project: equinoX Forum

geschrieben von jogiwan am 13.08.05

Die Sängerin Yolanda steckt in einer selbstzerstörerischen Beziehung mit ihren drogensüchtigen Freund Jorge. Als dieser an einer strychnin-versetzten Dosis Heroin stirbt, das Yolanda für ihn besorgt hat, steckt sie in ernsten Schwierigkeiten. In ihrer Verzweiflung besinnt sie sich einer Begegnung mit einem Fan, der Mutter Oberin eines Klosters namens "die demütigen Erlöserinnen", die ihr einst Hilfe in allen Lebenslagen zugesichert hat.
Im Kloster wird ihre Ankunft von der Oberin Julia (Julieta Serrano) hoch erfreut zur Kenntnis genommen. Denn der Kongregation geht es schlecht. In früheren Tagen tummelten sich hier bemitleidenswerte Geschöpfte, Huren, Drogensüchtige und Mörder, doch diese Zeiten sind längst vorbei und als auch noch die Marquise (Mary Carrillo) ihre monatlichen Zuwendungen nach dem Tod ihres despotischen Gatten streicht, steckt der Orden ebenfalls in ziemlich
schwerwiegenden finanziellen Nöten.

Doch das Kloster ist kein sehr heiliger Ort. Neben der lesbischen und heroinabhängigen Oberin Julia und dem kettenrauchenden Pfarrer, der auch während der Messe nicht von seinen Laster lassen kann, wird der Orden noch von vier weiteren Schwestern bewohnt, die aus Demut und Selbstkasteiung seltsame Namen tragen: Schwester "Kot" (Carmen Maura) ist manisch ordnungsliebend und pflegt einen ausgewachsenen Tiger, den sie wie ihren eigenen Sohn liebt. Schwester "Chaos" (Marisa Paredes) ist eine Mörderin, schluckt LSD und hat religiöse Visionen, Schwester "Kobra" ( Lina Canalejas) liebt den Pfarrer und Schwester "Strassenratte" (Chus Lampreave) verfasst unter einem Pseudonym glühende Liebesromane, deren Ruhm und Reichtum jedoch ihre gierige Verwandtschaft einstreicht.

Das Leben im Kloster erweist sich für die Sängering als Gefängnis und seelische Befreiung zugleich. Julia kontrolliert Yolanda ständig, verzehrt sich innerlich nach ihr und versucht ihr jeden Wunsch von den Lippen abzulesen. Yolanda ist jedoch mehr mit den Tagebüchern ihres verstorbenen Freundes beschäftigt, aus denen sie herauslesen kann, wie es um ihre Beziehung wirklich stand. (Ob Yolanda Jorge das strychnin-versetzte Heroin unabsichtlich oder bewusst gegeben hat, bleibt dem Betrachter selbst überlassen.) Nach einer gewissen Zeit möchte sie sich jedoch von beiden trennen: vom Gift, dass sie in diese Situation gebracht hat und von den unliebsamen Erinnerungen an ihren verstorbenen Freund, der sie im Grunde nur ausgenutzt hat.   

Nach "Pepi, Luci, Bom und die anderen" und "Labyrinth der Leidenschaften" ist Pedro Almodovar in Spanien mittlerweile ein bekannter Regisseur. Seine Filme füllen die Säle der Spätvorstellungen und werden vom intellektuellen Publikum geliebt. Trotzdem ist die Finanzierung der Filme immer noch ein grosses Problem. Ein spanischer Multimillionär gründet eine Produktionsgesellschaft und finanziert "Das Kloster zum heiligen Wahnsinn" zum grössten Teil, allerdings unter der Bedingung, dass seine Freundin Christina Sanchez Pascual die Hauptrolle bekommt. Diese ist jedoch in ihren schauspielerischen Fähigkeiten begrenzt und mit einer Hauptrolle auch masslos überfordert. Doch Almodovar greift zu einer List um nicht in einem künstlerischen Debakel zu enden. Er streicht eine eindeutige Hauptrolle und legt das Augenmerk einfach auf alle Charaktere. )*

Pedro Almodóvar hat aufgrund Erlebnisse in seiner Kindheit ein äusserst gespaltenes Verhalten zur Kirche und seinen Strukturen. "Das Kloster zum heiligen Wahnsinn" ist sozusagen seine Abrechnung. Trotzdem wirkt der Film in keinem Moment angeprangert oder aufhetzend. Kirche und Staat waren ja im konservativen Spanien der Achtzigerjahre ja auch noch untrennbar miteinander verbunden. Die Rache Almodovars an der ihm verhassten Kirche ist jedoch sehr subtil: er lässt seine Figuren menschlich, zweifelnd, missgünstig und fehlerhaft erscheinen, die Nonnen unterscheiden sich somit nicht sonderlich von den Wesen, die sie eigentlich retten sollen.  Almodóvar untergräbt mit seiner schrägen Geschichte des Klosters und der Unwissenheit des Zuschauers indirekt die kirchliche Autorität, jedoch vermeidet er es religiöse Elemente und Abläufe der Lächerlichkeit preiszugeben.

"Das Kloster zum heiligen Wahnsinn" ist ein Melodram, dass weitgehenst auf komödiantische Elemente seiner späteren Werke verzichtet und hat bei aller Liebe zu den Werken Almodóvars doch einige Längen. Meiner bescheidenen Meinung nach sind einfach zu viele verschiedene Geschichten miteinander verknüpft worden und ich bin fast geneigt dazu zu sagen, dass sich der spanische Regisseur schlussendlich doch etwas zu sehr verzettelt hat. In meine persönliche Top 5 würde es der Film auf jeden Fall nicht schaffen, was jedoch nicht heissen soll, dass er schlecht ist. Bei einem Almodóvar gelten einfach andere Massstäbe und im Vergleich zu seinen späteren Filmen ist "Das Kloster zum heiligen Wahnsinn" wohl soetwas wie eine notwendige Fingerübung. Ein Film, bei dem wohl zu viele Kompromisse gemacht werden mussten....

Die Darstellerriege ist für Almodovar-Fans jedoch so etwas wie Ostern und Weihnachten zusammen. Zum einen gibt es wieder einmal eine wunderbare Carmen Maura, die abermals eine grandios-ergreifende Leistung abliefert. Weiters das Almodovar-Debüt von Marisa Paredes ("mein blühendes Geheimnis/Alles über meine Mutter"), eine umwerfend-schrullige Chus Lampreave, die tolle Julieta Serrano ("Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs") und schlussendlich als Draufgabe auch noch einen ganz kurzen Auftritt von Cecilia Roth.

Wie auch bei den anderen Frühwerken sind jedoch die Veröffentlichungen sehr, sehr rar gesäht. Von "dark habits" gibt es derzeit eine amerikanische und norwegische DVD-VÖ. Ich habe die RC1-Scheibe aus dem Hause Wellspring gesehen, die den Film in annehmbarer Qualität bringt und somit derzeit wohl auch die empfehlenswerteste Scheibe ist. Zu sehen gibts die bildtechnisch-überarbeitete spanische Originalversion mit ausblendbaren, englischen Untertiteln. Der Ton ist mitunter etwas zu leise, allerdings dürfte dieses nur bei den spanischsprechenden Mitbürgern unter uns negativ ins Gewicht fallen. Auf Extras wurde jedoch wie schon bei "what have I done to deserve this" leider verzichtet.   

)* diese Info und vieles mehr hab´ ich aus dem empfehlenswerten Buch: "almodóvar - kino der leidenschaften" von Christoph Haas, erschienen in der Arte-Edition beim Europa-Verlag. Aus diesem Buch habe ich teils auch die Übersetzungen der deutschen Sprachfassung entnommen, die nicht immer mit der amerikanischen Übersetzung ident sind.