project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Ein 20jähriger Mann schlendert mit rotem Rucksack und einem Weidenkorb bewaffnet durch die dunklen Straßen des New Yorker Rotlichtviertels. Doch im Gegensatz zu den anderen Nachtschwärmern und zwielichtigen Gestalten ist Duane Bradley (Kevin van Hentenryck) nicht auf der Suche nach schnellem Sex oder billigen Drogen in den Big Apple gekommen. Vor 8 Jahren fand im 100 Meilen entfernten Glenn Falls eine Operation statt, die von drei skrupellosen Ärzten durchgeführt wurde. Duane wurde in einer Nacht- und Nebelaktion gegen seinen Willen von seinem siamesischen und deformierten Zwillingsbruder Belial getrennt. Während Duane nach der Trennung ärztlich versorgt wurde, erlebte Belial wohl seine dunkelste Stunde. Für tot gehalten wurde er acht- und würdelos zum Müll geschmissen. Doch Belial und sein Bruder waren mehr als nur körperlich miteinander verbunden, Belial kann telepathisch mit seinem Bruder kommunizieren und wurde dadurch auch gerettet.
Nun sind die beiden nach New York gekommen um nach dem Tod der einzigen Bezugsperson an den Ärzten Rache zu üben, die ihnen diese seelische Grausamkeit angetan haben. Da man aber selbst in den Strassen des Big Apples nicht so einfach mit einem deformierten, klumpförmigen Bruder durch die Strassen spazieren kann, befördert Duane seinen bösartigen, kleinen Bruder mit Hilfe eines Weidenkorbes durch die grell-erleuchteten Strassen der Großstadt. Auf der Suche nach einer billigen Bleibe strandet Duane samt Körbchen im heruntergekommenen Hotel Broslin. Das ist mit 20 Dollar pro Nacht zwar recht günstig, allerdings auch von allerlei schrägen Vögeln beherbergt. Doch zwischen Trinker, Süchtigen, Nutten in- und außer Dienst fällt ein schüchterner Landjunge samt dubiosem Weidenkörbchen nicht sonderlich auf.
Mit dem Adressbuch von Dr. Lifflander, der bereits im Vorfeld sehr eindrucksvoll von Klump Belial platt gemacht wurde, sind die beiden unterwegs zu Dr. Needleman (Lloyd Pace) der ebenfalls an der Operation beteiligt war. Doch im Vorzimmer der etwas versifften Praxis trifft Duane auf die entzückende Sprechstundenhilfe Sharon (Terri Susan Smith), die den gesund-aussehenden Patienten auch gleich einmal mit einem angeforderten Servicetechniker verwechselt. Als Duane das Missverständnis aufklärt, ist das Gelächter groß, doch die beiden sind sich sofort sympathisch. Die dralle Sharon erklärt sich auch spontan bereit, dem schüchternen Duane am nächsten Tag die Sehenswürdigkeiten der Weltstadt zu zeigen. Doch wie der Zuschauer bereits ahnt, ist das natürlich nur ein Vorwand, da die liebenswert-durchtriebene Sharon natürlich mehr als bloßes Sightseeing im Schilde führt.
Bevor es soweit kommt, muss aber noch schnell der Boss der guten Dame für sein Verhalten vor 8 Jahren gebührend bestraft werden. Daher kehrt Duane auch nach Ordinationsschluss mit seinem Körbchen in die Praxis von Dr. Needleman zurück. Dort regelt Belial, der Klump fürs Grobe erneut die Sache mit dem Herrn Doktor auf sehr eindrucksvolle Weise. Und so wie Dr. Needleman einst das Band zwischen den Brüdern zerrissen hat, so trennt auch Belial tricktechnisch-geschickt den Rumpf von den Füssen des Mediziners. Dann klemmt Belial noch flott das Adressbuch von Needleman mit der Adresse der dritten Ärtzin unter den missgestalteten Arm und klettert über die Fassade in den Hinterhof, wo bereits sein Bruder mit der Behausung aus Weidezweigen auf ihn wartet.
Am nächsten Tag lacht aber bereits wieder die Sonne vom Himmel und Duane macht sich in aller Frühe auf, um sich mit Sharon zu treffen. Doch Belial spürt natürlich durch seine telepathische Begabung, dass Duane mittlerweile mehr als bloße Sympathie für die dralle Sprechstundenhilfe mit der schicken Frisur verspürt und ist in einem Anflug von brüderlicher Eifersucht natürlich nicht so ohne weiteres bereit, seinem Bruder mit noch einer Person zu teilen. Als Ausdruck seines Unfriedens randaliert er erstmals ordentlich im Hotelzimmer. Dort ist natürlich die Aufregung und das Geschrei unter den Mietern groß das Zimmer wird vom Manager aufgebrochen. Doch außer einem vollkommen-verwüsteten Zimmer wird seltsamerweise von den eindringenden Personen nichts Auffälliges darin gefunden. Doch ein Zimmernachbar von Duane hat jedoch herumliegendes Bargeld gesehen und macht sich kurze Zeit später ans Werk, den Landjungen um seine Ersparnisse zu bringen.
Doch ein missgestalteter Bruder ist manchmal besser als jede Alarmanlage und so bestraft dieser auch den bösen Nachbar für das geplante Eigentumsdelikt. Doch auch wenn die Absteige recht billig ist, so schlägt ein brutaler Mord doch recht große Wellen unter den Bewohnern. Vor allem auch, weil die ansonsten toughe und allseits beliebte Hure Casey (Beverly Bonner) des nächtens von dem kleinen, lüsternen Kerl unsittlich berührt wird. Am nächsten Tag machen sich Duane und Belial nochmals auf, um ihr grausames Werk zu vollenden. Und so bekommt auch Dr. Kutter (Diane Browne) in ihrer Kleintierpraxis unangemeldeten und unangenehmen Besuch. Doch zu diesem Zeitpunkt sind die beiden ungleichen Brüder längst nicht mehr ein Herz und eine Seele. Die unterschwellige Eifersucht bricht hervor und findet ihren Höhepunkt in einem Besuch von Belial bei der drallen Sharon. Als Duane dieses entdeckt ist von der ehemals brüderlichen Harmonie nichts mehr zu spüren und es kommt in der billigen Absteige zu einem tödlichen Showdown zwischen den ungleichen Zwillingsbrüdern...
Kleine Streitigkeiten unter Brüdern interessieren die Menschheit ja eigentlich schon seit der Zeit, als Kain seinen Bruder Abel ordentlich eins auf die Mütze gab und so geschwisterliche Reibereien salonfähig machte. So ist es nicht verwunderlich, dass auch zahlreiche Filmemacher aus aller Welt diese etwas hässliche Thematik immer wieder aufgreifen. Mal gelungen („the saddest music in the world“, mal weniger gelungen ("Twins") werden diese familiären Meinungsverschiedenheiten und geschwisterliche Unterschiede immer wieder gerne in Szene gesetzt. Was jedoch Frank Henenlotter dem geneigten Zuschauer mit seinem 1982 entstandenen B-Horror-Dramödie vor die Linse knallt, ist schon ganz, ganz großes Kino, dass seinesgleichen sucht.
In „basket case“ bekommt man es nicht bloß mit einem herkömmlichen Brüder- oder Zwillingspaar zu tun, sondern mit siamesischen Zwillingen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Duane ist ein normaler Teenie, während der bösartige Belial von seiner Erscheinungsform wenig Menschliches sein eigen nennt. Doch entgegen allen Vorteilen sind die beiden ein gut funktionierendes Team. Duane ist sich der Tatsache auch bewusst, das Belial alleine in der Welt keine Chance auf ein Überleben hätte. Als die beiden gegen ihren Willen getrennt werden, starten sie nach dem Tod der einzigen Bezugsperson einen Rachefeldzug gegen die Menschen, die ihre Würde mit Füssen getreten haben. Das natürlich im Laufe des Filmes auch noch ein paar weitere Personen ums Leben kommen, nimmt man bei so einen sympathischen B-Movie natürlich gern in Kauf. Und als Duane seine Gefühle für das andere Geschlecht entdeckt, reagiert der Bruder mit Eifersucht und will seinerseits erste Erfahrungen sammeln, die natürlich ordentlich in die Hose gehen. Gegen Ende ist das Brüderpaar so zerstritten, dass kein Mediator der Welt die Sache wieder regeln könnte. Es kommt wie es kommen muss: Weidenkorb-Klappe zu – Affe tot!
„Basket Case“ ist ja auch ein absoluter Klassiker im Trash- und Horror-Business und ein Film, der keinen einzigen Fehler aufzuweisen hat. Neben einer ausgeklügelten und durchdachten Geschichte, ordentlich Tempo, dem lustigsten Cast und den wohl besten Stop-Motion-Tricktechniken der Filmgeschichte hat der Film auch noch die sympathischste Killer-Kreatur aller Zeiten aufzuwarten. Der Klump rockt auch das Haus und wo er mit seinen degenerierten Klauen hinfingert, da wächst auch so schnell kein Gras mehr. „Belial“ hat es drauf und weis, was Zuschauer auf aller Welt sich wünschen. Ein herrlich skrupelloses Verhalten, Durchsetzungsvermögen und ordentlich Wut auf die Welt im nicht-vorhandenen Bauch. Wäre da nicht die Sache mit seinem Aussehen, der Klump hätte schon längst seine eigene Personality-Show.
Was man dem Film weiters zu Gute halten muss, ist die Tatsache, dass er sich absolut zu keiner Minute selber ernst nimmt. „Basket Case“ ist spaßig von der ersten bis zur letzten Minute. Das beginnt beim Weidenkorb als Transportmittel, der Tante, die dem kleinen Belial Gute-Nacht-Geschichten des englischen Dramatikers William Shakespeare erzählt, Frühstücks-Fütterungen mit Frankfurtern/Wiener Würstchen, über die Sprechstundenhilfe Sharon und ihren Probleme mit Bürogeräten bis hin zu den üppigen Arzthelfer-Zwillingen in der Praxis von Dr. Kutter und den komplett skurrilen Gestalten, die das Hotel Broslin bevölkern. Dagegen wirkt selbst die geschlossene Abteilung der städtischen Psychiatrie noch wie ein Kindergeburtstag. Und weil das ja alles noch immer nicht reicht, wird das humorige Geschehen dann auch immer wieder von ein paar netten Gore-Szenen mit den legendären Schmiermorden unterbrochen, die natürlich allesamt – dem Film entsprechend - vollkommen überzogen sind.
Die Schauspieler sind allesamt mit Herzblut bei der Sache und fast jeder Darsteller hat zumindest einen großen Moment, der sich unwiderruflich im Bewusstsein des Zuschauers verankert. Kevin van Hentenryck als „Duane“ und Terri Susan Smith als „Sharon“ sind einfach ein sympathisches Pärchen, das ganz im Stile der großen Tragödien nicht zusammenfinden darf. Ganz groß auch Lip-Gloss- und Smiley-Fetischistin Beverly Bonner als freundliche Prostitiuierte, die als eine von Wenigen ihre Begegnung mit Belial unbeschadet übersteht, sowie Diana Browne als Dr. Judith Kutter, deren theatralischer Abgang wohl noch immer für offene Münder sorgt. Erwähnen möchte ich aber an dieser Stelle auf jeden Fall noch den sympathischen Hotel-Manager, der mit Hosenträger und Unterleibchen mehr schlecht als recht versucht, dem beginnenden Wahnsinn in dem Hotel Einhalt zu gebieten.
Regisseur Frank Henenlotter hat wirklich aus seinem selbst geschriebenen Drehbuch, seinem Cast und den bescheidenen finanziellen Mitteln, die ihm zur Verfügung standen, das Größtmögliche herausgeholt. Das Hotel Broslin hat es im Grunde gar nicht gegeben, sondern es wurde einfach der Eingangsbereich eines Hauses als Rezeption umfunktioniert und der Rest in verschiedenen Häusern von Bekannten des Regisseurs gedreht. Einige Szenen des Films wurden auch in einem Sado-Maso-Club namens „Hellfire Club“ gedreht, den es auch heutzutage noch gibt. Der Film selbst war aber anscheinend bei seiner Kino-Premiere alles andere als erfolgreich und schaffte es erst durch boomende Videotheken und seinem Erscheinen auf VHS zu seinem absoluten Kultstatus, den er bis heute berechtigterweise sein Eigen nennt.
Diese absolute Perle des schlechten Geschmacks kann dann natürlich auch nur im Rahmen der „Trash Collection“ von meinem erklärten Lieblingslabel CMV-Laservision veröffentlicht werden. Gäbe es die beliebte Serie nicht bereits, sie müsste wohl eigens für diesen Film ins Leben gerufen werden. Die netten Herrschaften haben sich auch nicht (k)lumpen lassen und haben dem Film eine schicke 25th Anniversary Collectors Edition mit allerlei Bonusmaterial gezaubert, die dem wegweisenden Filmchen auch mehr als gerecht wird.
Neben dem Hauptfilm in (produktionsbedingter) durchschnittlicher Bildqualität in englischer Originalfassung, gibt es auch eine deutsche Synchronisation, die mit allerlei lustigen Dialogen aufwarten kann. Allerdings bleibt die deutsche Version in Punkto Humor deutlich hinter der Originalversion zurück, die meines Erachtens noch eine Spur trashiger und selbstironischer daherkommt. Beim Bonusmaterial wurde nicht gespart und so gibt es neben informativem Audiokommentar auch zahlreiche Trailer, Spots, lustige Outtakes, Bildergalerien und noch so vieles mehr.
„Basket Case“ ist und bleibt einfach Kult! Ein „Midnight Movie“ durch und durch, das keine Wünsche offen lässt und absolut geschmacksunsicher, humorvoll und billig produziert so wichtige Themen wie erste Liebe, Korruption, sowie den Umgang unserer Gesellschaft mit behinderten Personen behandelt. Ein augenzwinkerndes Horror-Drama das Geschichte geschrieben hat und mit seiner bizarren Story, seinen seltsamen Morden und seinem außergewöhnlichen und erinnerungswürdigen Protagonisten seit über 25 Jahren Trashfans auf der ganzen Welt begeistert. Mit der Scheibe von CMV-Laservision gibt es nun auch wieder eine wunderschöne VÖ, die mit seinem Bonusmaterial auch keine Wünsche offen lässt und somit uneingeschränkt empfehlenswert ist. Und wer so wie ich selbst mit einem „unheimlichen Zwilling“ in seiner Familiengeschichte aufwarten kann, der findet den Film natürlich gleich doppelt authentisch. Der Film ist „trash at it´s best“ und daher gibt es an dieser Stelle auch mit 10 von 10 Weidenkörbchen ähm… Mülltonnen die absolute Höchstwertung.
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*grins*
Review ist nun Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=3124
Danke nochmal!
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jogiwan schrieb:
cool - danke! Ich mag den Film einfach...
Ich auch .
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Aber der Text, der von 2,5 Jahren entstanden ist... hab den grad vorhin wieder gelesen. Meine ersten Gehversuche als Schreiberling. Da hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren doch etwas getan
Und wie schaut da eigentlich die Retro-Editon von aus?
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jogiwan schrieb:
Aber der Text, der von 2,5 Jahren entstanden ist... hab den grad vorhin wieder gelesen. Meine ersten Gehversuche als Schreiberling. Da hat sich in den letzten zweieinhalb Jahren doch etwas getan
Na klar - wobei ich fand und finde nach wie vor Deine Sachen aus den Anfangstagen Klasse.
Und wie schaut da eigentlich die Retro-Editon von aus?
Die DVD dazu befindet sich in einer Glasbox (Super Jewel Case), wie damals die ersten DVD-Veröffentlichungen von CMV.
Lässt sich halt schlecht einscannen.
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jogiwan schrieb:
Coole Sache, diese Retro-Teile!
Japp, wobei mir auch die kleinen und großen Buchboxen recht gut gefallen, sind schön stabil .
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