project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Dennis (Michael Gunther) ist ein junger, attraktiver Homosexueller, der irgendwo in einer amerikanischen Kleinstadt lebt. Als sein Freund Julian (Jaie Laplante) ins Ausland geht, beginnt er eine Affäre mit dessen jüngeren Bruder Kevin (Raoul O´Connel). Doch nach einer gewissen Zeit kommt die Routine auch in diese Beziehung und Dennis ist vom herkömmlichen Sex gelangweilt. In seinen Gedanken malt er sich aus, wie es wäre, den jungen Kevin zu missbrauchen und während des Geschlechtsaktes zu töten. Als diese Fantasien, immer mehr Überhand nehmen, und er fürchten muss, dem Jungen wirklich weh zu tun, flüchtet Dennis nach San Francisco. Dort trifft er in der schwulen Subkultur auf Personen, die seine Neigungen zu teilen scheinen. Unter anderem auch auf den drogensüchtigen Henry (Craig Chester), der als Stricher für Kunden mit sadistischen Neigungen zur Verfügung steht. Der lässt sich nach Herzenslust verprügeln, demütigen und verletzen.
Zeitgleich trifft Dennis auch auf den Pornostar Uhrs (Michael Stock), der im Umfeld von sadistischen Fleischfilmen in einschlägigen Kreisen Berühmtheit erlangt hat. Da auch er als Stricher seine körperlichen Dienste anbietet, ist der Kontakt leicht hergestellt und zwischen den Beiden entsteht eine Art Verbindung. Dennis teilt ihm und auch seinen Freund Julian zeitgleich seine immer bizarrer werdenden Fantasien. Noch ein Stück brutaler werden seine Schilderungen, als er auf ein gleichgesinntes Pärchen trifft, dass sich bereit erklärt, mit ihm seiner Leidenschaft zu frönen. Gemeinsam holt man sich vorwiegend drogensüchtige Stricher ins Haus, die dann Dennis vergewaltigt und gemeinsam ermordet werden. Zunehmend ist auch nicht mehr klar, ob es sich bei teils grauenvollen Taten um die Ausgeburt seiner verqueren Gedankenwelt, oder um tatsächliche Begebenheiten handelt. Angelockt von den Briefen mit blumigen Schilderungen des Tötens machen sich Julian und sein Bruder Kevin auf den Weg um Dennis in San Francisco zu besuchen...
Todd Verows Verfilmung des Romans „Frisk“ von Dennis Cooper ist ein in mehrfacher Hinsicht sehr seltsamer Film. Er erzählt die Geschichte eines homosexuellen Mannes, der aufgrund seiner sexuellen Übersättigung sein Glück in immer brutaleren Varianten des zwischenmenschlichen Kontaktes sucht und der schlussendlich seine absolute Befriedigung im Morden zu finden scheint. Der Film zeigt aber auch ein Umfeld von Männern, das von Sexualkontakt zu Sexualkontakt hechtet und das jedwede Form von Emotionen schlussendlich nur noch in immer extremeren Situationen erleben kann. Er porträtiert Sadisten und Masochisten gleichermaßen und zeigt die Schattenseiten menschlicher bzw. schwuler Sexualität in ihrer extremsten Form in der zwischen Liebe und Schmerz nicht mehr unterschieden wird und in der die eigene Identität und das Streben nach Liebe ebenso wenig zu zählen scheinen wie der Tod.
Die Geschichte ist dabei doch etwas sehr seltsam, erzählt die Geschichte über homosexuelle Abgründe auch nicht geradlinig und ob es sich dabei um Realität oder Fiktion handelt bleibt schlussendlich dem Zuschauer überlassen. Seltsam auch die Geschichte von Dennis, der bereits im zwarten Kindheitsalter mit (heterosexueller) Pornografie konfrontiert wird und nach dem Prinzip „schneller, höher, weiter“ schlussendlich bei Sado-Maso-Homo-Snuff landet. Doch es bleibt natürlich nicht nur beim bloßen Interesse, sondern Dennis will diese Fantasien dann natürlich auch ausleben. Zuerst alleine, dann mit weiteren Personen, die seine Leidenschaft für sexuelle und menschliche Abgründe teilen. Er hat Sex mit homosexuellen Strichern, die aufgrund ihrer Drogenabhängigkeit und für den nächsten Schuss auch alles tun würden, quält und ermordet diese. Und weil das alles noch nicht reicht, will der diese Erfahrungen dann auch noch seinem Umfeld mitteilen und schreibt Briefe an alle möglichen Personen, in der er ganz blumig die Tötungen am Dachboden schildert. Doch auch sein Umfeld reagiert ganz gelassen, scheinbar gleichgültig und scheint sich nicht weiter dafür zu interessieren. ob diese real oder fiktiv sind. Und so geht das Leben für alle Beteiligten weiter...
Sex an sich ist eine schöne Sache. Sie soll die Menschen einander näher bringen, Spaß machen und wenn es nach der Kirche geht, sollen dabei gefälligst auch noch ein paar Kinder dabei rausspringen. Erlaubt ist was gefällt, im gegenseitigen Einvernehmen geschieht und wobei auch niemand zu Schaden kommt. Soweit so gut – zumindest in der Theorie. Doch so einfach ist es natürlich nicht und schon gar nicht in einer Welt, in der christliche Werte sowieso nicht sonderlich gefragt sind und die Gesellschaft durch die Masse an sexuellen Eindrücken, Bildern und Sprache sowieso zur Übersexualisierung neigt. Wer da nicht im Vorfeld seine eigenen Grenzen ganz genau absteckt, der landet da bei entsprechenden Angebot auch ganz schnell in Teufels Küche bzw. in höchst dubiosen Kreisen. Das betrifft Heteros gleichfalls wie Homosexuelle zu. Allerdings scheint es, als gäbe es gerade bei den Schwulen noch ein weit größeres Angebot an Möglichkeiten, seine Fantasien aller Art auszuleben. Sei es im Internet, in entsprechenden Lokalitäten oder auf privaten Partys – jede noch so wild-geartete Neigung scheint man mittlerweile mit Gleichgesinnten ausleben zu können und Grenzen scheinen kaum noch wahrnehmbar und sind, wenn dann meist körperlich. Ab und an liest man dann wieder reißerische Geschichten (Stichwort: Kannibale von Rothenburg) in Zeitungen, die man aber genauso schnell wieder vergessen hat, wie man sie gelesen hat.
Eine Sado-Maso-Szene samt zugehöriger Treffen gibt es ja mittlerweile fast in jeder größeren Stadt und so ist es naheliegend, dass gerade in homosexuellen Ballungszentren wie San Francisco die Szene sogar noch etwas weiter ins Extreme geht. Allerdings ist auch diese wie so oft von Angebot und Nachfrage abhängig. Zweifellos gibt es sadistische und auch masochistische Menschen und wie weit beide Teile bei der Verwirklichung ihrer Fantasien gehen würden, ist eine Sache, die jeder selbst für sich zu verantworten hat. Der eine hat Gefallen daran, stundenlang in einem Hundezwinger zu verbringen, die anderen haben Freude, sich in Frischhaltefolie wickeln zu lassen und so zu verharren. Der eine schlägt gerne zu, während der andere gerne einsteckt und erfreut sich noch Tage später an seinen blauen Flecken. Alles geschieht oft geheim in vorher streng vereinbarten Richtlinien. Und wenn mal tatsächlich so etwas an die Öffentlichkeit gerät, dann nur, weil etwas daneben gegangen ist.
Darüber will ich dann auch gar nicht werten, weil es mich auch nicht wirklich berührt. Als schwuler Filmkonsument wünscht man sich aber ja eigentlich Filme, die das homosexuelle Leben in unseren Breiten als das darstellen, was es im Grunde ist. Völlig normal und zu 99 % unspektakulär. Wünschenswert wären natürlich auch Filme, die für mehr Verständnis und Toleranz unter den heterosexuellen Publikum sorgen. Doch wie so oft interessiert das Normale natürlich niemanden und das sensationsgeile Publikum will natürlich Extreme. Und die bekommt es in Todd Verows Film dann auch genug. Allerdings in einer Form, an der wohl (hoffentlich) niemand Gefallen daran finden kann. Ein Film voller nackter Männer und sexueller Akte, die jedoch gänzlich von Romantik befreit nur zur kurzfristigen Befriedigung der emotionslosen Protagonisten dienen. Menschen, denen die Fähigkeit zu lieben, sich zu binden und Verständnis für andere Lebewesen aufzubringen schon vor langer Zeit abhanden gekommen sind. Dazu serviert der Regisseur verfremdete, hektische Bilder, die den Zuseher zusätzlich verstören sollen und gipfelt in ein paar Mordszenen, die jedoch auf eine zu explizite Darstellung verzichtet.
Der Film selbst geht in Richtung experimenteller Film und natürlich stand für die Realisierung auch nur ein begrenztes Budget zur Verfügung. Die Inszenierung ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, bietet aber für Fans von Indie-Werken sicherlich keinen Grund zur Kritik. Die darstellerischen Leistungen sind teils gelungen, teils weniger und für den Soundtrack zeichnen sich die englischen Soundtüftler von „Coil“ verantwortlich, die zu den düsteren Bildern einen noch dunkleren Soundtrack gebastelt haben, der in Richtung Industrial geht und hervorragend die gezeigten Bilder unterstützt. Einen Film wie „Frisk“ zu bewerten ist dann auch nahezu unmöglich. Dieser Film ist nicht dazu gemacht, dass man ihn gut findet. Der Zuseher kann sich weder an den nackten Leibern, noch an Identifikationsfiguren oder an einer nachvollziehbaren Geschichte erfreuen. Der Film richtet sich dabei auch eher an ein geeichtes schwules Publikum, das keine sexuellen Scheuklappen besitzt und abgründigen, sowie experimentellen Werken mit fragwürdiger Thematik nicht gänzlich abgeneigt ist.
Die DVD von CMV-Laservision bringt diesen Low-Budget-Film im englischen Original mit optionalen deutschen Untertiteln. Die Bildqualität ist in Ordnung und der Ton ist ebenfalls gut. Als besonderes Extra gibt es einen Audiokommentar mit dem Regisseur Todd Verow, den Original-Trailer, sowie einen Kurzfilm namens „Nob Hill Cinema“, der jedoch mit seine Stakkato-Bildern und seiner Musikuntermalung eher an ein Musikvideo, als einen Kurzfilm erinnert und dessen Botschaft sich mir auch nicht erschlossen hat. Abgerundet wird die Scheibe mit zahlreichen Trailern zu weitern Filmen mit schwuler Thematik. Obwohl der Film wie gesagt auf zu freizügige und zu drastische Bilder verzichtet, wurde er trotz Einsatz beim renommierten Sundance-Festival in England verboten. Die FSK hingegen war etwas großzügiger und die Scheibe mit „Keine Jugendfreigabe“ versehen.
Ob man „Frisk“ jetzt sehen möchte oder nicht, muss wohl jeder selber entscheiden. Sicherlich handelt es sich um keinen herkömmlichen, oder leicht zu konsumierenden Film mit Homo-Thematik. Bei mir stellte sich während der Sichtung jedenfalls eine seltsame Gleichgültigkeit ein. Menschen, die selbst nur noch in ihrer extremsten Form Empfindungen erleben können, werden halt auch beim Publikum kaum Emotionen auslösen können. Aber darum ist es Herrn Verow ja auch nicht gegangen. Genauso wie sich die vereinzelten Vorwürfe der Homophobie, sich auch für mich nicht wirklich bewahrheiten. Dazu sind die porträtierten Männer einfach zu speziell geraten, als dass man von ihnen Pauschal auf eine ganze Bevölkerungsschicht schließen könnte. Und das menschliche Abgründe zumeist tiefer sind, als wir es und vorstellen kann, steht auch außer Frage. Und einige Dinge, die in „Frisk“ im Jahre 1995 noch der Sado-Maso-Szene zugeschrieben werden, haben es mittlerweile auch schon in den Porno-Mainstream geschafft. Insofern auch ein Zeichen, dass der Mensch mitsamt seinem Sexualverhalten zunehmen verroht und keiner weiß, wo diese Reise schlussendlich einmal enden wird. Diskussionspotential bieten die knapp 84 Minuten jedenfalls genug. Das Homosexualität und seine Emotionen jedoch dem Tod gleichgestellt werden und auch die ausführenden Sadisten durchaus als körperlich attraktiv zu bewerten sind, wird zusätzlich für Verstörung sorgen. Wäre er nicht so speziell für ein eingeschränktes Publikum gedreht, der Film würde sich auch in der „Kino Kontrovers“-Reihe ganz gut machen. Aber so bleibt – vermutlich nicht nur für mich - ein doch etwas bitterer Nachgeschmack und die Gewissheit, einen doch sehr strangen Film, mit einer noch strangeren Thematik gesehen zu haben. Eine Wertung entfällt daher an dieser Stelle.
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@Jochen,
Review ist nun Online - http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=4511
Vielen Dank nochmals dafür!!!!
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