project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Der beschäftigungslose Manoj (Ajay Devgan) kommt nach Kalkutta um ehemalige Schulkollegen und Freunde um Geld zu bitten. Seit er seinen Job in einer Jute-Mühle verloren hat, lebt Manoj ein genügsames Leben mit dem wenigen was ihm bleibt. Doch die Zeiten sind schlecht und so benötigt er dringend 40.000 Rupien um ein eigenes Geschäft zu eröffnen. Da er sich in seiner verzweifelten Lage kein Hotelzimmer leisten kann, wohnt er bei seinem Schulkollegen Alok und dessen Frau Sheela. Alok schreibt ihm ein Empfehlungsschreiben, mit dem er sich nun auf dem Weg machen möchten um an Geld zu kommen. Doch an einem regnerischen Nachmittag möchte Manoj auch seine Jugendliebe Niru (Aishwarya Rai) besuchen. Diese hatte sechs Jahre zuvor auf Geheiß ihrer Eltern einen reichen Geschäftsmann geheiratet, das Dorf in dem beide aufgewachsen sind verlassen und Manoj mit gebrochenen Herzen zurückgelassen. Alok hatte ihm damals in seiner schlimmsten Zeit über den Liebeskummer hinweggeholfen und ist von den Plänen Manojs natürlich nicht begeistert.
Doch dieser lässt sich nicht von seinem Plan abbringen und so macht er sich mit einem geliehenen Regenmantel auf um seine ehemals große Liebe zu besuchen. Als er bei der Adresse angekommen ist, öffnet Niru erst nach mehrmaligen Läuten das Haus und lässt ihn auch nur widerwillig ins Haus. Nun sitzen sie sich erstmalig wieder gegenüber und lügen sich gegenseitig ein glanzvolles Leben vor. Niru spielt die gelangweilte Ehefrau eines erfolgreichen Geschäftsmannes, dabei lebt sie hochverschuldet in einem Haus, dass ihr nicht gehört und mit unnützem Gerümpel vollgepackt ist. Ihr Ehemann hat sich als Betrüger entpuppt und vom Eigentümer des Hauses erfährt Manoj, dass ihre Delogierung kurz bevorsteht. Aus Angst vor Gläubigern hat sich Niru wochenlang geweigert das Haus zu verlassen. Doch auch Manoj schämt sich vor Niru seines Lebens und gibt sich als erfolgreicher Produzent von TV-Serien aus.
Beide können sich nicht eingestehen, dass ihre große Wünsche und Träume ohne einander nicht in Erfüllung gegangen sind. Und während der Monsunregen gegen die geschlossenen Fensterläden prasselt, zerbröckelt auch nach und nach die Lügengebilde von Niru und Manoj. Und auch wenn es keiner der Beiden schafft, sich gegenseitig die Einsamkeit und Demütigungen der vergangenen Jahre zu offenbaren, so finden sich die selbstlosen Beweise von Achtung und Liebe doch manchmal auch in den Taschen eines geliehenen Regenmantels...
Vergesst alles, was ihr bisher über indische Filme gehört habt, denn "raincoat" ist definitiv anders. Rituparno Gosh verzichtet in seinem Bollywood-Debut auf allseits bekannte und beliebte Tanzszenen, schwülstige Liebesgeschichten voller Kitsch und Pathos, imposante Naturkulissen und opulenten Ausstattungen. Vielmehr liegt die Kraft des ruhigen Filmes in der berührenden Geschichte und der ausdrucksstarken Darstellung seiner beider Hauptdarsteller in einer kammerspielartigen Inszenierung ohne dem üblichen Glanz und Gloria. Dabei lässt Gosh dem Zuschauen auch genug Raum für eigene Interpretationen. Weder Manoj noch Niru können sich gegenseitig die Liebe gestehen und so vermitteln sie es nur in kleinen Gesten dem anderen gegenüber. Und obwohl beide nichts besitzen, würden sie dennoch das letzte geben, nur um dem anderen ein besseres Leben zu ermöglichen.
Die indische Filmindustrie wird vom europäischen Publikum ja meist nur auf Bollywood-Filme mit ihren üppigen Tanz- und Gesangseinlagen jenseits der 3-Stunden-Grenze reduziert. Dabei sind diese Filme nur ein Teil einer überaus fleißigen Industrie. Zum allseits-bekannten Kommerzkino hat sich aber (wie auch in allen anderen Ländern) im Laufe der Zeit auch eine Gegenbewegung entwickelt und etabliert, die ihre Einflüsse aus den europäischen Independent- und Kunstfilmen beziehen. Diese Filme nennt man Bengali-Kino, da diese Filme nicht an den üblichen Produktionsstätten und auch nicht in Hindi gedreht wurden. Die Glanzzeiten dieser Ära war vor allem in den 50er und 60er-Jahren. Später entschied sich die indische Regierung unabhängige Filmproduktionen im ganzen Land zu unterstützen und schuf so die Vorraussetzungen für eine neue indische Kinokultur.
Regisseur Riturparno Ghosh wurde in Kolkata, dem Zentrum des Bengali-Filmes geboren und begann seine Karriere als Werbefilmer. 1992 drehte er mit dem Kinderfilm "Hirer Angti" seinen ersten Film. Zwei Jahre später heimste das Nachfolgewerk bereits den National Award für den besten Film des Jahre 1994 ein. Auch die weiteren Filme wurden von der Kritik gefeiert und erhielten zahlreiche Auszeichnungen. Als Inspiration für das Drehbuch zu "raincoat", welches auch von Ghosh verfasst wurde, diente einerseits die Kurzgeschichte "The gift of the Magi" von O Henry über die wundersame Kraft des Schenkens, andererseits die in Indien sehr bekannten Legende von Radha und Krishna - zwei Liebende, die durch das Schicksal getrennt sind und sich nur im Schutze des Monsun-Regens treffen können. Diese Geschichte dient der musikalischen Untermalung des Filmes, die aber auch zum Vergleich zu anderen indischen Filmen, sehr dezent ausgefallen ist und in den Hintergrund tritt.
Wie bereits erwähnt, funktioniert der Film jedoch nicht nur aufgrund der Geschichte und minimalistischen Inszenierung so gut, sondern vor allem aufgrund der beiden Hauptdarsteller. Ghosh konnte hierbei auch auf zwei absolute Superstars des Bollywood-Kinos zurückgreifen. Zu Aishwarya Rai muss mittlerweile ja wirklich nicht mehr viel gesagt werden. Die ehemalige Miss World aus dem Jahre 1994 machte international Karriere als Model und Schauspielerin und ist in westlichen, sowie indischen Kino eine gefragte Darstellerin. In "raincoat" überzeugt Madame Rai allerdings weniger durch ihre makellose Schönheit, sondern durch ihre ausdrucksstarke Darstellung einer verängstigten und verarmten Frau.
Ajay Devgan ist dem westlichen Zuseher hingegen vermutlich weit weniger bekannt. Der 1967 geborene Schauspieler spielt in indischen Filmen gerne den Bösewicht oder auch andere zwielichtige Gestalten. Wie z. B. in dem 2005 gedrehten "Kaal", dem ersten (mehr- oder weniger) Gruselschocker aus indischen Landen, der vor einiger Zeit auf DVD erschienen ist. Das der gute Herr jedoch auch zu mehr als nur action-lastigen Rollen geeignet ist, stellt er in "raincoat" eindrucksvoll unter Beweis, wo er trotz etwas zu sportlicher Figur als verträumter und etwas schusseliger Nostalgiker überzeugen kann. Ajay ist übrigens seit 1999 mit der Schauspielerin Kajol, ihrerseits kultisch verehrte Schauspielerin verheiratet und hat mit ihr gemeinsam ein Kind. Für das Jahr 2006 ist mit "Saamna" ein weiteres Projekt an der Seite von Aishwarya Rai geplant.
Rapid Eye Movies bringt den 2004 gedrehten "raincoat" wie üblich in hübschen Digipack mit beigelegten Poster. Neben einer gelungenen Synchronisation gibt es dankenswerterweise wiederum den indischen Originalton samt deutschen Untertiteln. Neben gewohnt guter Bild- der Tonqualität gibt es eigentlich nur das Fehlen von Extras zu bemängeln. Leider wurde nämlich außer dem Trailer, der den Film in einen ganz anderen Bildqualität zeigt, keine weiteren Features auf die Scheibe gepackt. Aber egal, mir hat die ruhige und nachdenklich-stimmende Geschichte von Manoj und Niru aber sehr gut gefallen und daher mindert dieses auch meine Empfehlung nicht im Geringsten.
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