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Leicht hat es die Legend selbst den aufgeschlossenen Film-Konsumenten mit ihrer Kino-Kontrovers-Reihe  ja noch nie gemacht.  Filme, an denen sich die Geister scheiden und die in ihrer Machart, Schonungslosigkeit und Thematik wohl vielerlei Anlässe für hitzige Diskussionen geliefert haben und noch liefern werden. Filmen, in denen jedoch immer das Thema „Sex“ mit seiner Vielzahl an Erscheinungsformen im Vordergrund steht. Sex als Ausdruck der gefühlsmäßigen Kälte einer degenerierten Generation („Ken Park“) oder als Akt der persönlichen Befreiung in einem konservativen Umfeld („ich bin Gelb/ich bin Blau“). In „Irreversible“ verändert ein sexueller Akt zweimal das Leben eines Pärchens auf eine einschneidende Art und Weise und in „a hole in the heart“ wird der Zuschauer Zeuge der Produktion von Gonzo-Pornos, in dem sich die gescheiterten Existenzen nach einem besseren Leben sehnen. Die Liste könnte ich jetzt mit den anderen Filmen der Reihe beliebig fortführen und auch in „Zoo“ geht es wieder einmal um unser aller Lieblingsthema. Jedoch nicht wie in den vorangegangenen Filmen zwischen Menschen, sondern zwischen Mensch und Tier.

Die wenigen und vor allem verhaltenen Kommentare auf der OFDB und IMDB sprechen eigentlich für sich, dass wir es hier mit einem Film zu tun haben, mit dessen Thematik sich wohl viele nicht eingehender beschäftigen möchte. Es ist zwar nicht schwer, Worte über den Film zu finden, doch über die Thematik um die er sich dreht, umso mehr.  Doch wie schon einige Male zuvor hat sich Jogiwan, der Mann fürs Grobe hat sich wieder einmal in die Abgründe und Untiefen der menschlichen Seele begeben um für euch ein Review über einen ungewöhnlichen Film und ein noch weit ungewöhnlicheres Thema zu zimmern. Zartbesaitete Personen seinen jedoch an dieser Stelle gewarnt. Denn auch wenn „Zoo“ im Gegensatz zu Michaels Seidls „Tierische Liebe“, in dem zoophilies Verhalten stets nur angedeutet bleibt und auch weit ruhiger und weniger reißerisch daherkommt, so bezieht er sich im Gegensatz zu eben genannten Film doch auf ein reale Begebenheit.
   
Am Morgen des 2. Julis  im Jahre 2005 verstirbt Ingenieur Kenneth Pinyan in einem Krankenhaus an inneren Blutungen, die er durch eine massive Einwirkung im Enddarmbereich erlitten hat. Später stellt sich heraus, dass er sich diese Verletzung während eines Geschlechtsaktes mit einem Araber-Hengst zugezogen hat. Unter dem Pseudonym „Mr. Hands“ hat er sich jahrelang mit Gleichgesinnten im Internet kommuniziert und bis zu seinem „tödlichen Unfall“ auf einer Farm in der Nähe der Kleinstadt Enumclaw im Bundesstaat Washington getroffen und seine sodomistischen Aktivitäten auf Video festgehalten.

Kurz danach wurde der kleine Ort von Nachrichtenteams aus aller Herren Länder förmlich bestürmt und die Medien schlachteten das Ereignis ohne Rücksicht auf Verluste aus. Zeitungen überschlugen sich wochenlang in reißerischer Berichterstattung und selbst die Identität der Familie von Mr. Hands wurde trotz gegenteiligen Bestrebungen der Behörden ohne Rücksicht auf Verluste gelüftet. Die einzigen Personen die damals nicht zu Wort gekommen sind, waren die Beteiligten selbst, die zwar verhaftet, mangels entsprechender Gesetzgebung medial gebrandmarkt wieder auf freien Fuß gesetzt werden mussten. In dem semi-dokumentarischen Film „Zoo“ wird diese Begebenheit und die Umstände, die zu dieser geführt haben anhand von Tonbanddokumenten aus dem Umfeld von „Mr. Hands“, eines Polizisten und einer Tierrechtsaktivistin nochmals aufgerollt. In Verbindung mit nachträglich gedrehten Bildern, meist in leicht verlangsamter Geschwindigkeit, entsteht so ein ruhiger Film über eine schockierende  Begebenheit und wohl letzten, großen sexuellen Tabuthemen unserer Zeit.

Zoophilie, vermutlich besser bekannt unter dem veralteten Ausdruck „Sodomie“ ist der Überbegriff für sexuelle Handlungen mit Tieren und wurde erstmalig von dem in Graz geborenen Psychologen und Gerichtsmediziner Richard von Krafft-Ebing  in seiner  1886 unter dem Titel „Psychopathia Sexualis“ erschienen Ansammlung von sexuellen Abweichungen und Perversionen verwendet.  Schon damals war diese Thematik so brisant, dass Krafft-Ebing seine Thesen sicherheitshalber in lateinischer Sprache verfasste.
Und auch wenn man sich lieber nicht mit solchen Themen beschäftigen möchte, so ist Zoophilie doch eine Thematik die sich durch alle Zeiten und durch alle Gesellschaftsschichten zieht. Alle kennen Szenen aus zahlreichen Filmen, in denen sich degenerierte Hinterwäldler an Schafen oder Ziegen vergehen. Auch Filme wie der griechische Low-Budget-Reisser „Die Teuflischen von Mykonos“  ist vor allem deswegen bekannt, da sich der Hauptdarsteller an einer jungen Ziege vergeht und nach vollendetem Akt diese mit einem Messer meuchelt. Doch im Gegensatz zu ähnlichen, oft verwendeten Thematiken wie z.B. Snuff, existiert – wie auch im Booklet der DVD kurz angeschnitten - der Markt für Tierpornografie -  besser gesagt, die pornografische Darstellung von Sex zwischen Mensch und Tier – tatsächlich! Diese ist in einigen Ländern gar legal und somit vermutlicher Weise sogar weit verbreiteter, als man eigentlich annehmen möchte. Der Gesetzgeber in Deutschland und Österreich stellt zwar die Verbreitung und Weitergabe, die Herstellung, Ein- und Ausfuhr und die Werbung unter Strafe, der Besitz von Tierpornografie ist hingegen in beiden Staaten straffrei. Und was früher vermutlich nur unter der Ladentheke und in miesen Hinterhöfen gehandelt wurde, ist heute (un-)dank verbesserter Kommunikationstechniken nur noch einen Klick entfernt.

„Zoo“ beleuchtet wie bereits erwähnt das persönliche Umfeld des Verstorbenen Boing-Ingenieurs und bietet in der Original-Fassung die Interviews von 4 Sodomisten, die sich mit dem Ingenieur auf der Zoophilisiten-Farm von „the Happy Horseman“ befunden haben. Diese haben dort eine Art Zufluchtsstätte für Gleichgesinnte geschaffen in der sich Männer aus allen Ländern der Welt getroffen haben und beinahe klassenlos ihrer perversen Neigung zu frönen. Der Film bietet jedoch so auch unkommentiert die Sichtweise der Sodomisten, die natürlich von sich aus naturgemäß kein Fehlverhalten eingestehen wollen.  Als Rechtfertigung des Sodomisten muss dann die Tatsache herhalten, dass kein Tier bei den geschlechtlichen Aktivitäten zu Schaden kommt. Auf der Farm hat man sich getroffen, nett unterhalten, gefeiert, getrunken und halt gelegentlich die Stallungen besucht. Dabei wurde der natürliche Trieb des Tieres zu Nutze gemacht, der von den Beteiligten natürlich zu ihren Gunsten als Einverständnis ausgelegt wurde.

Dem gegenüber stehen die Aussagen der Tierrechtsaktivistin Jenny Edwards, die zusammen mit ihrem Bruder von der Polizei beauftragt wurde, auf der Zoophilisten-Farm, zwei Pferde abzuholen und dort auch auf Zoophilisten traf. Sie schildert ihre sehr persönlichen Eindrücke von damals und berichtet von der Tatsache, dass sowohl sie als auch die Behörden mit der damaligen Situation hoffnungslos überfordert waren. Um sicherzustellen, dass die Pferde der Farm nicht wieder in einschlägige Hände geraten, wählte man einen nicht unbedingt tierfreundlichen Weg.

Zwei Dinge haben mich jedoch an „Zoo“ etwas gestört. Das ist einerseits die Rolle des Cop #1.  Dieser wird von Michael J. Minard zwar recht passabel gespielt. Allerdings hat Regisseur Devor von Herrn Minard auch eine Art Monolog eingearbeitet, die mit dem Film und auch der Thematik nicht wirklich etwas zu tun haben und auch formal nicht in den Rest des Filmes passen wollen und wie ein Fremdkörper im Film wirken. Zweiter Punkt ist die Synchronisation, die für diese Art von Film einfach nicht passend ist. In der englischen Fassung hört man die ruhigen, beinahe sanften Original-Stimmen von den Zoophilisten und auch die der Tierrechtsaktivistin. Diese sind teils sehr emotional geraten und verleihen dem Film seinen dokumentarischen Charakter. Und gerade diese Emotionalität und Authentizität geht durch die Synchronisation zum größten Teil verloren. Während die englische Fassung auf seltsame Art und Weise berührend ausgefallen ist, wirkt diese in der deutschen Fassung doch so aufgesetzt, als würde man einer theatralischen Lesung beiwohnen.

Von der technischen Seite her gibt es ansonsten aber keinen Grund für Kritik. Zu den Original-Tonband-Dokumenten wurden wundervolle Bilder eingefangen, die dem Film eine sehr künstlerische Komponente verleihen. Die Aufnahmen sind sehr blau- und grünstichig und oft sind die handelten Personen auch nur schemenhaft oder als Schatten zu erkennen. Allerdings konnte sich auch Devor nicht verkneifen, dem Zuschauer mit einer kurzen Schocksequenz zu konfrontieren. Und so sieht man tatsächlich, wenn auch nur für Sekundenbruchteile das nackte Hinterteil von Kenneth Pinyan, das gerade von einem Pferdeschwanz penetriert wird. Es liegt die Vermutung nahe, dass es sich dabei sogar um das Bildmaterial handelt, das auf der Farm gefunden und beschlagnahmt worden ist. Diese Szene ist zwar kurz, hätte aber auch nicht unbedingt sein müssen.

Die DVD aus dem Hause Legend bringt den 72-minütigen Film in sehr guter Bild- und Tonqualität, sowie einer deutschen Synchronisation, von der ich jedoch wie gesagt aus Authentizitätsgründen eher abraten würde. Neben dem deutschen und dem Original-Trailer gibt es noch einen Audiokommentar mit Regisseur Devor und seinem Co-Drehbuchautor Charles Mudede. Wie bei allen Scheiben der Kino-Kontrovers-Reihe liegt der DVD ein äußerst informatives und ausführliches Booklet mit einem Text von Marcus Stiglegger bei, der sich mit zoophilen Thematiken in Filmen beschäftigt, die im letzten Jahrhundert immer wieder für Skandale und Verbote gesorgt haben. Weiters gibt es ein interessantes Interview mit Devor über die Intention, diesen Film zu drehen.

„Zoo“ ist ein semi-dokumentarischer Film über die Umstände, die im Jahre 2005 im Staate Washington zu einem handfesten Skandal, monatelang die Medien beherrschten und schlussendlich sogar zur Verabschiedung eines neuen Gesetzes führten, die den Sex mit Tieren unter Strafe stellt. Ohne moralische Wertung kommen Betroffene ausführlich zu Wort und haben erstmalig die Möglichkeit, ihre Sichtweise der damaligen Ereignisse dem Zuschauer näher zu bringen. Wie man schlussendlich mit den teils sehr persönlichen Gedanken und intimen Geständnissen umgeht, obliegt dem Zuschauer jedoch selbst. Ein ruhiger Film, der in schönen und kunstvollen Bildern Einblicke in die Gefühlswelt von Personen zeigt, deren Tierliebe über das normale Maß hinausgeht und auch den körperlichen Aspekt beinhaltet. Die Veröffentlichung ist sehr gelungen, jedoch besitzt der Film trotz einer Länge von 72-Minuten auch die ein- oder andere Länge und eine Monolog-Sequenz, die ich persönlich für entbehrlich halte. Ein dennoch interessanter Film mit ruhigen Erzähltempo, der zwar nahezu gänzlich auf plakative Darstellung verzichtet, jedoch sicherlich aufgrund der ungewöhnlichen Thematik und Herangehensweise bei vielen Zuschauern verständlicherweise Unbehagen auslösen wird.