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Die Pärchen Warren und Conny, Megan und Jonathan, sowie dessen Bruder Danny begeben sich auf einen Trip in die Berge. Im modernen Campingbus und mit allerlei alkoholischen Getränken auf Vorrat ist die Truppe unterwegs, um ein paar erholsame Tage in der unberührten Natur zu verbringen. Aber weniger auf romantisches Ferienlager, sondern eher auf handfesten Abenteuerurlaub. Und schon auf dem Hinweg, machen die Fünf Bekanntschaft mit der Unberechenbarkeit der Natur in Form eines Rehbockes, welcher eindrucksvoll vor die Kühlerhaube köpfelt. Doch das ist erst der Auftakt zu einer Reihe von mysteriösen Begebenheiten. Roy McLean, ein Ranger der örtlichen Forstverwaltung und passionierten Pferde- und Pflanzenflüsterer (!!!) warnt die jungen Leute eindringlich davor, in der abgeschiedenen Gegend zu Campen, da zahllose Gefahren auf die unerfahrenen Stadtmenschen lauern würden. Natürlich werden aber sämtliche Befürchtungen in den Wind geschlagen und flugs dem besorgten Herrn auch noch eine falsche Zieldestination genannt..
Wenig später regen sich bei Conny bereits erste Zweifel und zu allem Überfluss läuft der Truppe auch noch ein weiterer ungebetener Gast in die Hände. Es ist Ty, der sich sturzbetrunken und außer Atem auf der Flucht vor einem sogenannten Dämonen befindet. Ty erzählt den Durchreisenden, dass sein Neffe kurz zuvor von einer mysteriösen Gestalt auf bestialische Weise ermordet worden sei und warnt die erholungs- und abenteuersuchende Truppe neuerlich eindringlich davor, alleine in die Berge zu fahren. Doch Ty scheint nicht nur aufgrund seiner offensichtlichen Alkoholabhängigkeit wenig glaubwürdig, auch seine Ausführungen über Dämonen und Konsorten werden ins Reich der Fantasie zugeschrieben. Seine Warnung „es wird etwas passieren“ stößt daher auf taube Ohren und die Reise wird von den jungen Leute abermals fortgesetzt.
Endlich am Ziel angekommen, legt die Truppe den Rest der Strecke zu Fuß hinter sich. Die Zelte werden aufgebaut, ein Lagerfeuer entzündet und nach einem kurzen Schabernack und Schreckeinlage sind wenig später alle Begebenheiten im Vorfeld auch schon wieder fast vergessen. Es wird gezeltet und am nächsten Tag präsentiert sich die Natur mit dichten Wäldern, idyllische Wiesen und eindrucksvollen Wasserfällen auch von ihrer allerschönsten Seite. Die Truppe beschließt eine Wanderung zu machen, überquert eine wackelige Hängebrücke und badet schlussendlich in einem kleinen See. Doch dort macht Megan erstmals eine unliebsame Begegnung mit einem Unbekannten, der sie unter Wasser unsittlich berührt. Doch wer glaubt schon einer hysterischen Zicke, der ihr Aussehen wichtiger ist, als alles andere. Doch wenig später bemerkt die Runde, dass sie wirklich nicht die Einzigen sind, die sich in den Bergen tummeln. Auch ein mysteriöses und zurückhaltendes Mädchen namens Mary-Cat lebt mit ihrer seltsamen Familie zurückgezogen in der Abgeschiedenheit der Berge. Diese erweisen sich als wenig gastfreundlich und befehlen den Jugendlichen, ihre Camping-Tour sofort abzubrechen und die Gegend zu verlassen.
Unter dessen trifft der sturzbetrunkene Ty auf den Ranger Roy und erzählt, dass er einem Monster begegnet ist, der seinen Neffen Rachel um die Ecke gebracht hat. Roy macht sich Sorgen und bereut zutiefst, dass er die Jugendlichen nicht aufgehalten hat. Mit seinem treuen Pferd Agatha und einer geladenen Waffe macht er sich auf, um nach den rechten bzw. den Jugendlichen zu sehen. Am nächsten Tag trifft Jonathan auf Mary-Cat, die ihm eindeutige Avancen gemacht. Und da in der freien Natur auch die Hormone sprießen, folgt er dem schüchternen Landmädel. Doch anstatt der erwarteten Schmuserei trifft Jonathan auf einen überdimensionierten Killer, der ihm auch gleich nach dem Leben trachtet und in unsanft in den reißenden Fluss befördert. Zur gleichen Zeit entdecken Danny und Megan eine verlassene Kirche samt Friedhof und werden ihrerseits von einem riesigen Killer samt Machete attackiert. Conny und Warren ahnen aber natürlich von alledem nichts und warten unterdessen immer noch verzweifelt auf die Rückkehr ihrer Freunde....
Okay Kinder, was sich in meiner kurzen Inhaltsangabe jetzt anhört, wie der x-te Aufguss eines in 1000 Jahre Kinogeschichte bereits mehrfach verdünnten Backwood-Slasher-Konzentrates, ist ebendieses genau nicht! „Blutige Dämmerung“ ist kein herkömmlicher Slasher mit kreischenden Teenies, die nach dem 10-kleine-Negerlein-Prinzip, aufgrund sexuellen Freizügigkeit, Alkohol- oder Drogenkonsums nach der Reihe eindrucksvoll von einem mutierten Killer mit oder ohne Motiv ins Jenseits befördert werden. Jeff Liebermanns „Vor Morgengrauen“ ist da schon eindeutig anders gestrickt und erinnert auch mehr an eine verjüngte Variante von John Boormans 1972 gedrehten Film „Beim Sterben ist jeder der Erste“, der auch laut Regisseur als direktes Vorbild diente.
Das der Film jedoch jetzt nicht in der Tradition von Filmen wie „Freitag der 13.“ daherkommt, mag jetzt einerseits ein Manko, andererseits auch seine Stärke sein. Ich hab mir im Vorfeld natürlich einen handfesten Slasher erwartet und meine eigene Erwartungshaltung hat mir wieder einmal einen Strich durch die Rechnung gemacht. Vielleicht war ich auch deswegen bei der ersten Sichtung doch etwas enttäuscht. Jedoch hat sich dieser etwas voreilige Eindruck bei der zweiten Sichtung gleich wieder verflüchtigt.
„Vor Morgengrauen“ ist somit eher ein Drama über eine Gruppe von Tweens, die für ein paar Tage in die Berge fahren und dort Erholung suchen. Doch bei ihrem Trip in der unberührten Natur stoßen die jungen Leute auf feindselige Bewohner und eine vorerst unbekannte Bedrohung, die sich letztendlich für einige der Beteiligten als tödlich herausstellt. Dabei reagieren die Camper allerdings sehr realistisch und kreischen sich nicht bei jedem abgebrochenen Ast die Seele aus dem Leib. Jeff Lieberman hat auch zugunsten der Charakterisierung seiner Darsteller auf einen zu hohen Einsatz von Gewalt verzichtet. Abgesehen von der Eingangssequenz ist der Film äußerst blutarm inszeniert und vieles passiert im Off bzw. nur in der Fantasie des Zuschauers. Die Ur-Angst dem Menschen vor der Dunkelheit und dem Unbekannten, in diesem Fall die zurückgezogene Landbevölkerung reichen ja schon vollends aus um einem gruseligen Film zu zaubern.
Die Charaktere in „Vor Morgengrauen“ sind eigentlich auch sehr interessant und halbwegs realistisch angelegt. Zentrale Rolle im Film ist Conny, die im Gegensatz zu ihrem Freund Warren anfänglich schüchtern und hilflos wirkt. Im Zuge des Filmes durchlebt Conny jedoch eine Verwandlung und wird schlussendlich selbst zum Tier um in der brutalen Natur zu überleben. Diese Verwandlung ist nicht nur emotional, sondern auch optisch zu sehen. So trägt Conny anfänglich lange Hosen und karierte Flanell-Hemden und wirkt gegen die rassig-rothaarige Megan mehr als farblos. Doch mit zunehmenden Laufzeit wird Conny zunehmend selbstsicherer, kleidet sich aufreizender und ist am Ende des Filmes fast gar nicht wieder zu erkennen. Das diese Verwandlung bzw. feministische Befreiungsschlag allerdings auch mit Make-Up verdeutlicht wird, mag manchen Zuschauern sauer aufstoßen, passt aber wiederum sehr gut in der Bild der prüden Achtziger Jahre, in der die Frau immer noch gerne „das Bild des beschützenswerten Geschlechts“ gezeichnet wurde. Lieberman bezeichnet das Make-Up von Conny in den letzten Minuten selbst als Art Kriegsbemalung einer Kämpferin, die weiß, dass sie ihren finalen Kampf zu durchleben hat. Sie übernimmt somit den Part von John Voight, der eine ähnlich-angelegte Rolle in dem bereits erwähnten „Deliverance“ bewältigte.
Aber auch Vergleiche mit anderen Filmen drängen sich auch. So fühlte ich mich auch gleich zu Beginn an „Texas Chainsaw Massacre“ und im Laufe des Films an einige Motive aus Wes Cravens „the Hills haves eyes“ erinnert. Laut Audiokommentar kennt Lieberman jedoch keinen der beiden Filme, sodass Gemeinsamkeiten – wenn überhaupt – nur rein zufällig entstanden sein können. Auch wenn diese Aussage doch etwas fragwürdig ist, so sieht Lieberman auch seine Inspiration nicht im amerikanischen B-Movie, sondern offensichtlich eher bei Ingmar Bergmann oder europäischen Filmen. Dieser Vergleich mag jetzt zwar angesichts des Endproduktes etwas hoch gegriffen sein, aber ein Horrorfilm nach klassischem Strickmuster ist „vor Morgengrauen“ sicherlich auch nicht geworden. Eher ein durchaus innovatives B-Movie, dass sich zwar einiger Slasher-Zutaten bedient, aber auch mehrfach Zuschauer-Erwartungen nicht erfüllen mag.
Allerdings muss auch gesagt werden, dass es sich doch auch um einen kleinen Film aus der Achtziger-Jahre-Ecke handelt, der trotz ambitionierten Regisseur und Darsteller durchaus seine Schwächen hat. So ist die Geschichte doch etwas abgenudelt und auch die oben beschriebene Verwandlung von Conny ging meiner bescheidenen Meinung nach zu schnell und war für mich teilweise nicht ganz nachvollziehbar. Zwei Schlüsselszenen erschienen mir auch bei der ersten Sichtung mehr als unlogisch und hinterließen zwei großes Fragezeichen. So wusste ich überhaupt nicht so recht, was ich mit der finalen Kampfszene zwischen Conny und dem Killer anfangen sollte. So etwas sieht man dann ja auch nicht alle Tage. Verraten wird natürlich nix, aber dank dem Audiokommentar des Regisseurs wurde diese Szene in meinen Augen letztendlich doch relativiert.
An der Inszenierung und Machart des Filmes selbst gibt es eigentlich nicht vieles auszusetzen. Da muss man Herrn Lieberman auch eindeutig ein Kompliment machen. Trotz seiner doch bescheidenen, finanziellen Mitteln ist dem Regisseur ein doch sehr stimmiger Film gelungen. Herr Lieberman konnte auch erstmals mit einer tragbaren Kamera, einer sogenannten Steadycam, arbeiten, die auch zahlreich zum Einsatz kommt. Die unberührte Natur ist mit so einem Teil dann natürlich schön fotografiert, auch wenn ein paar Felsen, unberührte Wälder und Wasserfälle einen Steirer wie mich natürlich nicht vom Hocker reißen. Herr Lieberman ist es aber zweifelsfrei gelungen, die unberührte und schöne Natur des nächtens als etwas sehr Bedrohliches darzustellen. In diesen Szenen hat der Regisseur zumeist auch auf eine musikalische Untermalung verzichtet, was zweifelsfrei sehr wirkungsvoll den Spannungsbogen nach oben schraubt.
Von den Darstellern wird natürlich George Kennedy der Bekannteste sein. Böse Zungen behaupten ja ohnehin, dass es ohnehin wenig Filme in den Achtziger gibt, in denen Mister Kennedy nicht mitgewirkt hat, aber 174 Einsätze in Film, Funk und Fernsehen, inklusive Oscar und Stern am „ Walk of Fame“ sprechen natürlich auch für sich. Der spielt dann auch seine Rolle als einsamer Ranger in den Bergen auch ganz gut und durfte auch in einigen Szenen improvisieren. Herr Lieberman hätte es ja auch niemals gewagt, einem Academy-Award-Winner zu widersprechen und verwendete diese Szenen auch gerne für seinen Film. Allerdings gab es einen Vertrag mit dem Management von Herrn Kennedy, der es dem Regisseur verbot, das Aufsteigen des Schauspielers auf ein Pferd zu zeigen. Der Grund stellte sich er später heraus: Herr Kennedy konnte zwar stundenlang gut zu Pferd reiten und auch galant wieder herabsteigen, zum Aufsteigen benötigte der gute Herr jedoch zwei Helfer um seinen Hintern letztendlich in den Sattel zu bringen.
Aber auch der restliche Cast braucht sich keinesfalls zu verstecken. Die jungen Darsteller sind zumindest mir alle irgendwie sehr bekannt vorgekommen, was angesichts der zahlreichen Serien-Auftritte auch gut möglich ist. Wenn man sich die Einsätze aller Schauspieler ansieht, dann liest sich das wie das Who-is-Who der amerikanischen Soap-Geschichte. Die darstellerischen Leistungen sind auch allesamt für B-Movie-Verhältnisse sehr gut und vor allem Deborah Benson spielt ihre Verwandlung vom schüchternen Mauerblümchen bis hin zum – in diesem Falle mal im wahrsten Sinne des Wortes – männermordenden Vamp auch sehr überzeugend. Allerdings waren die Darsteller auch trotz Einsatz von Stunt-Doublen allesamt ziemlich gefordert. So mussten Jamie Rose (Megan) und Chris Lemmon (Jonathan) eine Badeszene in einem eiskalten See vor Hunderten von Zuschauern drehen, Ralph Seymour verletzte sich in seiner letzten Szene und auch Deborah Benson wurde nicht immer gut behandelt.
Mister Lieberman ist 1947 in New York geboren und besuchte dort die „School of Visual Arts“. Seine ersten Schritte im Filmbusiness fasste Lieberman jedoch als Drehbuch-Autor, bevor er die Möglichkeit hatte, seinen ersten Film zu realisieren. Dem geneigten Fan hierzulande wird der sympathische Herr vor allem durch seine Vorgängerfilme bekannt sein. Der Underground-Kultinger „Blue Sunshine“ ist ein billiger, aber doch effektvoller Thriller aus dem Jahre 1976 über Langzeitnebenwirkungen von Drogenmissbrauch bei Hippies, für das er auch selbst das Drehbuch verfasste und auch sein Wurm-Reißer „Squirms“ hat durchaus einen guten Ruf innerhalb des zweifelhaften Genre des Tierhorros. Den hab ich aber noch nicht gesehen und kann dazu auch wenig sagen. „Just before dawn“ war dann sein Beitrag zur Frühachtziger-Backwood-Slasher-Welle, der Lieberman jedoch auch seinen eigenen Stempel aufdrücken konnte.
Der Film selbst hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Veröffentlichungen im In- und Ausland erfahren dürfen. Teil gekürzt, teils in nicht so guten Qualität, teils in unterschiedlichen Schnittfassungen. Doch das und die damit verbundenen Zweifel über die richtige Version sind mit der neuen Scheibe aus dem Hause CMV-Laservision natürlich hinfällig. Die bringen den Film nämlich in guter Bild- und Tonqualität in der ungekürzten Version und den längeren Szenen im Bonus-Bereich. Da einige Szenen nicht synchronisiert wurden, sind diese mittels deutschen Untertitel in den Film integriert worden. Auch der Bonusmaterial mit zwei Trailer, Bildergalerie, den bereits erwähnten, erweiterten Szenen und Audiokommentar des Regisseurs kann durchaus überzeugen.
So bleibt unterm Strich ein interessanter als Backwood-Slasher verkleidetes Outdoor-Drama, das mehr wert auf Charakterisierung, als auf Gewaltdarstellung legt. Das ist teil auch gut gelungen, auch wenn ich mir persönlich im Vorfeld doch etwas anderes erwartet hab. Slasher-Fans werden angesichts des geringen Gore-Anteils nur bedingt auf ihre Kosten kommen. Die sympathischen Darsteller, die nette Naturkulisse und die solide Inszenierung retten dann auch über die doch etwas unspektakuläre Story hinweg. Und auch wenn ich das Finale nicht so toll fand, so ist der Film insgesamt gesehen doch die Anschaffung wert. Unlogische Aspekte klärten sich mit dem Audiokommentar und so bleibt ein nettes und ambitioniertes B-Movie, dass zwar einen Furz auf die Erwartungshaltung des Slasher-geeichten Zuschauers gibt aber in der richtigen Runde von degenerierten Zuschauern sicherlich Spaß machen. Definitiv ein Hinterwald-Thriller der besseren Gattung und somit eigentlich auch die ideale Einstimmung für den nächsten Camping-Urlaub im Grünen. Und weil ich ja selbst vom Lande komme, gibt es von mir an dieser Stelle auch beherzte 6,5 von 10 inzestuös-degenerierten Zwillings-Mutanten-Bergbewohner...
Beitrag geändert von jogiwan (21.September 2007 13:16:43)
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@ Jochen,
Danke für das schöne lange Review - Pics sind auch angekommen. Mal schauen vielleicht schaffe ich es heute noch fertig zu machen - schreibe noch an meinem "Halloween" Review .
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@ chili: nur ken Stress - das brandheisse Halloween-Review hat natürlich Priorität
Übrigens war das gestern mein allererster Audiokommentar. Da kann sich der Jeff Lieberman jetzt was drauf einbilden
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jogiwan schrieb:
@ chili: nur ken Stress - das brandheisse Halloween-Review hat natürlich Priorität
Naja, ist noch ca. 5 Wochen bis Kinostart und "Vor Morgengrauen" ist seit heute im Handel - daher hat es schon Priorität.
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