project: equinoX Forum

Auf seinem Flug nach New York sitzt der jugendliche Draufgänger und Cartoonist Karan Kapoor (Saif Ali Khan) zufällig neben der selbstbewussten Rhea (Rani Mukherji). Trotz einiger Anmachversuche kann Karan jedoch nicht wie erwartet bei der attraktiven Rhea landen. Denn diese hat ihn und seine lahmen Sprüche bereits vom ersten Moment an durchschaut. Doch sie findet den quirligen Kerl irgendwie nett und lässt sich von ihm überreden, während eines sechsstündigen Aufenthaltes in Amsterdam, gemeinsam auf Entdeckungsreise zu gehen. Bei dem Trip durch die Innenstadt erfahren die beiden dann auch mehr von einander. Karan ist überzeugter Single und Frauenheld und der festen Überzeugung, dass Beziehungen zwischen Mann und Frau auf Dauer nicht funktionieren können, da zwischen den beiden Geschlechtern einfach unüberbrückbare Unterschiede bestehen. Und genau diese Unterschiede verarbeitet der Comic-Zeichner auch in seinen wöchentlichen Cartoon "Hum Tum" (Ich & du). Natürlich kompletter Blödsinn in den Ohren von der romantischen Rhea, die noch an die große Liebe glaubt. Als ihr Karan am Ende des Ausfluges auch noch einen Kuss auf die Wange drückt ist für Rhea das Maß endgültig voll und sie gibt Karan eine Ohrfeige. Nach dem darauffolgenden Streit am New Yorker Flughafen gehen sie getrennte Wege. Doch drei Monate später begegnen sich die beiden neuerlich im Central Park, wo sich Karan gerade an ein Mädchen ranmacht. Zufälligerweise handelt es sich bei dem Mädchen jedoch um eine Schulfreundin von Rhea, die natürlich gleich die brühwarm ihre Version des zurückliegenden Amsterdam-Ausfluges erzählt und neuerlich endet ihre Begegnung im Streit.

Drei Jahre später ist Karan wieder nach Dehli zurückgekehrt und lässt sich trotz erfolgreichen Cartoon-Karriere noch immer im Hotel Mama verwöhnen. Diese ist gerade mit den Vorbereitungen zu einer großen Hochzeit beschäftigt. Da ein wichtiger Arbeiter ausfällt, bittet sie Karan ihr zu helfen, der sich etwas widerwillig aber schlussendlich doch bereit erklärt. Doch das ändert sich schlagartig, als er erfährt, dass es sich bei der Braut um Rhea handelt. Diese ist natürlich auch überrascht, als sie Karan wieder trifft, erkennt aber, dass er sich - trotz trendigem Tom Cruise-Look - mitsamt seinem Frauenbild noch immer nicht geändert hat. Neuerlich kommt es zu kleineren Streitereien zwischen den Beiden, doch die Hochzeit mit Sameer geht gut über die Bühne.

Wiederum Jahre später besucht Karan seinen Vater in Paris, weil er dort an einem Buch über "Ich & Du" schreiben möchte. Während einer Bahnfahrt trifft er neuerlich auf Rhea, die jedoch seltsam verändert scheint. Karan erfährt, dass Sameer kurz nach der Hochzeit bei einem Unfall gestorben ist und Rhea mit ihrer Mutter nach Paris in die Einsamkeit geflüchtet ist und dort eine kleine Boutique für indische Mode betreibt. Karan ist bestürzt, Rhea so traurig zu sehen und versucht sie mit allerlei lustigen Aktionen aufzumuntern. Und Rhea muss erkennen, das Karan über all die Jahre zu ihrem besten Freund geworden ist. Sie beschließt mit ihrer Mutter zurück nach Indien zu kehren. Dort wird sie bereits von Karan erwartet, der Rhea selbstlos mit seinem besten Freund Mihir verkuppeln möchte. Leider funzt der Plan überhaupt nicht, da sich Mihir in eine andere Frau verliebt. Karan entdeckt, dass er mittlerweile mehr als bloss freundschaftliche Gefühle für Rhea hegt und schlussendlich schlafen die beiden auch miteinander. Doch danach ist alles verändert. Karan glaubt, dass sein Verhalten ein Riesenfehler war und macht sich selbst die größten Vorwürfe, während sich Rhea bereits hoffnungslos in Karan verliebt hat. Es kommt zu einer Aussprache, die nicht planmäßig verläuft und Rhea ergreift neuerlich die Flucht...

Männer hören nicht zu und Frauen hören nicht auf zu reden. Dieses und weitere althergebrachte Klischees über das emotionsgeladene Verhältnis zwischen Männlein und Weiblein sind der Aufhänger für Karans wöchentliche Cartoons und beschreiben doch auch gleichzeitig ganz gut sein eigenes Leben. "Hum" ist ein schlagfertiger, draufgängerischer Kerl mit einer ausgeprägten Schwäche zum weiblichen Geschlecht. Sein mangelnder Respekt dem weiblichen Geschlecht gegenüber ist wiederum "Tum" ein Dorn im Auge. Diese ist ein wohl-erzogenes und attraktives Mädchen und ähnelt stark der selbstbewussten Rhea. Dass die beiden jedoch turbulente 9 Jahre brauchen um schlussendlich (welch Überraschung) ein Liebespaar zu werden ist die Geschichte des äußerst amüsanten Bollywood-Filmes "Hum Tum - Ich & Du". Im Jahre 2004 war diese Komödie, die in bester Screwball-Manier amüsant Geschlechterrollen aufs Korn nimmt auch einer der grossen Kassenschlager in den indischen Kinos und der grosse Abräumer bei den Filmfare-Awards, den sogenannten indischen "Oscars". Doch nicht nur in Indien sorgte der kurzweilige Film für volle Kinosäle, sondern auch in Großbritannien, wo "Hum Tum" auf Anhieb Platz 7 der Kinocharts entern konnte

Indiens Kinoindustrie wird ja immer wieder vorgeworfen, westliches Kino zu imitieren. Und auch bei "Hum Tum" sind die Annäherungen an den westlichen Kinogeschmack nicht zu übersehen. Da ist einerseits die reduzierte Laufzeit von 142 Minuten, die nicht der gängigen Bollywood-Filmlänge entspricht, auch Nebenhandlungen werden dezent in den Hintergrund gerückt. Die Gesangs- und Tanznummern wirken sehr zurückgenommen und auch bei weiten nicht so oppulent inszeniert wie gewöhnlich. Dass ca. 2/3 des Filmes außerhalb von Indien an Originalschauplätzen in Amsterdam, Paris aber auch in New York gedreht wurden und auch eine Kuss-Szene (!!!) in den Film integriert wurde, zeugen weiters davon, dass "Hum Tum" trotz zahlreicher Insider-Jokes und Verweise auf andere Filme wohl nicht speziell auf ein indisches Publikum zugeschnitten wurde. Aber auch wenn die Geschichte selbst stark an eine jugendfreie Version von Rob Reiners "Harry & Sally" erinnert, so bietet "Hum Tum" jedoch genügend Eigenständigkeit um jeden geneigten Filmfan zu erfreuen und unbeschwerte, kurzweilige und vor allem bunte Minuten zu bereiten.

Das der Film so gut funktioniert liegt neben einer gewohnt-guten Inszenierung und der humorvollen Geschichte vor allem an den beiden sympathischen Hauptdarstellern. In Saif Ali Khan dürfte wohl selbst genug vom etwas chaotischer Draufgänger Karan mit all seinen flotten Sprüchen stecken, jedenfalls geht er voll in seiner Rolle auf. Der am 16. August 1970 geborene Sohn einer Bollywood-Schauspielerin und eines Cricket-Spielers tauchte bereits vor seiner Schauspiel-Karriere in den Klatschspalten der indischen Presse auf. Doch er machte nicht nur positive Schlagzeilen. Sein geplantes Filmdebüt platzte frühzeitig, da Saif Ali mehrfach angetrunken am Set erschien. Seinen großen Durchbruch erlebte der zweifache Vater 2001 mit dem Drama "Dil Chahta Hai". Dem westlichen Publikum dürfte er aber vor allem durch den Film "Kal Ho Naa Ho - Lebe und denke nicht an Morgen (Indian Love Story)“ bekannt sein. Derzeit lebt Khan jedoch von seiner Frau getrennt und hat - unbestätigten Gerüchten zufolge - eine Freundin italienischer Herkunft.
Aber auch die wunderschöne und wunderbare Rani Mukherji mit ihrer markant-rauchigen Stimme als etwas zickige, aber umso liebenswertere Rhea spielt wieder einmal, dass es eine wahre Freude ist. Zu Frau Mukherji braucht eigentlich nicht mehr viel gesagt werden. Die vielfach beschäftige Schauspielerin und Model ist derzeit neben ihren beiden Cousinen Kajol und Preity Zinta vollkommen zurecht eine der angesagtesten Bollywood-Schauspielerinnen.
Den Beiden zuzusehen ist wirklich eine Freude und es bleibt zu hoffen, dass es auch tatsächlich zu der im Finale angedeuteten Fortsetzung von "Hum Tum" kommen wird.

Die DVD von Rapid Eye Movies in der gewohnt hübschen Verpackung bietet den Film in der Original-Version, sowie einer synchronisierten Fassung. Leider wurde jedoch dieses Mal etwas an den Extras gespart. Ein Making-Of, vor allem an den europäischen Schauplätzen, wäre ja schon interessant gewesen. So gibt es leider nur eine "deleted scene", das Musikvideo von "U ´n I" von Rishi Rich featuring Veronica & Juggy D., welches als Titelmelodie verwendet wurde, zahlreiche Trailer und Promo-Clips, sowie einem Poster.
Ein Lob muss dieses Mal aber wirklich der gelungenen deutschen Synchronisation ausgesprochen werden. Die hat mir dieses Mal sogar wesentlich besser gefallen als die Originalversion mit Untertitel (das ich als O-Ton-Junkie mal so etwas mal schreiben darf...), da vor allem die traditionelle und religiöse Thematiken zugunsten einer flotteren Erzählweise in den Hintergrund treten. Die Sprüche und lustigen Streitgespräche kommen in der deutschen Version jedenfalls wesentlich besser rüber, als in der Originalversion. Auf jeden Fall ist "Hum Tum" ein idealer, familientauglicher Gute-Laune-Film, ideal für so trübe Tage, die es derzeit leider so zuhauf gibt. Bunt, lustig, nicht zu lang und nicht zu schmalzig und daher auch für Bollywood-Neueinsteiger bestens geeignet. Am besten mit einem lieben Menschen gemeinsam auf der Couch kuscheln und über die beiden Charaktere und sich selbst schmunzeln. Mir hat "Hum Tum" jedenfalls vor allem wegen der beiden Hauptdarsteller sehr gut gefallen und daher gibt es an dieser Stelle auch eine Empfehlung für alle Freunde des zeitgenössischen Bollywood-Kinos und allen, die es noch werden wollen.

Beitrag geändert von jogiwan (16.March 2006 08:08:38)