuice" und "Edward mit den Scherenhänden" geht in der Fantasiewelt Burtons das wahre Grauen nicht von dem Unbekannten oder Andersartigen aus, sondern von den alltäglichen und gewohnten Dingen. Nicht der Tod bzw. das Reich der Toten ist die Bedrohung, sondern vielmehr die Gier der Lebenden und seine Auswirkung auf alle Beteiligten. Das Reich der Toten ist nicht düster, sondern ein freundlicher Ort mit obskuren und liebenswerten Gestalten voller Lebensfreude und Spaß. Auch die unglückliche Leichenbraut wirkt, auch wenn mitunter das Auge aus seiner Höhle poppt und sie auch immer wieder einzelne Gliedmassen verliert, ästethisch und liebenswert. Der Tod ist also nichts, vor dem man sich in diesem Film fürchten müsse, eher im Gegenteil. Die Geschichte über Liebe, Leidenschaft und Mord aus Habgier wirken herrlich frisch, auch wenn am Ende der Ausgang doch vorhersehbar ist, so trübt das keineswegs die Freude an dem Ganzen.
Untermalt wird dieser kleine Lehrkurs in Sachen Toleranz und Menschlichkeit abermals mit allerlei schmissigen Gesangsnummern, die sich perfekt in das Gesamtbild einfügen und "corpse bride" zu einem kurzweiligen und spaßigen Unterfangen machen, dass leider jedoch viel zu schnell vorbei ist. Die Musik wurde größtenteils von Danny Elfman komponiert, der auch schon zu 11 weiteren Burton-Filmen die Musik durfte. Kritiker werden vielleicht vermelden, dass es in "corpse bride" keine Ohrwürmer wie in "the nightmare before christmas" gibt. Tja, diese gibt es schon - wenn auch in einer komplett anderen Form. Elfman ließ es sich auch nicht nehmen, als "Mr. Bonejangles" von "The Skeletons", einer illustren Musiktruppe im Reich der Toten selbst ans Mikrofon zu treten. Leider - muss man fast sagen - ist er jedoch in der synchronisierten Fassung nicht zu hören, da auch alle Gesangsnummern übersetzt wurden. Womit wir auch schon beim einzigen Manko des Filmes sind. In der Originalfassung übernehmen ausschließlich Stars die Stimmen der einzelnen Figuren. Sei es der Burton-obligatorische Johnny Depp oder Helena Bonham Carter, Emily Watson, bis hin zu Christopher Lee oder Albert Finney. Interessanterweise wurden die Dialoge bereits vor der Animation mit den Puppen und so hatten auch die Art, wie die Schauspieler die Texte intonierten, nicht unmaßgeblich Einfluss auf die letztendlichen Szenen. Ein Schrei ist vermutlich auch Joanna Lumley ("absolutely fabulous") als hochgestochen-aristokratische Victoria Everglot mit überkanditelten, englischem Akzent - etwas, was ich spätestens bei Release der amerikanischen DVD persönlich in Ohrenschein nehmen werde. Die Synchronisation ist zwar gelungen, aber die optimale Wirkung entfaltet wohl nur die englische Sprachfassung.
Meiner Meinung nach reiht sich "corpse bride" sofort in die Reihe der besten Burton-Produktionen ein und gefällt mir - auch wenn jetzt einige entsetzt aufschreien werden - sogar einen Tick besser als "the nightmare before christmas". Die Leichenbraut versprüht Charme und Witz und einmal Sehen ist angesichts der bizarren Bilderwelten und Einfälle einfach zu wenig. Meine Begeisterung kennt jedenfalls noch immer keine Grenzen. Leider war auch dieser Kinobesuch etwas von negativen Ereignissen überschattet. So musste der Audiokommentar eine Reihe vor mir mit einem gezielten Tritt an den Kinosessel und einem bösen Blick abgeschalten werden und auch ein sichtlich-illuminierter (und da war jedoch wohl kein Alkohol im Spiel) Burton-Hardliner-Fan mit Grunzattacken bei jeder annähernd erheiternden Szene in der letzen Reihe trübte das Gesamtbild ein bisschen. Trotzdem war mein Kinobesuch wohl eines der Kino-Highlights der letzten Jahre. Also bleibt nur noch eines zu sagen: ab ins Kino meine Lieben - und zwar sofort!!!
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jogiwan schrieb am 04.11.05
sodale, hier meine ersten Eindrücke zu meinen gestrigen Kinobesuch. So ein geiler Film aber auch! Hat irrsinnig Spass gemacht. Spätestens zu Release der DVD gibts dann sicher nochmals zu Lesen. So geil aber auch...
Ist auch gleichzeitig eine kleine Zusammenfassung, der bereits veröffentlichten Seiten vom Special. Damit alle wissen, wo ich mich schamlos bedient habe...
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flacmurry schrieb am 04.11.05
jogiwan schrieb am 04.11.2005 (16:36:02): So musste der Audiokommentar eine Reihe vor mir mit einem gezielten Tritt an den Kinosessel und einem bösen Blick abgeschalten werden
lol
Vielleicht gehe ich ja heute Abend ins Kino!
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jogiwan schrieb am 04.11.2005 (16:36:02): Meine Begeisterung kennt jedenfalls noch immer keine Grenzen. Leider war auch dieser Kinobesuch etwas von negativen Ereignissen überschattet. So musste der Audiokommentar eine Reihe vor mir mit einem gezielten Tritt an den Kinosessel und einem bösen Blick abgeschalten werden ...
Wenns nicht so traurig wäre würde ich darüber lachen - sowas vermisst mir meistens auch die Kinobesuche, daher gehe ich ja nicht sooft dahin.
Klasse Review und eine gute Zusammenfassung des Specials . Vielleicht werde ich ja doch ins Kino gehen - hoffe mal der läuft auch spät abends, wenn die nervigen Kiddies alle schlafen .
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jogiwan schrieb am 04.11.05
Das schlimmste daran, das waren keine Kiddies, sondern drei Personen um die 40, die sich über Erbschaftsstreitigkeiten, Geburtstagsgeschenke, Wettervorschau und dergleichen unterhalten haben. Und das bis ca. zur 15. Minute. Zuerst war ich eh geduldig, danach dann schon etwas sehr genervt und übellaunig, dann wiederum war aber schnell Ruhe - dabei hab ich extra ganz am Rand gesessen, damit ich zur Wahrung meiner Intimssphäre niemanden in der Nähe hab!
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jogiwan schrieb am 04.11.2005 (17:02:30): Das schlimmste daran, das waren keine Kiddies, sondern drei Personen um die 40, die sich über Erbschaftsstreitigkeiten, Geburtstagsgeschenke, Wettervorschau und dergleichen unterhalten haben. Und das bis ca. zur 15. Minute. Zuerst war ich eh geduldig, danach dann schon etwas sehr genervt und übellaunig, dann wiederum war aber schnell Ruhe - dabei hab ich extra ganz am Rand gesessen, damit ich zur Wahrung meiner Intimssphäre niemanden in der Nähe hab!
Das sind meist die schlimmsten.
Das Review ist nun auch Online und auch schon mit der ofdb.de verlinkt : http://www.project-equinox.de/index.php?seite=14001
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jogiwan schrieb am 04.11.05
Das Review ist nun auch Online und auch schon mit der ofdb.de verlinkt : http://www.project-equinox.de/index.php?seite=14001
sehr hübsch geworden - vor allem das Pic mit dem knochigen Napoleon-Look-a-like-Zwerg - der ist spitze! Sobald ich die DVD hab, wird das Teil aber überarbeitet und ergänzt!
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jogiwan schrieb am 04.11.2005 (20:00:03):
Das Review ist nun auch Online und auch schon mit der ofdb.de verlinkt : http://www.project-equinox.de/index.php?seite=14001
sehr hübsch geworden - vor allem das Pic mit dem knochigen Napoleon-Look-a-like-Zwerg - der ist spitze!
Das hatte ich glaube noch über, weil ich im Special leider kein Platz dafür hatte, sonst wäre es einfach zu bunt gewurden.
Sobald ich die DVD hab, wird das Teil aber überarbeitet und ergänzt!
Ich hoffe mal die kommt bald .
Schaut mal hier: http://www.amazon.com/exec/obidos/tg/de … p;n=507846
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