project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Sébastien (Georges Babluani) ist Einwanderer und lebt mit seiner Schwester, seinem behinderten Bruder und seinen Eltern unter ärmlichen Verhältnissen in einer kleinen Wohnung in Frankreich. Das Geld ist knapp und so verdient er Geld für sich und seine Familie mit kleineren Arbeiten. Als er den Auftrag erhält, das morsche Dach einer renovierungsbedürftigen Villa am Meer zu renovieren, trifft er auf dessen rauschgiftsüchtigen Besitzer Jean-Francois (Philippe Passon). Durch Zufall wird er Zeuge eines Gespräches, in dem Jean-Francois verlautbart, dass er in Kürze eine große Stange Geld und diesbezüglich einen wichtigen Brief erwartet. Doch als er diesen ominösen Brief erhält, stirbt er kurze Zeit später an den Folgen einer Überdosis.
Doch mit dem Ableben seines Auftraggebers ist auch die Existenz von Sébastien gefährdet und die Bezahlung seiner bisher geleisteten Arbeiten ist ebenfalls mehr als fraglich. Durch Zufall gerät er an den Brief, in dem sich jedoch wider Erwarten kein Geld, sondern eine Bahnfahrkarte nach Paris, eine Plakette mit der Nummer „13“ und eine Hotelreservierung befinden. Sébastien beschließt unter falschen Namen diesen Instruktionen zu folgen. Im Hotelzimmer erhält er einen Anruf und wird zu einem Schließfach geschickt. Dort befindet sich etwas Geld und eine weitere Fahrkarte. Am Zielort nimmt er ein Taxi und wird in die Wildnis geschickt, von wo ihn wenig später ein Fahrer in ein verfallenes Haus führt.
Dort angekommen wird Sébastien von finsteren Männern auf Waffen und andere Gegenstände untersucht. Erst dann wird der junge Arbeiter zu seinem eigentlichen Zielort seiner Reise in das Unbekannte. Ein abgelegenes Landhaus, in dem sich bereits zahlreiche gutsituierte Personen und zwölf weniger glückliche Menschen zu einem makaberen Schauspiel eingefunden haben. Doch als Sébastien bewusst wird, auf was er sich als dreizehnter Teilnehmer eines morbides Wettkampfes eingelassen hat, ist es für den jungen Einwanderer bereits zu spät. Er hat die Wahl sich auf ein todbringendes Spiel einzulassen, oder gleich ermordet zu werden. Es beginnt für Sébastien eine Nacht, die sein Leben und das seiner Familie für immer verändern wird....
„13 Tzameti“ ist das Erstlingswerk des georgischen Regisseurs Gela Babluani und erzählt in schwarz-weissen Bildern die dramatische Geschichte eines jungen Mannes, der aus ärmlichen Verhältnissen stammt und dem Lockruf eines vermeintlich leicht-verdienten Geldes nicht widerstehen kann. Die Zahl „13“ ist ja nicht umsonst eine Unglückszahl und so ahnt der Zuschauer schon zu Beginn des Streifens, dass die Reise des jungen Einwanderers wohl keinen guten Verlaufen nehmen wird. Und diese Vorahnung wird wenig später auch prompt erfüllt, als sich Sébastien an einem Ort wiederfindet, an dem auf das Leben von Menschen gewettet wird, mit denen es das Schicksal nicht so gut gemeint hat. Und als Sébastien aussteigen möchte, ist es schon längst zu spät und das Unheil nimmt unversehens seinen tragischen Lauf.
Über die Geschichte selbst möchte ich an dieser Stelle aber so wenig wie möglich verraten, denn der durchaus interessante Streifen lebt ja vor allem von der Tatsache, dass der Hauptdarsteller und auch der Zuschauer nicht wissen, wohin die Reise geht und was den jungen Mann am Ende eben dieser dann erwarten wird. Die Atmosphäre des Filmes wirkt düster und unweigerlich sieht man bereits das Verderben mit Riesenschritten auf den jungen
Mann zukommen. Als Sébastien im zweiten Drittel des Filmes seinen Zielort erreicht und das Spiel beginnt, läuft der Streifen zur Höchstform auf und baut eine Spannung auf, die den Zuschauer unweigerlich den Atem stocken lässt und in seinen Bahn zieht. Doch leider kann „13 Tzameti“ diese atemberaubende Spannung nicht bis zum Ende halten und das etwas vorhersehbare Ende lässt den Zuschauer wohl auch nicht 100 %ig befriedigt zurück.
Der Auftakt des Filmes ist ja leider nicht ganz gelungen und die Einführung der Charaktere wirkt nicht ganz glücklich. So sind die Beweggründe des jungen Mannes für den Zuschauer nicht unbedingt nachvollziehbar. Seine Reise tritt er wohl an, um seiner Familie ein besseres Leben im Einwanderungsland zu ermöglichen und ist dafür sogar bereit dazu, sein eigenes dafür zu opfern. Und das ist schlussendlich auch sein Wetteinsatz in einem morbiden Spiel, in dem gut-betuchte Personen auf das Über- oder Ableben von Personen in einer französischen Variante des bekannten russischen Roulettes wetten. Doch auch hier wird das Warum und Wieso nicht näher beleuchtet. Auf den Gewinner wartet eine Stange Geld, doch bis dieser ermittelt ist, müssen einige Leichen aus dem Haus gekarrt werden. Und mit der Zahl „13“ am Rücken ist das Glück für den jungen Einwanderer wohl auch nicht unbedingt gewiss.
Sieht man „13 Tzameti“ muss man als geeichter Genre-Fan aufgrund der Handlung natürlich unweigerlich sofort an „Hostel“ denken, in dem junge Menschen von betuchten Personen gegen Entgeld zu Tode gefoltert werden. Doch Regisseur Babluani geht zum Glück einen anderen Weg - das Drehbuch ist ja auch schon früher entstanden - und legt sein Augenmerk mehr auf die Spannung, als auf die Brutalität. Die Geschichte würde sich ja eigentlich auch hervorragend dazu eignen, dem Zuschauer sehr krasse Szenen vor den Latz zu knallen um ihn zu verstören. Doch die Art und Weise wie Bubliani sein selbst-verfasstes Drehbuch visuell umgesetzt hat, ist schon beeindruckend. Sehr nüchtern und beinahe subtil erzählt er seine Parabel auf die Globalisierung der Welt und die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich. Denn die Opfer in diesem perfiden Spiel sind ohnehin gezeichnete Personen, mit denen es das Leben nicht gut gemeint hat. Drogensüchtige, Todkranke, mental derangierte oder sonstige abgewrackte Personen die Spaß am Töten haben, für die das Ableben wohl noch die bessere Alternative bedeutet. Diese Gesichter sind dann aber für meinen Geschmack zu offensichtlich kantig gecastet worden, damit dem Zuschauer auch ja der Unterschied zwischen ihnen und dem „unschuldigen“ Sébastien sichtbar wird.
Ansonsten gibt es aber nicht sonderlich viel zu bemängeln. Die Darsteller sind durch die Bank sehr solide und George Bubliani ist als junger Sébastien auch sehr überzeugend. Die Optik des Streifens und die Inszenierung hat mir persönlich sehr gut gefallen und auch die Geschichte ist sehr spannend ausgefallen. Nach dem doch etwas lahmen Beginn wird es auch sehr rasch spannend und fesselnd. „13 Tzameti“ wurde seit seinem Entstehen auf renommierten Festivals auch ziemlich abgefeiert. So wurde der Streifen beim Filmfestival in Venedig für das beste Debüt ausgezeichnet und im Jahre 2006 beim Sundance Festival mit dem großen Preis der Jury ausgezeichnet. Dabei wurde der Streifen in der internationalen Presse mit den Frühwerken eines Roman Polanskis oder auch mit dem Werken eines Alfred Hitchcocks verglichen. Diese Vergleiche sind auch berechtigt, auch wenn der Streifen ab einen gewissen Zeitpunkt doch etwas vorhersehbar wird. Und ein Streifen mit der Zahl „13“ im Titel darf wohl auch nicht mit einem überschwänglichen und lebensbejahenden Happy-End aufwarten.
Über ein paar Mängel muss man bei einem Erstlingswerk wohl ohnehin auch wohlwollend hinwegsehen können. Trotz ein paar Abzügen ist der Streifen ja immerhin so gut angekommen, dass Regisseur Gela Babluani mittlerweile die Möglichkeit bekommen hat, seinen eigenen Stoff nochmals in Amerika mit so bekannten Darstellern wie Jason Statham, Ray Liotta und Mickey Rourke zu verfilmen. Die Dreharbeiten sind schon im vollen Gange und das Ergebnis sollte voraussichtlich im Jahre 2010 unter dem Titel „13“ in den Kinos zu bewundern sein. Ich bin ja schon mächtig gespannt, wie die Neuverfilmung des düsteren Werkes ausfallen wird und ob die kleinen Schönheitsfehler des Original ausgebessert werden.
Die DVD aus dem Hause Almode Film bringt diese interessante und ungewöhnliche französisch-georgische Co-Produktion aus dem Jahre 2005 mit einer deutschen Synchronisation, sowie der französischen Originalversion inklusive optionaler Untertitel. Die Bild- und Tonqualität ist gut und neben dem Trailer und „Deleted Scenes“ gibt es auch noch ein Interview mit den beiden Babluani-Brüdern, die über die Entstehung und Dreharbeiten des Filmes reden. Was mich persönlich jedoch etwas verwundert, ist die FSK-Freigabe ab 18 Jahren, die meiner Meinung nach zu hoch ausgefallen ist. Denn auch wenn die Thematik knallhart ausgefallen ist, der Film ist es nicht und die grafische Gewalt hält sich für einen Thriller auch zurück. Aber diese Variante des „russisches Roulette“ dürfte bei den Prüfern wohl nicht so gut angekommen sein und heutzutage kann man sich ja auch leider nicht mehr sicher sein, dass nicht irgendwer auf die Idee kommt, so etwas zu Hause nachzumachen.
Unterm Strich bleibt mit „13 Tzameti“ ein sehr interessantes Regie-Debüt, das optisch voll, und inhaltlich über weite Strecken zu überzeugen vermag. Ein Thriller, der mit seiner kontroversen Geschichte über die Verlockungen des Geldes und die Ausbeutung von arm durch reich sicherlich zahlreiche Interpretationsmöglichkeiten bietet. Ein ungewöhnlich düsterer Film, der sowohl Freunden des düsteren Film-Noir, des europäischen Arthouse-Kinos als auch dem Horrorfan gefallen wird. Und auch wenn es die Bilder nicht sind - die Story ist knallhart. „13 Tzameti“ ist einer dieser interessanten Perlen abseits von Hollywood, denen man eigentlich eine größere Bekanntheit wünschen würde und die diese auch redlich verdient hätten. Lassen wir uns überraschen, was das Remake bringen wird. Und auch wenn man den Kommentaren und Vergleichen auf der DVD-Hülle nicht uneingeschränkt Glauben schenken sollte, für das Original bzw. das Erstlingswerk von Gela Babluani und der DVD aus dem Hause Almode Film gibt es an dieser Stelle schon mal 7,5 von 10 Punkten.
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@ Jochen,
vielen Dank für das tolle und ausführliche Review - was nun auch schon Online ist: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=5217
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