project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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In einem Theater proben eine Handvoll junger und ambitionierter Tänzer gerade an einem Stück über einen Killer in einem Eulenkostüm, der Jagd auf Prostituierte macht. Auch wenn es sich für den Zuschauer nicht ganz erschließt, handelt es sich dabei um ein intellektuelles Musical. Hauptdarstellerin Alicia (Barbara Cupisti) hat aber neben den obligatorischen Meinungsdifferenzen mit Regisseur Peter (David Brandon) und Eifersüchteleien innerhalb der Truppe aber noch andere Probleme. Ein verstauchter Knöchel raubt ihr die Freude am Tanzen und muss wohl medizinisch behandelt werden. Gemeinsam mit der Garderobiere Betty schleicht sie sich entgegen den strikten Anweisungen von Peter davon, um sich im nächstgelegenen Krankenhaus medizinisch behandeln zu lassen. Doch Schussel Betty hat im Eifer des Gefechtes nicht darauf geachtet, um welches Krankenhaus es sich dabei handelt und die beiden hoffnungsfrohen Damen landen unvermittelt in einer Irrenanstalt. Doch nach einem kurzen Disput mit der Krankenschwester erhält Alicia dank Bettys Durchsetzungskraft doch noch einige Streicheleinheiten von einem Doktor und eine schmerzstillende Injektion.
Zur gleichen Zeit wird in das Krankenhaus ein gewisser Irvine Wallace eingeliefert. Der ist ebenfalls Schauspieler und somit ein Kollege von Alicia, jedoch hoffnungslos durchgeknallt und hat bereits zwölf Personen am Gewissen. Nun wartet er festgeschnallt ans Krankenbett und weggesperrt in einer Zelle des Krankenhauses auf seinen Prozess. Doch selbstverständlich gelingt Erwin nur kurze Zeit später die Flucht und noch selbstverständlicher versteckt er sich im Kofferraum der beiden Damen, die mittlerweile mit ihrer mörderischen Fracht wieder auf dem Weg ins Theater sind. Die Abwesenheit von Alicia ist jedoch nicht unentdeckt geblieben und Peter kocht vor Wut. Der hält nämlich nichts von dem Grundrecht auf medizinische Betreuung und Alicia wird mit einer eilends ausgesprochenen Kündigung bestraft. Alicia ist also gefeuert und muss ihre Garderobe räumen und das Theater verlassen. Doch bevor sie noch das Weite suchen kann, findet sie Betty mit einer Hacke im Kopf neben ihrem Auto und alarmiert den Rest den Truppe. Die Polizei ist schnell zur Stelle und vermutet, dass der Mörder bereits das Weite gesucht hat. Weit gefehlt, den Wallace hat es sich während dem Polizeieinsatz im Theater versteckt und wartet nun auf neue Opfer.
Die sind auch gleich gefunden. Denn Regisseur Peter beschließt spontan, die anstehende Publicity und Schlagzeilen über die Ermordung der Garderobiere für seine Zwecke zu nutzen. Die morbide Sensationslust des Publikums soll mit dem Stück von Peter auch ordentlich bedient werden und das Drehbuch dahingehend umgeschrieben. Aus dem vormals namenlosen Eulenkiller wird ein psychopathischer Schauspieler und Alicia flugs wieder eingestellt. Peter beschließt, mit einigen Tänzern die Nacht weiter für Proben zu nutzen. Damit aber nicht neuerlich jemand ohne die Erlaubnis von Peter verschwinden kann, werden die Ausgänge versperrt, die Schlüssel versteckt und die Security nach Hause geschickt. Dumme Sache, wenn man bedenkt, dass sich ein verurteilter Massenmörder in dem gleichen Gebäude tummeln könnte. Und Irvine natürlich nutzt dieser die Gunst der Stunde, um die verbliebenen Tänzer und - innen nach der Reihe mit dem ausgeborgten Eulenkostüm bzw. Bohrmaschine und weiteren zweckentfremdeten Geräten der Requisite zu dezimieren. Wallace dreht so richtig auf und eine Nacht des Grauens nimmt seinen Lauf...
„Aquarius“ bzw. „Deliria“ (so der Originaltitel) ist der erste abendfüllende Spielfilm von Michele Soavi und zeigt der eindrucksvoll, dass das Leben von Tänzern neben schlechten Kritiken, halbleeren Zuschauerrängen und Lampenfieber noch weit gefährlicher sein kann. Denn hier macht ein psychopathischer Killer Jagd auf die unbedarften Tänzer, Regisseure und Produzenten und dezimiert nach der Reihe die hoffnungsvollen Karrieren. Und gleich eines vorweg: „Aquarius“ ist für einen Slasher ganz gut gelungen und beginnt mit einem spaßigen Gag. Vermutet man sich in den ersten Minuten noch in einem billigen B-Movie mit schlechter Ausstattung, so entpuppt sich dieses nach wenigen Minuten als Kulisse für ein Theaterstück. Mit dieser Aktion hat Herr Soavi ja dann auch gleich die Sympathien des Genre-Fans auf seiner Seite.
Die Charaktere des Films sind sehr abwechslungsreich gestaltet und bieten vom cholerischen und koksenden Regisseur über den schmierigen Produzenten bis hin zu stutenbissigen Tänzerin eine ganz nette Bandbreite menschlicher Abgründe. Mittendrin die unschuldig-anmutende Tänzerin Alicia mit treuherzigen Golden-Retriever-Blick, sowie noch andere Tänzer, die teils sympathisch, teils weniger sympathisch rüber kommen. Schlussendlich geraten sie doch alle in das Visier des Killers, der seinen Einfallsreichtum dazu nutzt, seine hilflosen Opfer eindrucksvoll um die Ecke zu bringen. Danach macht er sich einen Spaß daraus, mit deren Körperteilen bzw. das was von den Leuten übrig geblieben ist, sein eigenes Bühnenbild zu erschaffen. Mit dem besagten Theater hat man für den Ort der dramatischen Ereignisse auch eine abwechslungsreiche Kulisse gewählt, die mit all seinen Möglichkeiten Platz für spannende Verfolgungsjagden bietet. Und auch wenn sich die Metzeleinen eigentlich nur auf das zweite Drittel beschränken, so bietet „Aquarius“ doch Spannung bis zum Schluss.
Regisseur Michele Soavi hat sein Handwerk bei niemand Geringeren als Dario Argento und Joe D´Amato gelernt. Während er bei Argento als Regie-Assistent vorwiegend die technische Seite des Filmemachens erlernte, zeigte ihm Viel-Filmer Joe D´Amato, wie man mit einem kleinen Team kostengünstig Filme inszenieren kann, die dennoch nicht danach aussehen. Beide Einflüsse kann man auch in „Aquarius“ bei genauem Hinschauen nicht verleugnen. Der 1957 in Milan geborene Soavi hat das Handwerk aber ohnehin von Grund auf gelernt. Er fing als Schauspieler an, verfasste Drehbücher und begann sich danach für die technische Seite des Filmemachens zu interessieren. 1985 drehte er die Dokumentation „Dario Argento´s World of Terror“ um sich danach abendfüllenden Werken zu widmen. Es folgten „Aquarius“, der ebenfalls bekannte „the church“ und das Meisterstück „Dellamorte Dellamore“ mit Rupert Everett, der zu recht zu den interessantesten Filmes des Genres zählt. Leider hat sich Herr Soavi danach vom Kino abgewandt und inszenierte Filme fürs italienische TV. Zu hoffen bleibt, dass der gute Herr bald wieder Lust auf die große Leinwand bekommt.
Das Drehbuch zu diesem Slasher stammt übrigens von niemand geringeren als von George Eastman bzw. Luigi Montefiore, dem auch mit einem in der Garderobe hängendem Foto in seiner wohl berühmtesten Rolle gehuldigt wird. Und das Drehbuch ist natürlich wie erwartet ein ziemlicher Käse. Warum ein großes Theater nur 2 Ausgänge, sowie ein funktionierendes Telefon hat, ist wohl ebenso schleierhaft wie die Tatsache, dass sich die knöchelverstauchte Hauptdarstellerin dennoch in Stöckelschuhe zwängt und wahlweise gar nicht laufen kann, dann jedoch wieder über Stiegen und Leitern steigt wie eine junge Gebirgsgams. Tja, schieben wir es halt mal auf den Selbsterhaltungstrieb bzw. Todesangst. Und das ist ja auch nur die Spitze des Eisberges an diversen unlogischen Dingen, die es zu entdecken gilt. Aber eigentlich auch egal, so lange das Ganze so flott und actionreich inszeniert ist und auch der Bodycount stimmt. Co-Autorin Sheila Goldberg, die sich für die Dialoge verantwortlich zeichnet wiederum ist als resolute Krankenschwester mit Hang zur Aquaristik zu sehen und selbst Regisseur Michele Soavi hat als junger Cop im Polizeiwagen einen kurzen, jedoch unerwähnten Auftritt.
Auch beim Cast hat man durchaus ein glückliches Händchen bewiesen. Totalausfälle gibt es keine und mit Barbara Cupisti hat man auch eine sympathische Hauptdarstellerin zur Hand, die auch in Soavis Nachfolgefilmen „The Church“ und dem Klassiker „Dellamorte Dellamore“ wieder verpflichtet wurde. David Brandon als cholerischer Peter ist herrlich unsympathisch und hat als koksender Regisseur immer ein paar selbstüberschätzende Aktionen parat. Der restliche Cast setzt sich aus bekannten B-Movie-Darstellern zusammen, die einem auch sehr bekannt vorkommen werden. Highlight ist jedoch zweifelsfrei wieder einmal Giovanni Lombardo Radice als Tunte im Eulenkostüm, der in der deutschen Synchro auch ordentlich herumtuckt. Den näher vorzstellen wäre wohl Perlen vor die Säue schmeißen. Herr Radice hat ja ungefähr bei 50 % aller Kultklassiger aus italienischen Landen eine gewichtige Rolle übernommen und überzeugt von A wie „Asphaltkannibalen“ bis Z wie „ein Zombie hing am Glockenseil“ wie immer auf der ganzen Linie.
CMV-Laservision bringt diesen italienischen Beitrag zum 80er-Jahre-Slasher-Genre in einer schönen Veröffentlichung, die in Punkto Bild- und Tonqualität die bereits seit Jahren erhältliche Fassung von Laser Paradise natürlich um Längen hinter sich lässt. Hier gibt es kein nachträglich eingefügtes Material in schlechterer Qualität, sondern durchgehend eine gute Bildqualität. Auch der Ton kann in der englischen, sowie der deutschen Variante überzeugen. Leider wurde jedoch – vermutlich mangels Verfügbarkeit desselben - beim Bonusmaterial etwas gespart und es gibt außer dem Original-Trailer, einer Bildergalerie, sowie einer alternativen Szene aus der softeren Variante für den internationalen Markt „nur“ zwei weitere Trailer. Trotzdem zahlt sich natürlich ein Umstieg für Fans den Filmes und alle die es noch werden wollen schon alleine wegen der besseren Bildqualität aus.
Abschließend bleibt mir nur noch zu sagen, dass Michele Soavi mit „Aquarius“ einen stimmigen Film abgeliefert hat, der schon darauf hinweist, dass der gute Herr mit einer großen Portion Talent ausgestattet wurde und auch von seinen beiden Mentoren Dario Argento und Joe D´Amato auch brav gelernt hat. Und so treffen schwelgerische Kamerafahrten und schräge Kameraperpektiven auf trashige Gewalt in einer Inszenierung die dann auch wesentlich aufwendiger aussieht, als sie vermutlich im Endeffekt in der Entstehung gekostet hat. Soavi hat ja Jahre später mit „Dellamorte Dellamore“ wohl sein absolutes Meisterwerk abgeliefert, den ja auch die meisten unter uns kennen und schätzen werden. Und auch in „Aquarius“ sind die positiven Tendenzen dahingehend nicht zu verkennen. Der Slasher ist flott inszeniert, macht gehörig Laune und im Gegensatz zu vergleichbaren Werken aus Übersee bleibt einem sogar das plumpe Abschlachten von nervigen Teenies erspart. Den Joke zu Beginn, das für Genre-Verhältnisse doch etwas ungewöhnliche letzte Drittel, sowie die Darsteller finde ich auch ziemlich klasse. Daher gibt es an dieser Stelle dann auch 7,5 von 10 Punkten. Herr Soavi – brav gelernt - gut gemacht!
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@ Jochen,
super, Danke!!! Ich mach das Review gleich mit fertig!
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@ Jochen,
Review ist nun auch Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=4163 - Danke nochmals !!!
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