project: equinoX Forum

Kritik, Korrektur, Ergänzungen sind wie immer willkommen. Ich bin nicht SO zufrieden, aber ich feile jetzt zu lange. Den Pulitzer-Preis bekommen diesmal andere Kandidaten


Es war einmal, vor gar nicht allzu langer Zeit… So beginnen Märchen, oder auch Reviews zu Fortsetzungen von Filmen. „The devil´s rejects“ ist ein sehr böses Märchen. Also, vor gar nicht allzu langer Zeit lernten wir die Familie Firefly kennen. Das war in Rob Zombies Erstlingswerk „Haus der 1000 Leichen“.
Wir erinnern uns zurück: Im tiefsten Texas hausen die Fireflys und verbringen ihre Zeit mit Morden, Foltern und rituellen Blutopfern für den tödlichen Lokalmatador Dr. Satan. Jegliche Versuche der Polizei, der mordgierigen Sippschaft habhaft zu werden, werden blutig beantwortet und schlussendlich abgewehrt. CUT.
Hier setzt die Fortsetzung „The devil´s rejects“ ein. Der Teufel wollte sie zwar nicht, dafür aber Sheriff Wydell umso mehr. Denn die Fireflys haben seinen Bruder auf dem Gewissen, Officer George Wydell. Dieser starb im ersten Teil unter den Händen der Fireflys. Im weiteren Verlauf des Films wird sehr schnell sehr klar, dass Sheriff Wydell die Fireflys eigentlich lieber tot im Staub, als lebendig im Gefängnis sähe.
Wir steigen also ein bei der Belagerung des firefly´schen Anwesens durch die örtliche Polizei. Eine Unmenge an Feuerwaffen, Fahrzeugen und Männern wird aufgefahren, um alle zukünftigen Aktivitäten ein für allemal zu unterbinden. Ein furioses Feuergefecht, in dessen Verlauf noch einige Polizisten ihr Leben lassen, bringt nicht den gewünschten Erfolg, da Otis und Baby Firefly fliehen könne. Lediglich Ma Firefly kann verhaftet werden.
Baby und Otis kontaktieren Captain Spaulding (auch ein alter Bekannter aus „Haus der 1000 Leichen) und gemeinsam macht man sich auf die Flucht. Hier mag man fast die Floskel mit der blutigen Spur, die sich fortan durch das Land zieht, verwenden. Aber ganz so einfach wollen wir es uns nicht machen. In einem klassischen, ländlichen Motel trifft die mordgierige Meute auf eine Gruppe von Musikern mit ihren Frauen. Nun folgen ein paar der widerlichsten Szenen der jüngeren Kino-Vergangenheit, die Opfer werden entweder kurzerhand ermordet, oder erniedrigt, gefoltert und dann ermordet. Besonders Baby kann hier ihre wenig damenhafte Seite zum Ausdruck bringen.
Nächstes Ziel der fiesen Drei ist das Heim von Zuhälter Charlie, einem alten Freund der Familie. Doch di Ruhe währt nur kurz, den der Sheriff ist ihnen dicht auf der Spur. Das Gesetz interessiert Wydell schon lange nicht mehr. Er muss die Fireflys finden, koste es, was es wolle. Es dauert nicht lange und er überschreitet die feine Grenze, die ihn von den Gejagten trennte…

Der große Vorteil von „The devil´s rejects“ gegenüber seinem Vorgänger, ist seine inhaltliche und formale Geschlossenheit. Vieles in „Haus der 1000 Leichen“ schrie zu laut nach „Schaut mal, was ich alles kann…“. Hinter den optischen Extravaganzen blieben die Charaktere stark zurück. Ständig hatte man das Gefühl, Rob Zombie wäre mit der Einstellung an den Film gegangen, dass dies sein einziger Film bliebe und er ALLES reinpacken müsse. Nicht so bei „The devil´s rejects“.
Obwohl der Film alles andere als ruhig oder gar langweilig ist, wirkt er doch viel ausführlicher. So schafft es Zombie, endlich eine Beziehung zu seinen Hauptfiguren aufzubauen und diese dem Zuschauer nahe zu bringen. Keine Frage, „The devil´s rejects“ bietet uns keine Identifikationsfigur. Zu brutal sind die Taten der Firefly´s, zu unbarmherzig das Vorgehen von Sheriff Wydell. Doch gerade aus dieser Ambivalenz entwickelt sich die Spannung des Films. Im Verlauf des Films verschieben sich die Sympathien des Zuschauers mal auf die eine, mal auf die andere Seite. Ein Trick, oder ein Vorgehen, dass zuletzt auch George A. Romero in seinem leider nur mittelmäßigen „Land of the dead“ angewandt hat. Dort sind es die Zombies, die plötzlich unsere Sympathie ernten.
Zombie, der Regisseur, siedelt sein Werk damit näher an den Outlaw-Balladen eines Sam Peckinpah an, als bei den offensichtlichen Referenzen im Terror-Kino der 70er Jahre. Auch die Ästhetik in der Gewaltdarstellung legt diese Einstufung nahe. Shootouts werden in endlosen Zeitlupen zerdehnt, das Sterben tut weh bei Rob Zombie.

Interessant ist sicher auch ein Vergleich der Folterszenen in „The devil´s rejects“ und „Hostel“ von Genrekollege Eli Roth. Auch Eli Roth gehört sicher zu den Überzeugungstätern unter den Nachwuchsregisseuren. Auch sein Wert strotzt nur so vor Referenzen, Andeutungen und Verweisen auf Klassiker des Genres. Im Gegensatz zu Rob Zombie findet bei ihm die Gewalt allerdings im Verborgenen statt, unterirdisch. Hier ist es die gehobene Gesellschaftsklasse, die mordet und foltert, aus Dekadenz, aus Vergnügungssucht, der Ausgleich eines Defizits, die Medizin für eine kranke Gesellschaft.
Die Firefly´s bei Zombie gehören nicht zur gehobenen Gesellschaftsschicht. Ihre Gewalt ist die Gewalt des Tieres, ein Teil ihres Selbst. Sie töten, weil sie es nicht anders kennen, es ist ihr Lebenszweck. Entweder liegt es an dieser Ausgangssituation oder an viel besseren Charaktergestaltung, dass sie damit so viel bedrohlicher wirken, als die gesichts- und namenlosen Folterknechte in „Hostel“.
Die Gewalttaten der Fireflys in „The devil´s rejects“ finden zum großen Teil am helllichten Tag statt. Das grelle Licht zeigt den Schmutz, in dem sich die Figuren bewegen. Die Gewalttaten der Gesetzeshüter, der „Guten“ finden im Keller statt, in der Nacht. Eine weitere Verschiebung in der Wahrnehmung. Der Schrecken, der in der Nacht lauert, der geht hier von der Seite des Gesetzes aus. Zombie bricht mit Regeln, stellt unsere Sympathien in Frage. Vielleicht sind es diese Dinge, die den Film so unbequem und kontrovers machen. Die Gewaltdarstellung allein kann es nicht sein, also muss der Grund in unserer Wahrnehmung liegen.
Intelligentere Menschen werden sich viel Gedanken darüber machen, warum gerade in unserer Zeit ein neuer Trend im Kino zu verzeichnen ist. Extreme Gewaltdarstellung, viel Blut, eine Rückkehr zum Splatter der 70er und 80er. Vielleicht ist es nur eine ganz normale Wiederkehr von Modeerscheinungen, wie sie auch in der Musik zu hören ist. Vielleicht ist es aber auch ein Zeichen der Zeit.

Für „The devil´s rejects“ hat sich Zombie bei den Darstellern zum großen Teil auf die Truppe aus „Haus der 1000 Leichen“ verlassen. Was sich bei einer Fortsetzung natürlich auch anbietet. Bei den Fireflys wurde lediglich Ma Firefly (die in „Haus“ von der großartigen Karen Black gespielt wurde) ausgetauscht. Sie wird in „The devil´s rejects“ von Leslie Easterbrook (Lt. Debbie Callahan in der „Police Academy“-Reihe) dargestellt. Und das auf eine Art und Weise, bei der man Karen Black getrost mal vergessen kann. Overacting par excellence, da gibt es nix. Aber es passt, und das ist die Hauptsache. Sid Haig, unser angesehener Cpt. Spaulding ist seit den frühen 60ern auf der großen und der kleinen Leinwand zu bewundern. Auch wenn es nur Nebenrollen waren, so hat er doch in absoluetn Klassikern mitgewirkt: Star Trek, Rauchende Colts, Kobra – Übernehmen sie. Seine wohl beste Rolle hatte er 1968 in „Spider Baby, or the maddest story ever told“. Ein Film, der in jede respektable Genresammlung gehört, ein Muss, ohne Wenn und ohne Aber!!!
Auch Bill Moseley, Sweetheart Otis, war in der Regel einer aus der zweiten, wenn nicht sogar dritten Reihe. Eigentlich unvorstellbar, wenn man seine bravouröse Darstellung in Zombies Filmen sieht.
Sheri Moon spielt Baby. Dazu ist sie noch Ehefrau von Rob Zombie, some guys have all the luck! Einen kleinen Fankreis hat sie sich als Darstellerin in ein paar von Zombies Musikvideos geschaffen. Inzwischen ist ihr Name ein populärer Suchbegriff bei Google und sie hat den Beweis erbracht, dass sie mehr ist, als nur irgend so ein MTV-Bimbo! Mich persönlich würde s freuen, wenn man die gute Frau in Zukunft auch in anderen Filmen sehen könnte. Toll!
Das war die Firefly-Gang… Wer kann es mit dieser geballten Leinwand-Erfahrung in Kombination mit weiblichem Charme und einer Unmenge Talent aufnehmen?
William Forsythe ist die Antwort! Seine Besetzung in der Rolle des Sheriff Wydell ist ein absoluter Glücksfall. Bei einem Schauspieler mit einer solchen Erfahrung in kleinen und großen Rollen, besteht immer die Gefahr, dass er den Autopiloten einschaltet und seine Routinen abspult. Entweder ist Mr. Forsythe SO gut, oder er gibt sich viel, viel Mühe. Denn sein Wydell strahlt so viel Gefährlichkeit, Wahnsinn, Besessenheit aus, es ist eine wahre Freude.
Kommen wir nun zu den Cameos: So nennt man Kurzauftritte von bekannten Schauspielern, die eigentlich eine Hauptrolle verdient hätten, glaube ich… Da haben wir Ken Foree aus „Dawn of the dead“, Michael Berryman aus „The hills have eyes“ (1977), Danny Trejo, der aus den Filmen von Roberto Rodriguez fast nicht wegzudenken ist. Es gibt einen traumhaften Auftritt von Ginger Lynn, einer Dame die aus eher körperbetonten Filmen bekannt ist (habe ich mir sagen lassen). In den „Deleted scenes“ gibt es auch noch Rosario Dawson zu sehen, die mir in „Sin City“ richtig gut gefallen hat. So schade es auch ist, dass ihre Szene am Schneidetisch zurückgeblieben ist, ehrlich gesagt hätte die Szene auch nicht in den fertigen Film gepasst. Mehr ist nicht immer besser, meine lieben Cut/Uncut/Director´s Cut-Fanatiker!

Die deutsche DVD von „The devil´s rejects“ entspricht im Wesentlichen der US-DVD des Director´s cut. Auch die US-DVD präsentierte sich dem geneigten Zuschauer als Doppel-DVD, allerdings ohne Schuber. Da toppt also schon mal die deutsche DVD… Bildvergleiche mit der US-DVD, Tonvergleich und ähnliches überlassen wir mit Freude anderen Seiten, die das nötige Equipment zu bieten haben. Ich finde das Bild klasse und der Ton rockt, so!

Auf der ersten DVD befindet sich der ungeschnittene Film. Der deutsche Ton liegt in einem druckvollen DTS vor. Als Bonus findet der geneigte Filmfreund einen Audiokommentar von Regisseur Zombie, sowie einen zweiten Audiokommentar mit Sheri Moon (übrigens Rob Zombie´s angetraute Ehefrau und den Genreveteranen Bill Moseley und Sid Haig). Des weiteren findet sich noch der Kinotrailer auf der ersten DVD.
Randvoll ist allerdings die Bonus-DVD: Herzstück ist das ca. 2 1/2stündige Making-of „30 days in hell“, das jede einzelne Minute lohnt. Ich habe es mir von Anfang bis Ende angeschaut. Es ist verdammt informativ und es macht dabei auch noch Spaß. Komplett deutsch untertitelt, by the way…
Es gibt „Deleted scenes“, „Bloopers“ und noch ein paar andere mehr oder weniger lohnenswerte Beiträge.
Audiokommentar und Making-of gehören aber in meine persönliche Top Ten (meine Top Ten der Audiokommentare und Making-ofs. Klasse ist übrigens auch der Audiokommentar von Guillermo del Toro zu „Blade II“, aber das gehört wohl nicht hier hin)!

Noch ein paar Worte zur Synchronisation: Die Synchronisation eines Films, der so sehr von seinen perfekt gewählten Hauptdarstellern lebt ist immer eine heikle Angelegenheit. Jeder, der ein paar Worte englisch spricht und mit Untertiteln klar kommt, sollte zumindest hin und wieder mal auf die Originalversion umschalten. Die ist besser!
Aber, liebe Leser, die deutsche Synchro ist wirklich GUT geworden. Kein Scherz, das geht so in Ordnung. Ich kannte auch nur die Originalversion und ich habe mich nicht erschreckt. Ein paar Wortspielereinen leiden natürlich schon arg unter der Übersetzung, aber da macht man nix. Es ist angenehm, wie viel Mühe inzwischen auch in solche Veröffentlichungen gesteckt wird. Da hat der bereits angesprochene Trend nämlich definitiv seine Sonnenseite.