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Der junge Jared Price (Corey Spears) steht eines Morgens mit Sack und Pack und ein bisschen Geld in der Tasche auf einem Bahnsteig in der Millionenmetropole Los Angeles. Er ist aus einem kleinen Kaff in Georgia in die Stadt der Engel gekommen um dort ein neues Leben zu beginnen. Auf der Suche nach einer Bleibe landet er in einem heruntergekommen Hostel, wo er für knapp 100 Dollar eine Woche bleiben kann. Der einzige Begleiter des jungen Mannes ist seine Videokamera, mit der Jared eine Art Videotagebuch führt. Als es mit seinem Zimmerkollegen Javier Probleme gibt, lernt er den jungen Robert (Josh Jacobson) kennen, der so wie Jared nach Los Angeles gekommen ist, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Die beiden junge Männer sind sich auf Anhieb sympathisch und verbringen einige Zeit miteinander. Am Dach der Jugendherberge sprechen die Beiden über Pläne, ihre Gefühle, Gott und die Welt. Doch bald merkt Jared, dass Robert mehr als bloße Sympathie für ihn empfindet und als er eindeutige Avancen macht, reagiert Jared irritiert.
Wenig später sucht Jared einen Job und wird von Matthew Haines (Steve Tyler) zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Dessen Mutter Gyla, eine ehemalige Schauspielerin, ist erblindet und lebt alleine in einem großen Haus. Jared soll der vereinsamten Dame Gesellschaft leisten und sich im Haushalt um alles kümmern. Die alte Dame schließt den ruhigen Jared auch gleich in ihr Herz. Gemeinsam sitzt man am Pool und trinkt Tee, während Mrs. Haines Anekdoten aus ihrem Leben erzählt. Vor ihrem verwöhnten Sohn Matthew, der sie nie besucht und von ihrem verstorbenen Ehemann, der ein bekannter Regisseur war und die unbekannte Jungdarstellerin über Nacht berühmt gemacht hat. Doch die wahre Liebe hat die Dame damals gegen Erfolg, Geld und ein Leben im goldenen Käfig eingetauscht.
Doch auch ihr Sohn Matthew fühlt sich zu dem hilfsbereiten Jared mit seinem jungendlichen Charme und seiner naiven Art hingezogen. Der ist zwar eigentlich seit einigen Jahren mit Andrew (Bryan Shyne) zusammen, doch die Beziehung der Beiden ist etwas eingeschlafen. In einer lauen Nacht, in der Wein getrunken wird, verführt Matthew den jungen Jared am Pool, der sich daraufhin in den erfolgreichen Geschäftsmann verliebt. Das Erlebnis mit Robert in der Jungendherberge ist beinahe vergessen und mit Matthew werden bereits enthusiastisch Pläne für eine gemeinsame Zukunft geschmiedet. Jared sieht in Matthew die Möglichkeit gekommen, ein tolles und erfülltes Leben an der Seite eines attraktiven und erfolgreichen Menschen zu führen. Doch leider landet er sehr unsanft in der Realität, als er erkennen muss, dass Matthew bereits einen Partner hat und diesen auch nicht eintauschen möchte. Viel mehr dient Jared nur dazu, der Beziehung wieder einen neuen Kick zu verleihen. Matthew unterbreitet dem verblüfften Jungen, dass er gerne mit Robert und ihm gemeinsam eine offene Beziehung führen möchte und Jared muss eine Entscheidung treffen..
“The journey of Jared Price” von dem jungen Regisseur und Drehbuchautor Dustin Lance Black beschäftigt sich wieder einmal mit dem allseits beliebten Thema des Erwachsenwerdens eines jungen Homosexuellen. Ein sogenannter „Coming of Age“-Streifen, der den Weg eines Jugendlichen über die Schwelle des Erwachsenwerdens, die Entdeckung der eigenen Sexualität und die erste Liebe beschreibt. Diese Phase im Leben eines Homosexuellen ist ja meistens von argen Gefühls- und Stimmungsschwankungen betroffen und eignet sich daher vorzüglich für dramatische Streifen. Während jedoch in früheren Werken aus der gleichen Schublade prinzipiell immer jemand totgeprügelt, ermordet werden oder an Aids versterben musste, gibt es mittlerweile zahlreiche Filmemacher, die sich der ganzen Thematik auch etwas entspannter und realistischer nähern. Besonders ins Auge fällt natürlich sofort, dass der Film zur Gänze mit einer Handkamera gedreht wurde. Und oftmals sind auch die von Jareds Videokamera eingefangenen Bilder in die Handlung integriert. Das verleiht dem Film eine zusätzlich-realistische Note und passt für die Art von Geschichte auch sehr gut.
Auch die Geschichte des junge Jareds, der aus einem kleinen Nest in Georgia stammt und sein Glück in der Großstadt Los Angeles sucht, kommt glücklicherweise ohne Tote, aidskranken Stricher, Drogen und sonstige allzu tiefen Abgründe aus. Der Film erzählt auf recht unspektakuläre Weise die Geschichte eines Mannes, der in der Großstadt auf Menschen trifft, die sein Leben verändern. Einerseits der junge Robert, der Interesse an dem schüchternen Landjungen zeigt, dann die vereinsamte Schauspielerin mit der großen Portion Lebensweisheit, sowie der extrovertierte Matthew, der ohne Rücksicht auf die Gefühle anderer sein ausschweifendes und glamouröses Leben führt. Schlussendlich muss er sich zwischen der Liebe des sympathischen, jedoch mittellosen Robert, oder Matthew entscheiden, der zwar über finanziellen Rückhalt verfügt, dessen Gefühle aber vermutlich so wankelmütig wie ein alter Dieselmotor sind. Schlussendlich erhält er Hilfe und Unterstützung von unerwarteter Seite und die Geschichte findet doch noch – zumindest für den Titelhelden – ein gutes Ende.
Aber obwohl es im Grunde um den Hauptdarsteller Jared geht, so ist doch Matthew der weit interessantere Charakter. Matthew ist der erfolgsverwöhnte Managertyp, der es gewohnt ist, zu bekommen, was er möchte bzw. sich in den Kopf gesetzt hat. Und hat er sich an einer bestimmten Sache satt gesehen, so holt er sich etwas Neues. So ist auch seine leidenschaftliche Beziehung zu Robert nacht einigen Jahren etwas abgeflaut. Eine Tatsache, die wohl jeder kennt, der länger in einer Beziehung gelebt hat. Ist die große Liebe einmal vorbei und der Alltag kehrt ein, so trennt sich dann meist die Spreu vom Weizen und auch so manch leidenschaftliche Beziehung.. Und Matthew ist gerade in dieser Phase der Beziehung wo er vermeintlich annimmt, dass das große Feuer erloschen ist. Mit Jared soll das erloschene Feuer wiederbelebt werden. Doch eine „menage a trois“ geht naturgemäß selten gut und auch eine Vertraute von Matthew warnt ihn noch, das der verwöhnte Mann wohl zwangsläufig an allem seine Lust verlieren wird, wenn er sich nicht mit den Möglichkeiten zufrieden gibt, die sich ihm bieten.
Regisseur Dustin Lance Black war zu den Dreharbeiten für sein Debüt gerade mal 21 Jahre alt. Er verfasste das Drehbuch und schickte es an eine Produktionsfirma. Diese waren begeistert, stellten 3000 Dollar Budget zur Verfügung und so konnte Black seine Geschichte in Szene setzen. Ursprünglich wuchs Black in Texas auf, seine Eltern waren Mormonen, was ein Outing natürlich zusätzlich erschwerte, da bei dieser Glaubensrichtung Homosexualität unter ihren Schäfchen ein Ausschlussgrund darstellt. Die mögen es nämlich gar nicht, wenn die Anzugträger es untereinander treiben. Und so wurde aus Black ein ruhiger, introvertierter Teenager, der erst nach seinem Umzug nach Kalifornien der sein konnte, der er immer sein wollte. Und so ist vermutlich der junge Jared, der sein Leben mit einer Videokamera aufzeichnet, wahrscheinlich auch sehr autobiografisch angehaucht. Später folgten noch Kurzfilme und weitere Drehbücher, u.a. auch für eine satirische Serie über eine polygame Mormonen-Familie unter dem „Big Love“, die in den Staaten auch sehr erfolgreich gelaufen ist.
Die Darsteller für „The journey of Jared Price“ wurden jedoch sehr passend ausgewählt. Das schüchterne Landei nimmt man Corey Spears mit seinem verschmitzten Lächeln zwar nicht ganz ab, trotzdem gibt es an seiner Performance nicht zu meckern. Steve Tyler ist ebenfalls mit vollem Körpereinsatz dabei und gibt auch keinen Anlass zur Kritik. Der gute Herr Tyler ist ja mittlerweile gefragter Seriendarsteller und wirkte auch schon bei der amerikanischen Endlos-Schnulzenserie „Days of our lives“, welche natürlich hoffentlich keiner unserer Leser kennt bzw. bei drei Folgen der „Desperate Housewives“ mit. Übertrumpft werden allerdings alle von der charmanten und diven-haften Rocki Craigg, die als blinde Schauspielerin, die dem Mann mit Kohle ihrer eigentlichen Liebe den Vorzug gegeben hat. Sowas nennt man in unseren Kreisen übrigens weniger charmant „Goldgräberin“. Und natürlich hat es ihr außer Ruhm, Ehre, einem großen Haus und einem verzogenen Sohn auch nicht viel gebracht. Schade, dass Frau Craigg leider in keinem weiteren Film mitgespielt hat. Denn auch wenn die gute Dame laut Making-Of doch oftmals Probleme hatte, sich ihren Text zu merken und dieser vor ihrer Nase an die Wand getackert werden musste, so ist ihre Performance als vereinsamte Ex-Schauspielerin doch unbestritten das Highlight des Filmes.
Das dieser nun im deutschsprachigen Raum erschienen ist, verdanken wir wieder einmal meinem Lieblings-Label CMV-Laservision, die viel Engagement, dieses kleine Indie-Filmchen aus dem Jahre 2000 für das vorwiegend homosexuelle Publikum auf den Markt bringen. Deutsche Synchronisation gibt es dieses Mal jedoch keine, was das Zielpublikum jedoch nicht weiter stören wird. Jedoch sind die deutschen Untertitel nicht optional und können nicht weggeblendet werden. Die Bildqualität ist mit grobkörnigen Handkamera-Bildern eher schlecht, verleiht jedoch die vom Regisseur gewünschte Authentizität. Tonqualität geht jedoch definitiv in Ordnung und mit einem kleinen Making-Of und ein paar misslungenen Outtakes (jedoch ohne UT´s) gibt es auch noch interessantes Bonusmaterial. Abgerundet wird alles noch durch Trailer zum Film und weiteren aus der gleichen Schublade.
So bleibt unterm Strich ein kleiner Independent-Film über einen Jungen, der auszieht um in einer sinnlichen Reise seine sexuelle Selbstbestimmung (Cover-Text) und die große Liebe zu finden. Ein Streifen ohne herkömmliche schwulen Stereotypen, der auch auf die üblichen Schwarz-Weiss-Malereien und Zutaten wie Homo-Strich, Drogen und ansteckende Immunkrankheiten weitgehend verzichtet. Das hebt ihn auch wohltuend von der Masse vergleichbarer Streifen ab. Es muss aber auch gesagt werden, dass die Reise des Jared Price im Ganzen doch auch etwas unspektakulär ausgefallen ist. Und welcher Schwule hat sich im Laufe der Zeit noch nicht in den falschen Mann verliebt? Insofern bietet der Streifen sicherlich keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse. Der Preis ist meiner persönlichen Meinung nach auch etwas zu hoch angesetzt. Die Darsteller, das versöhnliche Ende und die Tatsache, dass der Film von einem 21jährigen geschrieben und für einen Bruchteil eines durchschnittlichen Filmes gedreht wurde, entschädigen darüber aber schon hinweg. Und für den Hintern von Steve Tyler gibt es nochmals Bonuspunkte. Und so gebe ich an dieser Stelle gerne 6,5 von 10 Punkten.
Beitrag geändert von jogiwan (08.October 2008 11:53:04)
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@ Jochen,
Review ist nun Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=4371
Vielen Dank nochmals dafür!!!
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