project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Das sympathische Paar Lina (Marte Christensen) und Martin (Sondre Krogtoft Larsen) fährt mit ihrem Auto von Norwegen nach Schweden um dort für die Hochzeit ihres Freundes Lasse große Mengen von Alkohol zu kaufen. Das ist natürlich illegal und um nicht von der Polizei hops genommen zu werden, fahren die beiden spätnachts im Schutze der Dunkelheit auf einer einsamen Landstraße zurück nach Norwegen. Doch das Glück ist Lina und Martin an diesem Tage nicht hold und mitten in der Nacht stoßen die beiden auf eine Polizeistreife und dem engagierten Polizisten Gunnar (Jens Hultén). Der erklärt den beiden nervösen Schmugglern, dass die Straße aufgrund eines Unfalles gesperrt ist und verweist freundlich auf eine Umleitung, die die beiden nach ein paar Kilometer wieder sicher auf die Landstraße und somit nach Hause bringen soll.
Doch wie so oft entpuppt sich die Umleitung als durchaus gefährlich und schon wenig später bleibt der altgediente Wagen von Martin mit einem Nagel im Reifen liegen. Als dieser zu Fuß zu einer zuvor passierten Tankstelle zurückkehrt um einen Abschleppwagen zu rufen, trifft er dort auf einen etwas seltsamen Bosse (Johan Hedenberg), der schon zuvor durch sein etwas verdächtiges Verhalten und sonderbaren Umgang mit seinem Handy aufgefallen ist. Als dieser Martin und die herbei geeilte Lina bedroht ist aber Gunnar wieder hilfreich zur Stelle und hilft den Beiden aus ihrer misslichen Situation und der Reifenpanne. Doch die Fahrt steht abermals unter einem schlechten Stern und Martin überfährt kurz nach dem Start fast ein herumirrendes Mädchen auf der Strasse, das darauf regungslos zusammenbricht.
Diese ist laut Gunnar die drogensüchtige Tochter von einer in der Nähe wohnenden Familie, wo das bewusstlose Mädchen auch prompt hingebracht wird. Die etwas älteren Herrschaften des Hauses sind auch recht freundlich und so schöpft weder Lina noch Martin in irgendeiner Weise Verdacht. Doch letzter entdeckt durch Zufall einen Folterkeller und gerät bald selbst in das Visier von einem mysteriösen Mann, der seine Quälereien in die unendlichen Weiten des World-Wide-Webs speist und der Wald entpuppt sich als von Kameras überwachter Ort, aus dem es kein Entrinnen gibt. Als sich der degenerierte Tankstellenwart auch noch als Sohn des Hauses entpuppt eskaliert endgültig alles und Lina und Martin befinden sich wenig später geschlagen und festgebunden im Keller des Hauses wieder, während eine vermummte Person bereits seine blutigen Pläne mit dem Pärchen hat…
In den letzten Jahren ist Norwegen, das unbekannte Land im hohen Norden mit den exorbitant hohen Alkoholpreisen und rigorosen Verboten dem aufgeschlossenen Horrorfan durch teils recht interessante Filme mit handwerklichen Geschick, tollen Darstellern und hohem Wiedererkennungswert aufgefallen. Filme wie der harte Backwood-Slasher „Rovdyr“, die launige Zombie-Komödie „Dead Snow“ und den bislang beiden Teilen von „Cold Prey“, dem bald ein dritter folgen wird, sind solide und System-erhaltende Genre-Unterhaltung im mittleren bis oberen Härtegrad, die bekannte Motive aus noch bekannteren Klassikern erfolgreich verwursten, etwas variieren und dabei dennoch auch die Eigenständigkeit nicht völlig außer Acht lassen.
Auch in dem 2009 entstandenen „Snarveien“ bzw. „Detour“ von Regisseur Severin Eskeland erwarten den Zuschauer jede Menge bekannter Motive aus bekannten Folter-, Überwachungs- und Realtime-Horrorschockern, ohne jedoch sonderlich eigenständig daher zu kommen. Statt knisternder Terror-Stimmung gibt es eine gehörige Portion Langeweile und derartig viele Klischees am laufenden Band, sodass der Streifen auf eine trashige Art und Weise ja schon wieder irgendwie lustig ist. Leider nimmt sich „Detour“ aber ständig selber so dermaßen ernst, sodass der gänzlich Humor- und Ironie-freie Filme dann doch eher etwas mau um die dunkle Ecke biegt. Die teils sehr positiven Stimmen des Filmes kann ich jedenfalls nach meiner Sichtung so leider überhaupt nicht nachvollziehen.
Die Geschichte des sympathischen Pärchens, dass mal schnell ins Nachbarland fährt um dort billig Alkohol für die Heavy-Metal-Hochzeit ihres besten Freundes zu kaufen und dabei ins Visier einer Bande von Folterern fällt, die ihre Taten gewinnbringend im World Wide Net verkaufen wäre ja vielleicht gar nicht so schlecht, doch irgendwie wird im Verlauf des Filmes jeder halbwegs gute Ansatz verschenkt oder nur unzureichend umgesetzt. Das Hauptproblem des Streifens sind ja neben dem lahmen Tempo zu Beginn vor allem die bereits erwähnten Klischees, die hier tonnenweise auf den Zuschauer hereinbrechen, sodass man als erfahrener Zuschauer wirklich nur noch milde lächeln kann bzw. sich ärgern kann.
Natürlich ist die Umleitung eine Falle, natürlich ist die Hauptdarstellerin schwanger und hat ihrem Freund noch nichts davon gesagt, natürlich funktionieren Handy und GPS wie von Geisterhand nicht. Der vermeintlich bewusstlose Killer erhebt sich im richtigen Moment im Gegensatz zum Schlüssel, der natürlich im ungünstigsten Moment aus den zitternden Händen zu Boden fällt. Die Liste ließe sich jetzt noch beliebig lange fortsetzten und weil das alles noch nicht reicht huscht alle paar Minuten eine Figur im Hintergrund mit entsprechender Sounduntermalung durchs Bild, während sich der Zuschauer auf einen Dialog im Vordergrund konzentriert. Das mag zwar einmalig für Schrecksekunden bürgen, ist aber beim vierten, fünften oder gar sechsten Mal vielleicht dann nicht mehr gar so prickelnd.
Aus dem Stoff und der Ausgangsidee hätte man ja auch durchaus einen ernstzunehmenden Streifen im oberen Härtegrad oder eine lustige Genre-Parodie zimmern können, wäre man nicht so derart verbissen an das ganze Werk herangegangen. Neben dem Best-of-Backwood-Slasher-Zitate-Kino und Versatzstücken aus „Hostel“, „Saw“ und „Motel“ gibt es dann auch eine Szene, die so offensichtlich bei „Shining“ abgekupfert wurde, dass ich glatt schmunzeln musste. Leider ist dieser Moment in dem humorfreien Werk leider dann der einzige und das vorhersehbare und überraschungsfreie Ende ist ebenfalls nicht wirklich der Bringer. Genre-erfahrene Menschen werden mit „Detours“ jedenfalls nicht viel Freude haben und mittlerweile gibt es auch dutzende Werke aus derselben Kiste, mit der man weitaus besser bedient ist.
Technisch und auch an den Darstellern gibt es hingegen eigentlich gar nicht groß etwas zu meckern und auch die Settings inklusive dunklem Wald sind ganz gut gewählt. Die Hauptdarsteller inklusive dubiosen Cop sind wirklich sehr gut gewählt und haben auch das notwendige Talent um ihre Rollen halbwegs glaubhaft rüber zu bringen, auch wenn sie immer wieder an dem Drehbuch scheitern. Leider ist der Streifen auch weder sonderlich spannend, noch irgendwie blutig und auch die Idee mit den Überwachungskameras und die damit mögliche Kritik an der Sensationslust der Menschen werden gänzlich verschenkt. Außer ein paar blutigen Szenen zu Beginn ist „Detour“ auch eher betont harmlos ausgefallen, was zwar nicht zwangsläufig schlecht sein muss, aber irgendwie nicht so recht zum Film und dessen Vermarktungsstrategie passen mag. Wer sich jedenfalls einen handfesten Torture-Porn-Streifen oder einem Film im oberen Härtegrad erwartet wird zwangsläufig angesichts des harmlosen Streifens enttäuscht werden.
Die Blu-Ray-Disc aus dem Hause MFA präsentiert den norwegischen Thriller in guter Qualität, wobei „Detour“ jedoch sicherlich kein Film ist, bei dem die Möglichkeiten dieses Formats ausgeschöpft werden. Teils ist das Bild etwas grisselig und dunkel, was jedoch ein bewußt gewähltes Stilmittel ist. Auch die Synchro ist absolut in Ordnung und wer möchte, kann sich auch an der norwegischen Originalfassung erfreuen. Im Bonusbereich sieht es aber etwas mager aus und außer ein paar Trailern hat die Scheibe keinerlei Bonus an Bord, was für einen Film mit aktuellen Produktionsdatum und diesem Preissegment ja schon etwas dürftig ist.
Unterm Strich ist „Detour“ ein etwas arg harmloses Filmchen, dass im Fahrwasser von „Saw“ und „Hostel“ vermarktet wird, aber leider weder dessen Spannung, noch erhöhten Härtegrad aufzuweisen hat. Der norwegische Film ist zwar prinzipiell nicht schlecht, aber ertrinkt in den unzähligen Klischees, die man als erfahrener Horrorfans in hunderten anderen Filmen schon weit besser und spannender umgesetzt gesehen hat. Die sympathischen Darsteller und die eigentlich gute Ausgangsidee helfen leider nicht darüber hinweg, dass der Streifen über weite Teile weder sonderlich unterhaltsam, noch blutig daherkommt. „Detour“ ist dann auch eher was für Neulinge in dem Genre, die auch auf gorige Szenen verzichten können. Ein sehr mittelprächtiges Vergnügen, aus dem weitaus mehr hätte werden können . 4-5/10
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7658
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