project: equinoX Forum

Der Wissenschaftler Dr. Normal Boyle (Paolo Malco) zieht gemeinsam mit seiner Gattin Lucy (Catriona MacColl) und seinem Sohn Bob (Giovanni Frezza) von der hektischen Großstadt New York in die beschauliche Stadt St. Whitby in Boston. Dort soll er im Auftrag von Dr. Muller (Lucio Fulci) die Arbeit seines Kollegen Dr. Peterson fortführen. Dieser hat in der Villa Freudstein seiner Freund Sheila und dann sich selbst das Leben genommen. Doch bereits kurz nach dem Umzug geschehen die ersten mysteriösen Dinge. So spricht Bob von einem geheimnisvollen Mädchen namens Mae, das ihn bereits mehrfach vor der Villa Freudstein gewarnt hat. Da außer Bob jedoch niemand das Mädchen gesehen hat, werden seinen Aussagen jedoch keinen Glauben geschenkt.

Doch auch Lucy fühlt sich in den unheimlichen, von Grabsteinen umgebenen Haus nicht sonderlich wohl und reagiert zunehmend panisch. Als sie in einem Zimmer unter einem Teppich einen Grabstein findet, erleidet sie einen Nervenzusammenbruch. Um sie in diesen schwierigen Zeiten zu entlasten engagiert die Familie das Kindermädchen Ann (Ania Pieroni). Als Norman im Keller von einer wildgewordenen Fledermaus attackiert und verletzt wird, beschließt die Familie, nicht länger in dem gruseligen Haus zu bleiben und beauftragt die Maklerin Laura eine neue Unterkunft zu besorgen. Als diese am Abend die Familie Boyle besuchen möchte, wird sie in der menschenleeren Villa grausam ermordet. Von diesem Zeitpunkt häufen sich die unheimlichen Dinge und auch Ann fällt im Keller einem mysteriösen Killer zum Opfer. Die Familie ist bereits in größter Gefahr...

Die Filme von Lucio Fulci sind ja nach wie vor in cineastischen Kreisen eines der polarisierendsten Themen, die es gibt. Für die einen ist der italienische Regisseur ein Schmuddel-Viel-Filmer, der sich an jeden Trend gehängt hat um ihn kommerziell auszuschlachten. Für die anderen ist er begnadeter Regie-Gott mit beinahe unantastbaren Status, der eine Horror-Perle nach der anderen auf seinem Konto zu verbuchen hat. Meist wird Fulci ja von Nicht-Insidern immer nur auf seine Schaffensperiode von 1979 – 1982 reduziert, wo er mit „Woodoo – Schreckensinsel der Zombies“, „ein Zombie hing am Glockenseil“ und „Geisterstadt der Zombies“ , „Das Haus an der Friedhofsmauer“ und „New York Ripper“ gleich 5 berühmt-berüchtigte Klassiker des fantastischen Films vorzuweisen hat, die nicht nur die Kinokassen zum Klingeln brachten, sondern auch den Zensoren weltweit rauchende Köpfe bescherte.

„Quella villa accanto al cimitero” aka “Das Haus an der Friedhofsmauer” ist ebenfalls in dieser Schaffensperiode entstanden, zählt aber trotz solider Inszenierung und einer zauberhaften Catriona MacColl sicherlich nicht zu den herausragenden Werken des Regisseurs und würde es auch bei mir knapp nicht in die persönlichen Fulci-Top5 schaffen. Das liegt daran, dass die Story einfach etwas lustlos und wirr geraten ist und auch zahlreiche unlogische Momente beinhaltet. Knapp zusammengefasst geht’s ja um eine junge Familie, die in ein vorbelastetes Haus zieht und dort einen ungebetenen und ziemlich untoten Untermieter im Keller hat, der zuerst die Besucher und dann die Familie dezimieren möchte. Das Kind kann zwar zuerst entkommen, bleibt dann aber irgendwie in einer Art Parallelwelt bei den unglücklichen Seelen hängen.

Warum Dr. Freudstein die  zahlreichen Personen um die Ecke bringt wird zwar kurz angedeutet, macht aber irgendwie nicht großartig Sinn. Anscheinend benötigt der werte Doktor frisches Fleisch um sich selbst am Leben zu erhalten. Je jünger – desto besser scheint dabei die Devise. Auch die Tatsache das Leichen bzw. deren Teile kommen und gehen, wie es ihnen beliebt, unterstreicht auch nicht unbedingt die Glaubwürdigkeit der Geschichte. Der Plot mit Mae und ihrer Mutter, sowie das diesbezügliche Ende passt dann irgendwie auch nicht so recht in den restlichen Film. Außerdem gibt es in dem Film noch weitere Elemente und Effekte, die dem Fulci-Fan doch aus Vorgängerwerken recht bekannt vorkommen könnten, sodass man schon sagen kann, das Herr Fulci sich selbst und seine eigenen Ideen mehrfach verwurstet hat. Auch der zombi-eske Dr. Freudstein sieht Make-up-technisch so aus, als wäre er soeben frisch von „Woodoo – Schreckensinsel der Zombies“ entflohen bzw. übrig geblieben.

Aber Moment, bevor da jetzt der Eindruck entstehen könnte, der Film sei in irgendeiner Form eine Gurke, dass ist natürlich absolut nicht der Fall. „Das Haus an der Friedhofsmauer“ ist trotz Nichtvorhandensein der titelgebenden Mauer natürlich immer noch ein spaßiger und vor allem kurzweiliger Italo-Schmuddelfilm vom sogenannten Splatter-Papst mit allen Zutaten, die der geneigte Fan so sehr an Filmen aus dieser Epoche mag. Das Flickwerk ähm... die Mischung aus übersinnlichen „Haunted House“, Zombie-Thematik, Tier-Horror und „Mad Scientist“ ist doch einigermaßen stimmig und beinhaltet auch so einiges an unheimlichen, gruseligen und ekligen Momenten.

Bei den Splatterszenen wurde ja wieder einmal nicht gespart und von Giannetto de Rossi auch sehr realistisch in Szene gesetzt. Da werden Hälse durchtrennt, Kehlen aufgerissen und gleich zu Beginn bekommt Daniela Doria ein Messer durch das hübsche Köpfchen gestoßen. Und wenn aus Freudsteins Körper die Maden purzeln, dann findet man trotz der mittlerweile weit über 25 Jahre, die der Film auf dem Buckel hat, nichtsdestotrotz noch immer ekelig. Der etwas unschmeichelhafte Ruf von Herrn Fulci, mit breit ausgewalzten Splatterszenen etwaige Logiklöcher seiner Geschichten zu füllen, kommt ja nicht von ungefähr. Aber das ist ja heutzutage mit Werken der aktuellen Folter-Horror-Welle wie „hostel“, „saw 1 –  4“ und dem derzeit gehypten Werk „inside“ (Liste bitte beliebig vervollständigen) ja anscheinend populärer denn je.

Die Schauspieler von „quella villa accanto al cimitero“ stammen ja allesamt aus dem Fulci-Stamm-Ensemble und bietet ein freudiges Wiedersehen mit altbekannten Gesichtern. Catriona MacColl ist wie immer eine Bank und spielt ihre Rolle als labile Lucy auch mit Bravour! Auch Paolo Malco als Dr. Norman Boyle kennt der italophile Zuschauer aus so wichtigen Werken wie „New York Ripper“ oder auch „die Riffs II – die Gewalt sind wir“.  Und mit zwei so sympathischen Schauspielern als Hauptdarsteller kann man dann ja eigentlich auch nicht mehr viel falsch machen. Statt der blonden Terror-Bratze Giovanni Frezza mit den tiefblauen Augen und den zu großen Lippen hätte man eigentlich aber auch gleich einen Golden Retriever nehmen können. Hehe, ist natürlich ein Scherz, aber Herr Frezza ist mir halt einfach eine Spur zu niedlich und man wünscht dem gleich mal alles Mögliche an den Hals. Aber der horror-erfahrene Jungspund muss eh so einiges über sich ergehen lassen. Absolut cool hingegen wieder einmal Ania Pieroni als Babysitterin Ann, die der geneigte Zuseher natürlich aus Dario Argentos „Inferno“ und „Tenebre“ kennt.

Den Film selbst gibt es seit Jahren in den diversesten Veröffentlichungen im In- und Ausland und dürfte neben „Woodoo“ wohl  Fulcis im deutschen Sprachraum weit verbreitetster Film sein. Von Wühltisch-Stammlieferant Laser Paradise gibt es ja mittlerweile auch schon die 4. Auflage. Die neueste Veröffentlichung stammt aus dem Hause CMV-Laservision und bringt den Film in wunderbarer Ton- und Bildqualität, die keine Wünsche offen lässt. Neben der englischen Originalversion gibt es die bereits bekannte deutsche Synchro. Neben zwei unterschiedlichen Covers in Buchboxenform gibt es für Freaks und Geeks dann auch noch eine limitierte Auflage in der Retro-Edtion im Super Jewel-Case. Auch beim Bonusmaterial kann man eigentlich nicht meckern. So gibt es neben zahlreichen Trailern auch noch entfallene Szenen, alternative Vor- und Nachspänne und auch noch die deutsche Nostalgieversion.

Unterm Strich bleibt ein unterhaltsamer und teils herb-derber Film, der trotz tollem Cast, solider Inszenierung und ekligen Effekten aufgrund der doch etwas unausgegorenen und zusammengeschusterten Story jedoch nicht vollends überzeugen kann und vor allem im Grande-Finale etwas schwächelt. Trotzdem zählt „das Haus an der Friedhofsmauer“ zu den absolut unverzichtbaren Werken aus den Glanzzeiten des italienischen Splatterkinos, das natürlich auch in keiner gut-sortierten Sammlung fehlen sollte. Und ein mittelmäßiger Fulci ist ja schlussendlich auch immer noch um Welten besser und atmosphärisch dichter als vieles, was sich derzeit an aktuellen Titeln in den Videotheken und Verkaufsregalen tummelt. Ich mag diesen sympathischen Klassiker zum Immer-Wiedersehen einfach und daher gibt es auch an dieser Stelle auch 8 von 10 tollwütigen Fledermäusen bzw. Punkten.

Beitrag geändert von jogiwan (13.May 2008 16:21:22)