project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Der erfolgreiche Geschäftsmann Anthony (Eric Bossick) ist der Sohn des verwitweten Forschers Ride (Stephen Sarrazin) und lebt mit seiner Frau Nuriko (Akiko Monó) und seinem Sohn Tom (Tiger Charly Gerhardt) in einem schicken Designerloft in Tokio. Während Nuriko immer wieder von seltsamen Träumen heimgesucht wird, ahnt Anthony noch nicht, dass er in das Visier einer mysteriösen Gestalt (Shin’ya Tsukamoto) gelangt ist, die mehr über die Existenz des Geschäftsmannes weiß, als er selbst. Als Anthony eines Tages seines Jungen zu Schule bringen möchte, wird er von einem Telefonat abgelenkt und muss hilflos mit an sehen, wie Tom beinahe von einem Auto überrollt wird. Doch noch bevor sich Anthony um seinen Sohn kümmern kann, reversiert der Wagen und überfährt den Jungen mutwillig vor den Augen des entsetzten Vaters überfährt.
Für die Eltern bricht eine Welt zusammen und vor allem die etwas labile und trauerende Nuriko wird zunehmend von tiefen Hassgefühlen übermannt und verlangt von ihrem Mann den Tod des geflüchteten Fahrers. Doch auch für Anthony hat der brutale Mord seines Sohnes ungeahnte Folgen und in Folge seiner Wut beginnt sich der Körper des Geschäftsmannes auf seltsame Art in einen metallischen Gegenstand zu verwandeln. Doch das ist erst der Beginn einer körperlichen Transformation und Anthony erhält von der unbekannten Person die kryptische Nachricht, dass dieses erst der Beginn eines „neuen Lebens“ sei und dieses mit den abgebrochenen Forschungen seines Vaters zusammenhängt.
Als sich Anthony aufmacht um diesen aufzusuchen, entdeckt er in dessen Wohnung einen Geheimgang im Keller und stößt dort nicht nur auf geheime Forschungsergebnisse einer abgebrochenen Studie, sondern auch den Leichnam seiner Mutter. So forschten seine Eltern im Auftrag Regierung an der perfekten Verschmelzung von Mensch und Maschine und schufen so die Prototypen für eine menschliche Waffe von ungeahnter Zerstörungskraft. Doch diese Erkenntnis und die Wut über das Geheimnis lässt Anthony weiter transformieren und die mysteriöse Person weiß, dass Wut der Antrieb für die Verwandlung ist und sorgt mit weiteren Attacken, das Anthony nicht zur Ruhe kommt und sich nach und nach in eine zerstörerische Maschine verwandelt…
Über „Tetsuo – The Iron Man“, den großen Cyberpunk-Kultfilm von Shin’ya Tsukamoto aus dem Jahre 1989 muss man ja heutzutage nicht mehr großartige Worte verlieren. Mit seiner seinerzeit ungewöhnlichen Mischung aus „Stop-Motion-Bildern“, Zeitraffer-Segmenten und bizarren Schnittgewitter und Industrial-Soundtrack traf der Regisseur den Nerv der Zuschauer und obwohl der Streifen alles andere als zugänglich ist und wohl auch nie für die breite Masse konzipiert wurde, ging das Konzept auf und der Streifen wurde auch durch zahlreiche Empfehlungen von aufgeschlossenen Filmfreunden auch hierzulande so populär, dass im Jahre 2005 sogar eine Veröffentlichung folgte, während man zuvor auf Importe angewiesen war.
Auch in seinem Heimatland war der Streifen mit seiner Verkehrs- und Piercing-Problematik durchaus erfolgreich, sodass im Jahre 1992 ein Nachfolger produziert wurde, der hierzulande aber von Seiten der Zensurbehörden auf wenig Gegenliebe stieß. Nun liegt mit „Tetsuo – The Bullet Man“ der etwas verspätete, dritte Teil der Mensch-Maschinen-Sause vor, der abermals die Verwandlung eines Menschens zur todbringenden Maschine thematisiert, dabei aber wesentlich zugänglicher ausgefallen ist, als die beiden Teile zuvor. Das liegt wohl auch daran, dass der Streifen offensichtlich für den internationalen Markt konzipiert wurde, in englischer Sprache gedreht wurde, westliche Darsteller mit von der Partie sind und auch Trent Reznor, seines Zeichens Mastermind der „Nine Inch Nails“ hat ein Stück zum Soundtrack beigesteuert. Somit wurde wohl nichts dem Zufall überlassen und die Mischung funktioniert auch knapp 13 Jahre nach dem Erstling auch erstaunlich gut, auch wenn „The Bullet Man“ nur noch begrenzt mit „The Iron Man“ verglichen werden kann.
Von der wütenden Energie, der kruden Erzählweise und der Lust auf die komplette Verstörung des Publikums ist in „The Bullet Man“ ja auch nur noch im Ansatz erkennbar, was dazu führt, dass der Streifen sogar im weitesten Sinne durchaus einem breiteren Publikum gefallen könnte, ohne seinen Ursprung zu verleugnen. Denn auch wenn die Bilder sicherlich noch immer etwas irritierend und die Geschichte sehr abstrakt ausgefallen sind, so erzählt Tsukamoto ja doch auch eine Geschichte, die sich bis zum Finale auch überraschend geradlinig entwickelt. Dabei werden auch die Elemente der Vorgänger aufgegriffen und neu variiert, sodass man als Fan der beiden Vorgänger nicht enttäuscht wird, und auch neuen Fans Lust auf die bisherigen Teile gemacht wird.
Der 52jährige Shin’ya Tsukamoto zählt auch zweifelsfrei zu den interessantesten Filmemachern aus dem Land der aufgehenden Sonne, der sowohl vor, als auch hinter der Kamera zu begeistern vermag. Seine surrealistischen Filme erinnern an David Lynch, während seine Mensch-Maschinen-Utopien auch von dem frühen David Cronenberg stammen könnten. Dabei hat Tuskomoto aber seine eigene Handschrift und scheut weder vor lauten, noch vor leisen Tönen zurück. Der Erfolg gibt ihm auch recht und mit Filmen wie „A Snake of June“, „Haze“ oder auch „Vital“ begeistert er den aufgeschlossenen Zuschauer genauso wie die Kritiker und schaffte es vom Underground über Programmkino-Film bis hin zum Blockbuster, ohne sich dabei in irgendeiner Art und Weise zu verleugnen.
Die DVD aus dem Hause Koch-Media bringt „Tetsuo – The Bullet Man“ dann auch in sehr guter Qualität, wobei natürlich bei der Art der Inszenierung schon Abstriche bei den Bildern gemacht werden muss. Die Synchronisation ist recht gelungen und ist imho auch besser als die etwas hölzern wirkenden Dialoge der Originalfassung, welche – wie bereits erwähnt – in Englisch gedreht wurde. Neben der Single-Disk-Variante, die noch eine Art „Making-of“ zu bieten hat, die Bilder von Dreh und Storybook zur Tonspur des Filmes vermengt, gibt es auch noch eine Collectors-Edition, die neben weiterem Bonusmaterial auch noch „Tetsuo – The Iron Man“ und einem Booklet mit vielen Bildern und einem Essay von Markus Wambsganss punkten kann.
Unterm Strich bleibt ein würdiger dritter Teil (und Abschluss?) der Cyberpunk-Serie, die abermals die Verschmelzung von Mensch und Maschine thematisiert und dabei weniger experimentell als seine Vorgänger, sondern eher dramatisch und sogar teils etwas „ruhiger“ zur Sache geht. Die Geschichte ist überraschend geradlinig erzählt und auch die verstörenden Momente der Inszenierung halten sich verhältnismäßig eher im Hintergrund. Der Härtegrad mag für eine 16er-Freigabe etwas hoch erscheinen, wird aber durch die Art der Inszenierung etwas entschärft. Technisch ist das Werk auf der Höhe der Zeit, die Effekte sind gelungen und auch die Darsteller bieten keinen Anlass zur Kritik. Wer sich auch schon für „The Iron Man“ und „The Body Hammer“ begeistern konnte, wird auch mit „The Bullet Man“ so wie ich seine Freude haben: 7/10
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@ Jochen,
vielen Dank für das Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8346
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