project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
Sie sind nicht angemeldet.
Während sich in ganz Australien seltsame Naturphänomene häufen und in einer kleinen Wüstenstadt im Dürremonat November Tennisball-große Hagelkörner vom blauen Himmel fallen, lebt der eigentlich in Südamerika geborene David Burton (Richard Chamberlain) mit seiner Frau Annie (Olivia Hamnet) und zwei Kindern ein eigentlich beschauliches Leben in Sidney. Obwohl der erfolgreiche David eigentlich ein Wirtschaftsanwalt ist, wird er eines Tages durch sein Engagement bei der Verfahrenshilfe für finanziell schlechter gestellte Menschen mit einem Fall betraut, bei dem fünf Aborigines einen der ihren in einer Wasserlache ertränkt haben sollen.
Nicht nur die Materie des Strafrechts ist David eigentlich nicht wirklich geläufig, auch mit der ganzen Thematik der australischen Ureinwohner mit all ihren Stammesriten hat sich der modern-denkende Mensch noch nicht bewusst beschäftigt. Umso überraschter ist David, als sich bei einem Treffen herausstellt, dass er Chris (David Gulpilil), einer der fünf Angeklagten bereits aus seinen sonderbaren Träumen kennt, die ihn seit geraumer Zeit verfolgen. Als Chris dem Anwalt erzählt, dass der Ermordete wichtige Reliquien gestohlen haben soll und nach Stammesrecht bestraft wurde, beginnt sich David mit Aborigines und ihren uralten Traditionen und deren Glauben tiefergehender zu beschäftigen.
Weitere Tage vergehen und während Sidney und das Land immer wieder von weiteren seltsamen Naturereignissen heimgesucht werden, erfährt David von seinem Vater, dass er schon in jungen Jahren von seltsamen Alpträumen heimgesucht wurde. Diese Träume spielen auch in der Welt der Aborigines eine große Rolle und der Anwalt taucht immer tiefer in eine Welt von uralten Prophezeiungen und mystischen Kunstwerken ein, während er sich zunehmend von seiner Frau und seiner Familie entfremdet. Durch Chris lernt er auch Charlie (Nandjiwarra Amagula) kennen, der von den anderen respektiert wird und der durch Träume in die Zukunft sehen soll, während die restlichen Verdächtigen zu den Vorwürfen schweigen.
Obwohl die fünf Eingeborenen ihre Unschuld bezeugen und auch David versucht, dem Gericht die Mythologie der Aborigines und dessen Weltbild näher zu bringen, damit diese nach ihren Stammesgesetzten verurteilt werden können, werden diese von den ausschließlich weißen Geschworenen wegen Mordes verurteilt. Die dunklen Vorzeichen häufen sich und langsam beginnt David die Zusammenhänge zu verstehen und als er von Chris unter den Abwasserkanälen zu einer uralten Kultstätte geführt wird, scheinen sich seine schrecklichen Vorahnungen und Träume tatsächlich zu bestätigen…
Nach dem Erfolg des Mystery-Streifen „Picknick am Valentinstag“ schuf Peter Weir mit „Die letzte Flut“ neuerlich einen sehr interessanten Streifen, der wie schon beim Vorgänger geschickt an der Schnittstelle zwischen Realität und Fiktion agiert und die mitunter schwierige Problematik der australischen Ureinwohner aufgreift, die der weißen Bevölkerung, bzw. Siedlern und Auswanderern auch gänzlich unbekannt scheint. Im Verlauf von „Die letzte Flut“ bekommt die Geschichte dann auch apokalyptische Züge und gipfelt in einem doch recht ungewöhnlichen Finale, welches den Zuschauer sicher nachhaltig beschäftigen wird.
Die Geschichte des Streifens ist ja auch recht spannend und präsentiert den Konflikt zwischen Tradition und Moderne anhand des weißen Anwalts, der sich aufgrund eines mysteriösen Mordfalles mit den Riten und Gebräuchen von Aborigines beschäftigt und dabei auch einem düsteren Geheimnis auf die Spur kommt. Jetzt muss ich zwar ehrlich gestehen, das auch ich von dem Leben und Glauben der Aborigines bislang keine Ahnung hatte, aber das von Peter Weir mitverfasste Drehbuch hält sich dabei vermutlich stark an die Naturreligion der Ureinwohner und der Regisseur arbeitete in diesem Punkt zwecks Authentizität auch eng mit den Darstellern zusammen.
Ist es bei „Picknick am Valentinstag“ die melancholische Grundstimmung, die dem Film eine besondere Aura verleiht so ist es bei „Die letzte Flut“ ein seltsames Gefühl, das noch etwas Schlimmes passieren wird und den Zuschauer von Beginn an begleitet. Der Streifen wird auch mit zunehmender Laufzeit düsterer und obwohl Weir abermals auf plakative Effekte neuerlich fast gänzlich verzichtet, häufen sich scheinbar unauffällig seltsame Phänomene, Visionen und Träume und lassen den Anwalt an seiner bisherigen Überzeugung zweifeln.
Als Hauptdarsteller in dem 1977 entstandenen Werk gibt es den amerikanischen Schauspieler Richard Chamberlain zu sehen, der zuvor zwar schon in einigen erfolgreichen Werken wie z.B. „Flammendes Inferno“ und „Der Graf von Monte Christo (beide 1974) zu sehen war, aber erst ein paar Jahre danach durch die erfolgreichen Serien „Shogun“ und „Dornenvögel“ so richtig durchstartete. Auch in „Die letzte Flut“ beweist der homosexuelle Frauenschwarm seine Vielseitigkeit und meistert auch schwierige Szenen durch seine Überzeugungskraft.
Technisch gibt es auch nicht viel zu meckern und auch ohne Einsatz von CGI schafft Weir in „Die letzte Flut“ ein düsteres Untergangsszenario mit allerlei dunkler Vorzeichen und bedrohlichem Synthie-Soundtrack. Vor allem das „ruhige“ Finale und die effektive Unterwasser-Szene seien an dieser Stelle besonders hervorgehoben. Leider hat die Geschichte aber zwischendurch auch ein paar Längen und vor allem zu Beginn benötigt der Film doch etwas um in die Puschen zu kommen. Irgendwie hätte ich mir auch mehr alltägliche Einblicke in die gesellschaftliche Parallelwelt der allzu schweigsamen Aborigines gewünscht, die imho doch etwas zu kurz kommt.
Die kürzlich erschiene DVD aus dem Hause Koch Media bringt den interessanten Streifen, der hier auch als „furioser Endzeitthriller“ vermarktet wird, in sehr guter Bild- und Tonqualität, die wie auch schon bei „Picknick am Valentinstag“ keine Wünsche offen lässt. Neben der deutschen Synchro gibt es auch die Originalfassung samt optionaler Untertitel und im Bonusmaterial eine hübsche Bildergalerie mit seltenen Werbematerial, bei dem wieder einmal die Italiener mit ihrem tollen „l’ultimo onda“-Plakat die Nase vorn haben.
Unterm Strich bleibt ein fesselnder und auch recht ungewöhnlicher Film, bei dem der Horror auf leisen Sohlen daherkommt und der auch gar keine plakativen Effekte benötigt um den Zuschauer nachhaltig eine Gänsehaut auf den Rücken zu zaubern. Peter Weir verknüpft Realität und Fiktion, Vergangenheit und Zukunft zu einem filmischen Werk, das jeden belohnt, der sich darauf einzulassen vermag. „Die letzte Flut“ ist zwar sicher kein ganz großes Highlight und verblasst auch etwas neben dem Vorgänger, aber nichtsdestrotz ein kleiner, feiner Film, den es zu entdecken gilt. Verdient hat er es allemal!
Offline
@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8830
Offline