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Smith (Thomas Dekker) ist 18, sexuell noch nicht festgelegt und bewohnt mit dem attraktiven, wie einfältigen Thor (Chris Zykla) ein Zimmer auf dem Campus einer amerikanischen Uni. Obwohl Thor nicht gerade der Hellste ist, fühlt sich Smith zu ihm hingezogen, was seiner lesbischen Freundin Stella (Haley Bennett) so gar nicht gefällt. Diese ist nicht nur äußerst resolut, sondern hat ihrerseits neben dem Studium auch noch genug Probleme mit ihrer Geliebten Lorelei (Roxane Mesquida), die übernatürliche Fähigkeiten besitzt. Eines Abends sieht Smith nach einer Party im Drogenrausch nicht nur den Mann seiner Träume, sondern auch wie eine junge rothaarige Frau (Nicole LaLiberte), die von mysteriösen Männern in Tiermasken ermordet wird.
Am nächsten Morgen erwacht Smith mit einem brummenden Kopf und lückenhafter Erinnerung an den vorangegangenen Abend. Dennoch beginnt er Nachforschungen zu den seltsamen Ereignissen des Vortages und trifft dabei neben allerlei Fragezeichen auch auf die sexuell aufgeschlossene London (Juno Temple) und dem sportlichen Hunter (Jason Olive), mit denen er in beiden Fällen in der Kiste landet. Und während sich Stella und Smith immer tiefer in mysteriöse Ereignisse verstricken, scheint auch die Welt um sie herum immer seltsamer zu werden. Als die beiden auch noch unvermutet einer weltweiten Verschwörung auf die Spur kommen, erhalten sie plötzlich Hilfe von unerwarteter Seite…
Ganz schön starker Tobak, den uns Regisseur Gregg Araki in seinem elften Film präsentiert. Eine vollkommen unbedarfte Mischung aus Teenie-Soap, Sitcom, Sci-Fi bis hin zu Thriller-Momenten, überdrehten Grusel und Sci-Fi-Ehren führt uns die Geschichte des jugendlichen Smith auf seiner Entdeckungsreise der sexuellen Möglichkeiten inklusive Weltverschwörung. Und jedes Mal wenn man glaubt, dass es nicht mehr wilder kommen kann, setzt Araki in seinem pointierten Werk noch eins drauf und präsentiert dem fassungslosen, aber zugleich bestens unterhaltenden Zuschauer eine Steigerung nach der anderen bis hin zu einem wahrhaft apokalyptischen Finale, dass dem Titel des Films auch durchaus gerecht wird.
Aber alles von Anfang an: „Kaboom“ beginnt ja eher in Teenie-Soap-Gefilden und erinnert in seiner bunten Machart etwas an 90er-Jahre-Serien a la „Beverly Hills 90210“ und „Melrose Place“ wobei sich hier die schönen Menschen jedoch nicht in amerikanischer Prüderie üben, sondern ihre Sexualpartner wie andere Leute Unterhosen wechseln. Und egal ob Sex, Drogen oder Alkohol – alles wird exzessiv konsumiert und ob Männlein oder Weiblein spielt in den hippen Uni-Kosmos keine Rolle mehr. Eine tiefergehende Charakterisierung der Protagonisten findet nicht statt, aber anstelle dessen gibt es ein überzeichnetes Szenario, dass Haken wie ein Hase schlägt und das Genre ebenso oft wie Smith seine Sexualpartner wechselt.
Ohne zu viel verraten zu wollen ist die stets auch sehr erotische Geschichte dann auch absolut „over the top“ und wird im Verlauf des temporeichen Filmes immer wilder, ohne dabei aber den Zuschauer mit seiner Überdrehtheit zu langweilen. Ganz im Gegenteil, denn ehe man sich versieht, ist man auch schon mittendrin in einem wilden Trip aus Sex, Drogen und Weltuntergang, der nebenher auch noch absolut witzig daherkommt und bei dem es auch gar nichts ausmacht, dass der Karren schlussendlich auf beispiellose Art und Weise an die Wand gescheppert wird. Und zugegeben, dass die ganze Sause mit seinen zahlreichen Handlungssträngen kein harmonisches Ende mehr haben kann, wird im Verlauf des letzten Drittels auch klar. Aber auch wenn das Ende des Films sicherlich Geschmackssache ist, so kann es meines Erachtens kein besseres für diesen ungewöhnlichen Film geben.
Für eine Indie-Produktion ist „Kaboom“ dann auch grandios gelungen und so gar nichts erinnert daran, dass Araki für seinen Streifen kein großes Hollywood-Budget zur Verfügung stand. Was an Kohle fehlt, wird in seinem selbst verfassten Drehbuch einfach mit Ideen wettgemacht und die Spielfreude des absolut passend gewählten Casts überträgt sich auch auf den aufgeschlossenen Zuschauer, der sich dann nach Herzenslust an den aberwitzigen Ideen und pointierten Dialogen erfreuen kann. Der Streifen ist dann wohl auch als absoluter Gegenentwurf zu glattgebügelten Hollywood-Teenie-Komödien zu sehen, in denen zwar alles züchtig, aber zumeist auch sehr langweilig zugeht.
Überraschend sind auch die Darsteller, die ohne Scheu agieren und so auch maßgeblich dazu beitragen, dass der Film erfrischend daherkommt und mit seinen überzeichneten Figuren auch nicht vollends zur Farce verkommt, sondern trotz aller Absurdität auch immer menschlich bleibt. Thomas Dekker sieht zwar ständig aus wie der Sänger einer angesagten Teenie-Emo-Band, spielt aber überraschend gut und auch Haley Bennett als lesbische Quasselstrippe Stella ist einfach eine Wucht. In den Nebenrollen glänzen dann noch die derzeit omnipräsente Roxane Mesquida („Rubber“, „Sennentuntschi“ und Kelly Lynch, sowie Juno Temple als nymphomanische London. Auch die Blu-Ray aus dem Hause Universum Film ist ebenfalls sehr gelungen und bietet neben sehr guter Bild- und Tonqualität auch noch eine Trailershow, aber sonst keine weiteren Extras zum Film.
Unterm Strich bleibt ein ungewöhnlicher und vor allem schwer unterhaltsamer Film, dem man sogar das Prädikat „Feel-Good-Movie“ verleihen kann, ohne das in irgendeiner Weise böse oder oberflächlich zu meinen. „Kaboom“ ist irgendwie so, als würden sich Pedro Almodóvar und Takashi Miike zusammentun um eine Folge „Beverly Hills 90210“ zu inszenieren. Und auch wenn man sich das jetzt wohl nur schwer vorstellen kann, so ist Gregg Arakis „Kaboom“ wohl genau das und dabei auch noch so gelungen, dass es trotz kleinerer Schönheitsfehler und fehlenden Tiefgang an dieser Stelle auch nur eine absolute Empfehlung geben kann. Ein Film der Spaß macht, absolut schräg ausgefallen ist und der mich eigentlich auch ziemlich begeistert hat. 8/10
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8126
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