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project: equinoX Forum / Labyrinth der Leidenschaften (1982)

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#1 30.December 2008 13:31:09

jogiwan
drama-princess
Ort: graz (austria)
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Labyrinth der Leidenschaften (1982)

Riza Niro (Imanol Arias) ist der homosexuelle Sohn des gestürzten Kaisers von Tiran und befindet sich in Madrid im selbstgewählten Exil. Dort lebt der gutaussehende junge Mann inkognito ein ausschweifendes Leben und wechselt die Männer wie seine Hemden. In einem Cafe trifft er eines Tages auf den exaltierten Transvestiten und Pornodarsteller Fabio (Fany MacNamara), der Riza ein neues Outfit verpasst. Gemeinsam gehen die beiden im Madrider Underground auf Partys und Konzerte, konsumieren Drogen und leben in den Tag hinein. Auf einem Konzert der Gruppe Aeos springt er für den kurzfristig ausgefallenen Leadsänger ein und mit dem Gitaristen ins Bett und ergattert auch prompt einen Plattenvertrag.

Sexilia (Cecilia Roth) ist die nymphomanisch veranlagte Tochter eines angesehenen, jedoch sexuell- und beruflich frustrierten Bio-Gynäkologen und Reproduktionsarztes. Seit einem traumatischen Kindheitserlebnis ist die Sängerin einer Girlband von einer seltsamen Tageslicht-Phobie geplagt und befindet sich daher in Therapie bei einer ebenfalls sehr lüsternen Therapeutin Susana. Die Psycho-Analytikerin mit sehr seltsamen Therapievorschlägen hat sich in den Kopf gesetzt hat, mit Sexilias Vater zu schlafen. Doch diese ist von der Idee wenig begeistert und bricht auch wenig später die Therapie ab. Bei einem Konzert ihrer Band trifft Sexilia eines Abends auf Riza, der ebenfalls einen Auftritt hat und verliebt sich Hals über Kopf in ihn.

Quetie (Marta Fernandez-Muro) ist die Tochter eines Wäschereibesitzers und Sexilias größter Fan. Das bedauernswerte Mädchen erlebt seitdem ihre Mutter von zuhause abgehauen ist, einen wahren Alptraum. Durch potenzfördernde Mittel, die ihr Vater nimmt, hat dieser seine Zurechnungsfähigkeit verloren und verwechselt im Testesteron-Rausch die Tochter ständig mit seiner Frau und begehrt diese körperlich. Quetie lässt geduldig alles über sich ergehen. Eines Tages gibt Sexilia ein paar Kleidungsstücke in der Reinigung ab, die Quetie tags darauf als Art Fetisch trägt. Doch das bleibt nicht unentdeckt und Sexilia sieht das verschüchterte Mädchen prompt auf der Strasse mit ihren Klamotten. Doch anstatt wütend zu reagieren, werden die beiden unterschiedlichen Frauen Freundinnen und wenig später wird Quetie sogar um ihrem trostlosen Leben zu entfliehen in einer Schönheitsklinik zu einer zweiten Sexilia operiert um deren Existenz zu übernehmen.

Kaiserin Toraya (Helga Liné) ist die Ex-Frau des gestürzten Kaisers von Tiran und befindet sich ebenfalls in Madrid, um sich von Sexilias Vater in dessen Ordination wieder fruchtbar machen zu lassen. Der Kaiser hat sie verlassen, weil sie ihm keine Kinder schenken konnte. Doch durch die medizinische Behandlung hat sich alles geändert und die gute Dame versucht dringend an kaiserliches Sperma zu kommen. Doch das ist natürlich alles andere als einfach, da sich der Kaiser auf einer Insel in der Nähe von Panama befindet. Als sie erfährt, dass sich der Stiefsohn Riza in Madrid befindet, macht sie sich auf die Suche um durch ihn an die kaiserliche DNA zu kommen. Sie sucht in Schwulenbars und –saunas nach dem Stiefsohn und wird auch wenig später fündig.

Riza hat sich in der Zwischenzeit aber ebenfalls in Sexilia verliebt und wird schlagartig heterosexuell und enthaltsam. Auch Sexilia überwindet durch die Liebe zu dem Prinzen ihre Nymphomanie und lebt fortan monogam. Gemeinsam will man eine Zukunft aufbauen, was sich jedoch aufgrund der turbulenten Vergangenheiten der Beiden als durchaus schwierig entpuppt. Den bald ist neben der herrischen Stiefmutter und aufdringlichen Boulevard-Reporter auch noch eine terroristische Studentenverbindung hinter Riza her um ihn zu entführen. Als dann auch noch die umoperierte Quetie als Doppelgängerin von Sexilia auftaucht und deren Vater von seiner Asexualität heilt, steuert das verworrene Labyrinth der Leidenschaft mit all seinen Handlungssträngen seinem ultimativen Höhepunkt entgegen...

„Laberinto de Pasiones“ bzw. „Labyrinth der Leidenschaften“ ist der zweite abendfüllende Spielfilm des spanischen Ausnahme-Regisseurs Pedro Almodovar und ebenso wie sein Vorgänger „Pepi, Luci, Bom und die anderem Mädchen vom Haufen“ ist diese mehr als skurrile Filmkomödie stark von der sogenannten „Movida Madrilena“ beeinflusst. Wie kein anderer Film präsentiert das bunte B-Movie die spanische Untergrund-Bewegung mit all seinen unterschiedlichen Facetten, Strömungen und freizügiger Auffassung sexueller Konventionen. Die Inhaltsangabe ist ja auch nur ein Teil der vielen unterschiedlichsten Handlungsstränge, die dem aufgeschlossenen Zuschauer in diesem 1982 entstandenen Werk der Geschmacklosigkeiten unvermittelt jedoch wertfrei vor die Linse geknallt werden. Dabei präsentiert der Film die unterschiedlichsten Personen aus noch unterschiedlicheren Kreisen, die im Laufe der Geschichte aufeinander treffen.

Da gibt es einerseits Sexilia, die verwöhnte, jedoch gelangweilte Tochter aus guten Hause, die ihrem Namen auch mehr als gerecht wird und Gangbang-Partys veranstaltet. Riza, ebenfalls aus guten Hause ist das homosexuelle Gegenstück, vor dem ebenfalls kein Mann sicher ist. Beide sind auf der Suche nach körperlichen Kontakten und die Art und Weise, wie diese von Almodovar bildlich eingefangen wurde, grenzte Anfang der Achtziger schon an mehrfachen Tabubruch. Nicht umsonst wurde der Film vor allem in prüden Ländern mit der höchsten Freigabe-Möglichkeiten bedacht. Doch als sich die beiden Hauptdarsteller jedoch nach knapp 40 Filmminuten das erste mal begegnen ist das der Wendepunkt in beider Leben. Sie verlieben sich Hals über Kopf ineinander und beschreiten fortan gemeinsam ungewohnte Wege. Denn herkömmliche Moralvorstellungen werden natürlich auf den Kopf gestellt und diese Liebe äußert sich ungewöhnlicherweise dadurch, dass die beiden eben nicht miteinander schlafen sondern gemeinsam enthaltsam bleiben.

Dann gibt es noch Quetie, das brave Mädchen aus der Arbeiterschicht, das von ihrem Vater missbraucht wird, dieses jedoch über sich ergehen lässt, weil sie keinen Ausweg sieht. Fabio, den aufgedrehten Homo-Pornostar und Ikone des Undergrounds, der sich nimmt, was er möchte und Drogen, Sex und Alkohol überhaupt nicht abgeneigt ist. Sadec, den homosexuellen Terroristen und Medizinstudent, der über einen übernatürlich Geruchssinn verfügt. Die lüsterne Psychoanalytikerin mit unkonventionellen Tipps und einen frigiden Fruchtbarkeits-Arzt der in der Vereinigung von menschlichen Körpern etwas Schmutziges und Abstoßendes sieht. Dann noch eine divenhafte Ex-Kaiserin, die aus unerfindlichen Gründen über einen italienischen Akzent verfügt und zu der die Geschichte – laut eigener Aussage - oftmals „molto ungerecht“ war und unbedingt ein Kind haben möchte. Doch noch eine Vielzahl von weiteren Charakteren tauchen im Rahmen der episodenhaften Geschichte auf, begleiten die restlichen Darsteller ein Stück ihres Wege und verschwinden wieder.

Dabei muss aber in aller Liebe zu dem spanischen Regisseur schon gesagt werden, dass Almodovar für „Labyrinth der Leidenschaften“ meiner bescheidenen Meinung nach einfach zuviel auf einmal in seinen Film gepackt hat. Dem Zuschauer kann aufgrund der vielen Charaktere und Entwicklungen zwischendurch schon mal der rote Faden abhanden kommen. Eine mehrfache Sichtung ist daher dringend empfohlen. Warum z.B. am Ende des Filmes auf einmal Sexilia im Doppelpack daherkommt ist ja beim ersten Mal nicht unbedingt nachzuvollziehen.  Das Talent unterschiedlichste Handlungsstränge gekonnt miteinander zu verbinden ist zwar schon vorhanden, allerdings versteigt sich Almodovar vor allem im Mittelteil dann doch zu sehr in Nebensächlichkeiten und konzentriert sich neben der eigentlichen Liebesgeschichte zwischen Sexilia und Reza auch zu sehr auf die zahlreichen Nebendarsteller. Und auch wenn so manch witziger Dialog und skurrile Entwicklung entfallen würde, so wäre weniger vermutlich in diesem Fall doch mehr gewesen. Denn nach einem fulminanten und humorvollen Auftakt, kommt der Film im Mittelteil doch etwas in Stocken und mit knapp 95 Minuten Laufzeit ist er auch etwas zu lang geraten.   

Doch das stört die zahlreichen Fans und das spanische Publikum natürlich wenig. Die lieben dieses farbenfrohe Persiflage auf die spanische Underground-Szene und Seitenhieb auf die freizügige Künstlerszene, Aristokratie und Spießbürgerlichkeit so sehr, dass der Film auch über 10 Jahre in der Mitternachtsvorstellung des Madrider Kinos „Alphaville“ gelaufen ist. Und als Zeitdokument ist „Labyrinth der Leidenschaften“ zweifelsfrei auch sehr interessant ausgefallen und versammelt wie so oft, zahlreiche Stars der damaligen Szene vor der Kamera. Allen voran Fabio MacNamara als Splatter-Pornostar Fabio, der gemeinsam mit Pedro Almodovar auch mit dem Song „suck it to me“ in einem dadaistischen-intonierten Konzertauftritt in Netzstrumpfhosen zu bewundern ist. Die Zusammenarbeit der beiden war aber nicht nur auf die beiden Songs des Filmes begrenzt, sondern die beiden brachten Anfang der Achtziger mehrere Platten auf den Markt, die in Spanien Kultstatus besitzen.

Bei der Besetzung gibt es wie so oft für den Fan des Regisseurs eine Vielzahl bekannter Gesichter zu entdecken. Cecilia Roth („Alles über meine Mutter“), die in „Pepi, Luci, Bom...“ bereits einen kurzen Auftritt in einem fiktiven Werbespot absolvierte, übernimmt hier mit vollen Körpereinsatz die Hauptrolle der nymphomanischen Sexilia. Ebenfalls zu sehen ist ein blutjunger Antonio Banderas in seiner zweiten Rolle als schwuler Terrorist mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, der auch keine Hemmungen hat, Hauptdarsteller Imanol Arias in den Schritt zu fassen. Der wiederum war Jahre später in „mein blühendes Geheimnis“ nochmals in einem Almodovar-Film zu sehen. Und die glamouröse Helga Line kennt man ebenfalls aus diversen Filmchen der 60er, 70er und 80er-Jahre wie z.B. den Giallo „Orgie des Todes“ und anderen Werken aus der sleazigen B-Ecke.

„Labyrinth der Leidenschaften“ gab es zwar lange Zeit nur auf VHS, ist aber anscheinend auch ungekürzt auf Arte gelaufen. Neben VÖs aus Spanien und England gibt es dieses Frühwerk des spanischen Oscar-Preisträgers jetzt auch im deutschsprachigen Raum auf DVD. Und zwar einerseits als Einzel-DVD im Digipack, als auch im Rahmen der tollen, wenn auch nicht vollständigen Gesamtedition aus dem Hause Universum. Bei der Bildqualität müssen zwar erwartungsgemäß ein paar Abstriche gemacht werden, was jedoch angesichts der Entstehung mehr als entschuldbar ist. Der Ton hingegen geht absolut in Ordnung und wer den Film im Original sehen möchte, kann dieses mit optionalen deutschen Untertiteln auch gerne machen. Neben einem hübschen Digipack samt humorvollen Text im Booklet gibt es noch den Originaltrailer in spanischer Sprache, sowie weitere aus dem Programm der Firma Universum. Auf weitere Extras zum Film oder einem Audiokommentar muss der Fan jedoch leider verzichten.

Unterm Strich ist „Labyrinth der Leidenschaften“ eine unterhaltsames, wenn auch nicht komplett überzeugendes,  zeitgeschichtliches Film-Dokument der „Movida Madrilena“, das mit einer Extraportion Sex, Drogen und sonstigen Dingen im Jahre 1982 wohl vor allem dazu ausgelegt war, das spanische Bürgertum der Prä-Franco-Ära zu schockieren. Und mit Themen wie Homosexualität, Nymphomanie, Reproduktionstechniken, Drogen- und Medikamenten-Missbrauch, Inzest und Terrorismus etc ist das Almodovar seinerzeit auch zweifelsfrei gelungen. Trotz der teils ernsten Untertöne ist der Film jedoch eine ironisch-beschwingte Komödie mit Nähe zum Trashkönig John Waters geworden, die sich auch zu keiner Sekunde ernst nimmt. Die Charaktere sind liebenswert skurril, die Entwicklungen zum Schreien komisch und die ganze Ausstattung des Films erinnert an eine Pop-Art-Achterbahnfahrt des schlechtes Geschmacks. Man sieht förmlich, wie viel Spaß und Herzblut alles Beteiligten in das Projekt gesteckt haben und versucht haben, mit geringen Mitteln das Bestmöglichste herauszuholen. Herausgekommen ist eine offenherzige und freizügige Breitseite gegen die Spießbürgerlichkeit und  deren Moralvorstellungen und auch ein riesiger Spaß für Almodovaristen, sowie dem aufgeschlossenen Fan von (europäischen) Underground-Filmen. Prädikat: besonders sex-a-delic!


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#2 30.December 2008 14:04:48

jogiwan
drama-princess
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Re: Labyrinth der Leidenschaften (1982)

Hehe, noch schnell was Almodovarisches zum Jahresabschluss big_smile


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#3 30.December 2008 14:11:57

chilidog
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Re: Labyrinth der Leidenschaften (1982)

Cool - Danke Dir!!!

Sobald die Screens da sind, mache ich das Review mit fertig!!!



jogiwan schrieb:

Hehe, noch schnell was Almodovarisches zum Jahresabschluss big_smile


"Es gibt keine Grenzen. Nicht für den Gedanken, nicht für die Gefühle. Die Angst setzt die Grenzen!" [Ingmar Bergman]

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#4 30.December 2008 14:26:38

jogiwan
drama-princess
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Re: Labyrinth der Leidenschaften (1982)

@chili: die folgen heute oder morgen... aber wohl eher morgen - haben später noch eine Bürofeier big_smile


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#5 30.December 2008 19:52:58

chilidog
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Re: Labyrinth der Leidenschaften (1982)

jogiwan schrieb:

@chili: die folgen heute oder morgen... aber wohl eher morgen - haben später noch eine Bürofeier big_smile

Kein Problem - vorbereitet ist mal alles. big_smile

Viel Spaß beim feiern!!!


"Es gibt keine Grenzen. Nicht für den Gedanken, nicht für die Gefühle. Die Angst setzt die Grenzen!" [Ingmar Bergman]

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#6 30.December 2008 22:27:17

chilidog
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Re: Labyrinth der Leidenschaften (1982)

Sodele, Review ist nun auch Online: http://chilidog.project-equinox.de/

Vielen Dank nochmals!!!


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