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Der Begriff Libido (lat. libido: „Begehren, Begierde“, im engeren Sinne: „Wollust, Trieb, Maßlosigkeit“) stammt aus der Psychoanalyse und bezeichnet jene psychische Energie, die mit den Trieben der Sexualität verknüpft ist. Als Synonym zu sexueller Lust und Begehren ist der einstige Terminus mittlerweile auch in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen.
Eine Manie (v. griech.: μανία manía = die Raserei) ist eine affektive Störung und verläuft meist phasenweise.
Heutzutage ist alles relativ einfach: Interessiert man sich für ein bestimmtes Thema und sei es noch so speziell geht man im Internet einfach auf Wikipedia oder vergleichbare Seiten, informiert sich und kann auf Youtube dann meist auch gleich das entsprechende Video dazu anschauen. Und wer seine verdiente Kohle nicht gänzlich für DVD-Käufe und Alkoholkonsum verbraucht, hat auch die Möglichkeit, in ferne Länder zu reisen und fremde Kulturen kennen zu lernen, die dank billiger Flüge und Pauschalangebote mittlerweile auch bezahlbar sind. In den Sechzigern und Siebzigern war die Sache da noch etwas anders. Computer gab es nicht, Fernreisen unerschwinglich und die Möglichkeit anderes kennen zu lernen war auf Lexika, Fernsehen und Erzählungen beschränkt.
Das erklärt neben einer ohnehin stark ausgeprägten Sensationssucht der Menschheit auch ein wenig, warum gerade in dieser Zeit die sogenannten „Mondos“ bzw. später „Shockumentaries“ so großer Beliebtheit erfreuten. In „Mondos“ wurde dem aufgeschlossenen Zuschauer unter dem Deckmantel der Aufklärung und Wissenschaft allerlei Obskuritäten aus aller Welt präsentiert, die man ansonsten wohl nicht so ohne weiteres vor die Linse bekommen hätte. Das bekannteste Werk aus Anfangstagen war hierbei wohl das Werk „Mondo Cane“ ( zu dt. „Hundewelt“) von dem italienischen Dreiergespann Gualtiero Jacopetti, Franco Prosperi und Paolo Cavara, der dem Zuschauer neben exotischen Riten auch menschliche Abgründe präsentierte und 1962 auch für den Oscar und die Goldene Palme nominiert waren.
Der immense Erfolg dieses Streifens, der neben neu gedrehten Material auch zu einem großen Teil aus kostengünstigem Archivmaterial bestand und mit Erzählungen aus dem Off verbunden waren, beflügelte zahlreiche Filmemacher, ebenfalls derartige Werke mit immer wilderen und heftigeren Bildern zu präsentieren. Die Tendenz gipfelte schlussendlich in den sogenannten „Shockumentaries“, die dem Zuschauer wie in Streifen mit dem so geflügelten Titeln wie „Gesichter des Todes 1 - 17“, „Gesichter des Sterbens“ oder dergleichen größtenteils (zum Glück) gefakte Todesszenen, reale Schlachtungen oder sonstige Geschmacksentgleisungen präsentierte, die sich mit zahlreichen Nachfolgefilmen in Videotheken-Zeiten äußerster Beliebtheit erfreuten.
Rund 40 „Mondos“ entstanden seit dem Jahr 1962 allein in Italien und diese Streifen hatten neben Gewalt auch oft die Sexualität zum Thema, die unter dem vermeintlichen Deckmantel der Aufklärung einem staunenden Publikum in verschiedensten Ausführungen präsentiert wurde. Der berüchtigte Streifen „Libido Mania – Alle Abarten dieser Welt“ von dem umtriebigen Regisseur Bruno Mattei aus dem Jahre 1979 ist vom objektiven Standpunkt wohl eines der (Negativ-)Highlights des Genres, dass dem Zuschauer in knapp 80 Minuten (in der deutschen Fassung) dem Zuschauer schier Unglaubliche Dinge präsentiert, die kaum eine sexuelle Abartigkeit auslässt und Szenen zeigt, die selbst dem sexuell aufgeschlossenen Zuschauer ein flaues Gefühl im Magen hinterlassen kann.
Unter dem vermeintlichen Deckmantel der Aufklärung und nach einer kurzen Einführung, welche wissenschaftlichen Unterlagen namhafter Sexualforscher zur Entstehung des Werkes herangezogen wurde ist ja Schluss mit lustig und Bruno Mattei präsentiert von Hermaphroditen über Fetischisten und obskure Entjungferungs-Riten unter anderem auch so extravagante Dinge wie Sodomie, Geschlechtsumwandlung, Sex mit Leichen und die Miteinbeziehung menschlichen Exkremente in den Sexualakt. Natürlich alles wissenschaftlich auf fundierte Weise von einem investigativem Journalisten kommentiert, in expliziter Weise präsentiert und hübsch aneinander montiert, sodass der aufgeschlossene Zuschauer kaum zum Durchatmen kommt und eine Sauerei nach der Nächsten präsentiert bekommt.
Und hui... in „Libido Mania“ werden von Bruno Mattei und seinem Team aus namenlosen Darstellern auch wirklich keine Gefangenen gemacht und im Minutentakt sexuelle und farbenfrohe Abartigkeiten am laufenden Band auf das fassungslose Publikum losgelassen, deren bloße Inhaltsangabe manch unbedarften Zuschauer schon in Unwohlsein versetzten würde. Natürlich werden ja alle Szenen nur deswegen gezeigt um (O-Ton) „… sexuelles Fehlverhalten zu zeigen, behilflich zu sein es zu heilen und unser Verständnis für die Fehler der Anderen wachzurufen.“ Nun ja, diesen Vorsatz darf man dann getrost in die Tonne kloppen, denn Plagiatsfilmer Bruno Mattei ist ja auch kein Oswald Kolle, sondern eher ein geschäftstüchtiger Regisseur mit Gewinnmaximierung im Hinterkopf, der dann die Reste von diesem Streifen gleich für einen weniger bekannten Nachfolgefilm nochmals verwurstete.
Sieht man das Ganze aber in der nötigen Distanz und Erfahrung sind die gezeigten und vor allem nachgedrehten und gefakten Dinge dann natürlich ziemlich trashy und unfreiwillig komisch und auch so manch zynischer Kommentar bürgt neben Kopfschütteln für so manchen Lacher. Ernst sollte man den versauten Blick auf menschliche Sexual-Abgründe ja nicht unbedingt nehmen und dann macht der Streifen ja in der aufgeschlossenen Runde durchaus Spaß, auch wenn man für die Sichtung wohl eher abgebrühte und geeichte Personen einladen sollte. „Libido Mania“ ist jedenfalls kein Film für die Schwiegereltern und kein Film, den man einem potentiellen Partner beim ersten Date präsentieren sollte.
Neben billig heruntergekurbelten Szenen mit Laiendarstellern in denen „asiatische“ Frauen nur mit Masken auftreten, da offensichtlich keine entsprechenden Darstellerinnen verfügbar waren, bietet „Libido Mania“ dann ja auch noch jede Menge Archiv-Material bzw. Szenen aus anderen Produktionen, wie der italienisch/japanischen Mondo-Co-Produktion „Guinea Ama“ (a.k.a. Nuovo Guinea: L’Isola die cannibali) des Regisseurs Akira Ide aus dem Jahre 1974, die hierzulande vor einiger Zeit bereits veröffentlicht wurden. Diese Szenen und weitere aus anderen Filmen, werden von Mattei dann einfach für sein Kaleidoskop der Ferkeleien in einem vollkommen anderen Kontext präsentiert, was natürlich ebenfalls für ein paar Lacher sorgt und nicht gerade von einer seriösen Herangehensweise an das komplexe Thema zeugen.
„Libido Mania – Alle Abarten dieser Welt“ ist dann auch zweifelsfrei einer der geschmacklosesten Höhepunkte eines ohnehin umstrittenen Genres und obskurer Streifen, der trotz seinerzeitigem Kinoeinsatz auch aufgrund seiner mangelnden Verfügbarkeit in Fankreisen über einen legendären Ruf verfügt. Wer die Werke von Bruno Mattei kennt, der weiß ja ohnehin, dass der umtriebige Regisseur mit seinen zahlreichen Pseudonymen, nicht gerade mit subtilen Werken glänzt und oftmals weit über das eigentliche Ziel hinausschoss. Neben zahlreichen Frauengefängnisfilmen und Naziploitation-Werke stand Mattei immer wieder in der Kritik und bediente sich auch immer wieder gerne an fremden Ideen oder Werken. Sein bekanntester Streifen ist wohl „Die Hölle der lebenden Toten“, der sich am Erfolg von George A. Romeros „Dawn of the Dead“ orientierte, während gegen Ende seiner Karriere die Werke immer trashiger wurden und in den beiden trashigen Zombie-Filmen „Island of the Living Dead“ und „Zombies – The Beginning“ ihr unrühmliches Ende fanden.
Im Gegensatz zu den Machern des Films hat man sich bei der schicken Veröffentlichung aus dem Hause „Camera Obscura“ jedoch sehr viel Mühe gegeben. Neben einer geschmackvollen Verpackung glänzt die Scheibe mit sehr guter Bild- und Tonqualität in deutscher und italienischer Sprache (inklusive englischer Untertiteln) und interessanten Extras. So gibt es für den aufgeschlossenen Fan neben einem launigen Audiokommentar mit Christian Kessler und Ingo Strecker auch noch eine Featurette mit Claudio Fragasso, der als ehemalige Weggefährte und Berufskollege von Mattei ein paar launige Episoden aus dem Leben eines Regisseurs zu berichten weiß. Weiters gibt es knapp 37 Minuten an Material, die in der deutschen Fassung nicht verwendet wurde und sich größtenteils aus Schlachtungen, Ausweidungen oder sonstig-entbehrlichen Szenen zusammensetzt. Abgerundet wird das positive Gesamtbild dann noch mit einem interessanten und zweisprachigen Text von Dr. Marcus Stiglegger über den Aufstieg, Glanzzeiten und Fall der sogenannten „Mondos“ bis hin zu aktuellen Ekelvideos im Internet.
Unterm Strich ist „Libido Mania – Alle Abarten dieser Welt“ ein schier unglaubliches Filmchen getreu dem Motto „Was sie schon immer über Sex wissen, aber niemals sehen wollten“ für die aufgeschlossene Zuschauerschaft, die der ganzen Sause dann auch mit dem entsprechenden Humor begegnet. Kaum eine Geschmacklosigkeit wird ausgelassen und dem staunenden Publikum unter dem Deckmantel der Aufklärung ein Panoptikum der Perversitäten um die Ohren geklatscht. Bruno Matteis Streifen ist dann auch definitiv nichts für Feingeister, Sexualneurotiker oder sensible Personen und eine gewisse Erfahrung in Sachen „Mondo“ und „Italo-Cinema“ und seine geschmacksentgleisten Beiträge kann sicherlich nicht schaden. Auch der Unterhaltungswert ist nicht so hoch, wie vielleicht angenommen, aber unglaublich ist der Streifen allemal und einmal in seinem Leben sollte man ihn daher schon gesehen haben. Prädikat: besonders unpackbar!
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7544
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