project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Im Sommer 1963 treffen sich Ennis Del Mar (Heath Ledger) und Jack Twist (Jake Gyllenhaal) in Wyoming am Fuße des Brokeback Mountains um gemeinsam für den Rancher Joe Aguirre (Randy Quaid) dessen Schafe am Berg zu hüten. Der Eine nächtigt in den Bergen bei den Schafen, während der Zweite das Basislager und die Vorräte bewacht. Der Arbeitsalltag ist hart und die beiden jungen Männer haben mit Wintereinbrüchen, Stürmen, Bären und Coyoten zu kämpfen. Doch in der unwirtlichen Gegend entsteht zwischen den beiden introvertierten Cowboys mehr als eine bloße Freundschaft. Man erzählt sich gegenseitig von den Sehnsüchten und der trostlosen Kindheit, in der beide aufgewachsen sind. In der ersten gemeinsamen Nacht in einem Zelt, entlädt sich die aufgestaute, sexuelle Spannung und beide fallen wie Tiere übereinander her.
Am nächsten Tag versichert man sich gegenseitig, dass es sich um eine einmalige Geschichte handelt. Bleibt es aber nicht. Der Sommer vergeht und die Wege trennen sich. Ein Treffen im nächsten Jahr wird vage vereinbart, kommt aber nicht zustande. Ennis heiratet Alma (Michelle Williams) und gründet mit ihr eine Familie. In ärmlichen Verhältnissen leben die beiden in einem kleinen Dorf namens Riverton, während Jack mittlerweile in Texas lebt und hat dort Lureen (Anne Hathaway), eine Tochter aus reichen Hause, geheiratet hat.
Vier Jahre später erhält Ennis eine Karte von Jack und die beiden treffen sich. Erneut entlädt sich die sexuelle Energie und die Beiden verbringen eine Nacht im Motel. Daraufhin trifft man sich mehrmals im Jahr am Fuße des Brokeback Mountain. Offiziell um gemeinsam angeln zu gehen. Die Ehe von Ennis scheitert und er flüchtet sich zunehmend in die Isolation. Jahre später startet Jack einen verzweifelten, letzten Versuch Ennis zum gemeinsamen Zukunft zu überreden. Doch das schwulenfeindliche Umfeld und auch Ennis Unfähigkeit zu seinen Gefühlen zu stehen, sind dem Glück im Weg. Zwanzig Jahre nach dem ersten Treffen ist Jack tot und Ennis muss erkennen, dass er die wenigen glücklichen Momente in seinem Leben am Brokeback Mountain verbracht hat...
Homosexualität mit all seine Facetten ist heutzutage ja eigentlich etwas ganz Allgegenwärtiges. Sind wir nicht selbst schwul, so begegnen wir ihnen spätestens im Freundeskreis, beim Friseur, beim Einkaufen, und auch in Film, Funk und Fernsehen sind Homosexuelle ganz normal. Lustige Menschen mit bunten Klamotten, erhöhten Gesundheits- und Fitnessbewusstsein, mangels Nachwuchs auch mit ordentlich Kohle in der Tasche (leider nicht bei mir der Fall) ausgestattet und nie um einen anzüglichen Spruch und ein Glas Prosecco verlegen. Das ist zumindest das Bild, dass in den letzten Jahren in den Medien von Homosexuellen gezeichnet wurde. Inwieweit jetzt zu recht oder zu unrecht lasse ich an dieser Stelle einmal offen. Zu leicht wird allerdings vergessen, dass eine offen schwule Lebensweise bis vor einigen Jahr(zehnt)en eigentlich noch undenkbar, mitunter lebensgefährlich war und auch heute noch viele Menschen in unseren Breiten sich selbst und ihre Gefühle aus Angst vor ihrer Umwelt verleugnen müssen. Erfolge und Rückschläge der Gay-Community-Aktivisten im Laufe der Zeit zu beschreiben, würde wohl hier jetzt zu weit führen, allerdings muss gesagt werden, dass der Kampf für die Selbstverständlichkeit im Umgang mit Homosexualität unzählige Opfer gefordert hat und auch eine rechtliche Gleichstellung von homosexuellen Lebensgemeinschaften noch lange nicht stattgefunden hat.
Basierend auf einer Kurzgeschichte der Purlitzer-Preisträgerin Annie Proulx und eingefangen in wunderschöne Landschaftsaufnahmen hat Regisseur Ang Lee mit der unkonventionellen Liebesgeschichte zwischen zwei Cowboys wohl einen der wichtigsten und zurecht mehrfach ausgezeichneten Film der letzten Jahre geschaffen. In einer Zeit, in der Schwule noch totgeprügelt wurden, erzählt „brokeback mountain“ weitgehend frei von gängigen Klischees und Konventionen eine berührende Geschichte einer „unmöglichen“ Liebe, die sich schlussendlich jedoch für keinen der beiden Beteiligten erfüllt. Lee beschreibt dabei nicht nur die Geschichte der beiden Cowboys, sondern auch die Auswirkung auf dessen Umfeld und lässt sehr viel Spielraum für Interpretation.
Das Drehbuch zu „brokeback mountain“ wurde ursprünglich bereits 1997 für die große Leinwand adaptiert. Jedoch zögerten die großen Filmfirmen mit der Umsetzung, da schwule Cowboys im christlich-konservativen Amerika einem Tabubruch gleichkommt und so ist es auch nicht verwunderlich, dass schlussendlich kein gebbürtiger Amerikaner des Stoff verfilmte. Es war auch schon im Vorfeld zu erwarten, dass der Streifen weltweit kontroverse Diskussionen auslösen würde. So ist die Aufführung des Filmes in Malaysien gleich verboten worden und auch in den USA wurden Stimmen laut, dass „brokeback mountain“ einen homosexuellen Lebensstil propagieren würde. Den Machern wurde vorgeworfen, Teil einer „Gay Agenda“ zu sein, die es zum Ziel gemacht habe, amerikanische Werte wie Religion, Ehe und Familie zu zerstören. Katholische Bischöfe stuften den Film gleich als „moralisch anstößig“ ein und raten von einer Sichtung ab.
Vor einigen Jahren hätte die Darstellung eines schwulen Cowboys wohl auch das Karriere-Ende eines jeden Schauspielers bedeutet. So ist es durchaus üblich, dass sich Hollywood-Stars bei der Darstellung von homosexuellen Handlungen im Film doubeln lassen. Umso mehr Respekt gebührt daher den schauspielerischen Leistungen von Heath Ledger und Jake Gyllenhaal. Vor allem Ledger als introvertierter – beinahe stoischer – Ennis, der mit zunehmender Aggressivität sich selbst seine Männlichkeit beweisen muss, liefert wohl die beste Darbietung seiner bisherigen Karriere ab und hat sich damit wohl endgültig den Sprung vom ehemaligen Teenie-Star zum ernstzunehmenden Schauspieler geschafft. Jake Gyllenhaal ist seit „Donnie Darko“ für mich sowieso über jeden Zweifel erhaben und überzeugt neuerlich auf jeder Linie. Die zahlreichen Preise und Nominierungen für beide Schauspieler erfolgten jedenfalls nicht zu unrecht. Aber auch die berührenden Darstellungen der beiden Ehefrauen, verkörpert von Michelle Williams und Anne Hathaway sollen an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.
Das es bei der Oscarverleihung 2006 zwar nicht für den Oscar als „bester Film“ gereicht hat, ist zwar äußerst schade, angesichts der Thematik des Filmes jedoch nicht sonderlich verwunderlich. Immerhin hat jedoch der 1954 in Taiwan geborene Ang Lee den Oscar als bester Regisseur mit nach Hause nehmen können. Doch hohe Auszeichnungen sind für Herrn Lee ohnehin keine Seltenheit und begleiten ihn seit Beginn seiner Karriere als Regisseur. Sein zweiter Film „das Hochzeitsbankett“ (das auch bereits Homosexualität thematisierte) brachte 1994 gleich eine Oscarnominierung als „bester, fremdsprachiger Film“, den „Goldenen Bären“ und zahlreiche weitere Preise. Weitere Nominierungen folgten mit „Tiger & Dragon“, „eat drink man women“ und „Sinn und Sinnlichkeit“. Sein Ausflug 2003 mit „Hulk“ ins Mainstream-Action-Kino kann als einziger Ausreißer einer anspruchsvollen Ausnahme-Karriere gesehen werden.
So bleibt abschließend zu sagen, dass „brokeback mountain“ ein Film ist, der seinen Vorschusslorbeeren vollends gerecht wird. Ein ruhiger Film mit wunderschönen Bildern, grandiosen Schauspielern und einer zutiefst-menschlichen Botschaft, die niemanden unberührt lassen sollte. Weiters ist der Film durch den Verzicht von expliziter Darstellung sexueller Handlungen und zuviel nackter Haut auch ohne weiteres einem nicht so aufgeschlossenen Mainstream-Publikum zumutbar. Lasst euch von nicht von irgendwelchen Vorurteilen, engstirnigem Denken und Klischees davon abhalten, diesen Aufruf zu mehr Toleranz und Verständnis dem vermeintlich Unbekannten gegenüber anzusehen. Von mir kann es daher an dieser Stelle nur eine ausdrückliche Empfehlung geben.
Beitrag geändert von jogiwan (10.March 2006 15:31:54)
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Sodale, dass sind meine ersten Eindrücke nach der gestrigen Sichtung. Zwecks Aktualität gibts halt voerst nur ein paar zusätzliche Infos. Sobald es eine DVD gibt, wird das Ganze natürlich ausführlichst ergänzt. Aber eines noch: ab ins Kino mit euch!
Beitrag geändert von jogiwan (10.March 2006 13:29:26)
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jogiwan schrieb:
Sodale, dass sind meine ersten Eindrücke nach der gestrigen Sichtung. Zwecks Aktualität gibts halt voerst nur ein paar zusätzliche Infos. Sobald es eine DVD gibt, wird das Ganze natürlich ausführlichst ergänzt. Aber eines noch: ab ins Kino mit euch!
Oh cooles Review. Ich werde es heute auf jeden Fall mit fertig machen, dass hat erstmal oberste Priorität!
Danke dir!!!
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Achso, bezüglich Jake Gyllenhaal, da kann ich immer nur wieder auch den Film "Moonlight Mile" empfehlen, falls der noch nicht bekannt ist - der Film ist eine gradiose Tragik-Romanze erster Klasse. Bekam trotz Top Darsteller ("Dustin Hoffman" + "Susan Sarandon") wenig aufmerksamkeit und wurde recht fix auf DVD veröffentlicht.
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Sodele, das Review ist nun Online: http://chilidog.project-equinox.de/inde … age_id=673
Habe mich heute auch auf dem Presseserver bei Tobis registriert und auch gleich die Zugangsdaten bekommen. Dort habe ich dann gesehen, dass Tobis nicht nur Pressevorführung in Kinos (u.a. Stuttgart) veranstaltet, sondern am 28. September auch Almodovar´s "Volver" in die deutschen Kinos bringt .
Die Pressevorführungen sind meist 2-3 Monate eher als der deutsche Kinostart, sind zwar tagsüber, aber wenn es zu "Volver" klappen könnte, würde ich sogar mal einen Tag frei nehmen .
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