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Der Streifen „Der öffentliche Feind“ bzw. „The Public Enemy“ von Regisseur William A. Wellman aus dem Jashre 1931 mit James Cagney in der Hauptrolle ist nicht nur einer der ersten Gangsterfilme der Filmgeschichte und traf den Nerv der von Repressalien geprägten Zeit, sondern schuf mit seinem Titel einen Ausdruck, der  fortan im Bewusstsein der Menschheit Feinde des öffentliches Lebens bezeichnet. Gangster, Terroristen, Krankheiten und sonstige Dinge, die die gesellschaftliche Ordnung bedrohen und die es im Dienste der Allgemeinheit zu bekämpfen gilt um den ehrlichen Bürgern dieses Planeten ein ruhiges Leben zu ermöglichen.

In der Essay-Sammlung „Public Enemies – Film zwischen Identitätsbildung und Kontrolle“ aus dem Hause Bertz+Fischer wird dieser oftmals nicht leicht zu greifenden Figur des „Public Enemies“ und deren Auswirkung auf die Gesellschaft, die diese Figuren groteskerweise zur Abgrenzung ihrer eigenen Identität benötigit,  in unterschiedlicher Art und Weise nachgegangen. Die Menschheit braucht ihre Feindbilder um ihren Bewegungsraum abzugrenzen, ihr jeweiliges Regelwerk aufzusetzen und ihre Schäfchen vor vermeintlichen realen oder irrealen Bedrohungen zu schützen. Das Buch behandelt dabei diese Figur an Hand von Filmen aus den 30ern bis hin zu aktuellen Werken, gesellschaftlichen Bewegungen und Internet-Phänomenen unserer schnelllebigen Zeit.

Im ersten Aufsatz des Buches forscht Daniel Ilger auf den Spuren von Mervyn LeRoys  Streifen „Der kleine Cäsar“ a.k.a. „Little Caesar“ aus dem Jahre 1931, der mit der Verfilmung des gleichnahmigen Romans von William Riley Burnett  den Stil des amerkanischen Gangsterfilmes der frühen 30er Jahre mitbegründete und wie auch „The Public Enemy“ vom renomierten American Filminstitut in die Liste der 10 besten Gangsterfilme gewählt wurde. Neben der bisweilen seltsam distanzierten Inszenierung des Verbrechers werden aber auch andere Werke des Genres zitiert, die diese Figur das „klassischen Gangsterbildes“ im Laufe der Kinogeschichte geprägt haben.

Annette Förster hingegen beschreibt in ihrem Essay die Rolle der Verbrecherinnen im Stummfilm, während der englische Autor der afroamerikanischen Gangsterbild  des etwas stereotypen Bild des schwarzen, potenten und promisken Mannes  im „New Black Cinema“ genauer auf den Zahn fühlt.  Im Verlauf der Seiten bekommt der Leser aber noch weitere ungeahnte Einblicke in die Inszenierung dieser Gangster und die andere Seite, die sich diese Bilder z.B. in Form von Propaganda-Filme zu Nutze gemacht hat.

Thomas  Y. Levin beleuchtet Überwachungsszenarien in Anlehnung von Michael Hanekes Streifen „Cache“, in dem eine unbekannte Bedrohung eine große Rolle spielt und Kentaro Kawashimas Essay „Ein Bild der Kontrollgesellschaft“ analysiert den wohl kontroversesten Film-Beitrag zur staatlichen Überwachung unter dem Titel „Battle Royale“. Dieser Streifen des japanischen Regisseurs Kinji Fukasaku, in dem sich Schüler einer willkürlich ausgewählten Schulklasse gegenseitig auf einer abgelegenen Insel meucheln müssen, führt seit seinen Erscheinen im Jahre 2000 zu heftigen Diskussionen und hat auch die Zensur im eigenen Land auf den Plan gerufen.

Im letzten Abschnitt des Buches unter dem Titel „Konstruktionen des Selbst und des Anderen“  gibt es dann auch noch Aufsätze über untote Bedrohung in Form von Zombies, Diskurse über Nazis und deren Opfer,  sowie einen Einblick in die Welt der Zuschaustellung von sich selbst in Form von Internetvideos auf Plattformen wie „youtube“, in denen unterschiedliche Personen Bilder von sich selbst ins Netz stellen und sich so selbst inszenieren. Abgerundet werden die Texte dann noch in dem letzten Kapitel, in dem auch die Autoren kurz beleuchtet werden.

Aber auch wenn die Rolle des „Public Enemies“ in Form von Kinofilmen beleuchtet werden, so ist das Buch für Film-interessierte Leser nicht undbedingt die ideale Wahl und ich muss ehrlich gestehen, dass ich mir im Vorfeld auch etwas anderes erwartet habe. Die Texte und Aufsätze finden zwar ihren gemeinsamen Nenner in der Figur des „öffentlichen Feindes“ und zitieren Filme,  sind teils aber alles andere als einfach zu lesen und spielen sich auf einen Level ab, das den durchschnittlichen Filmfan auch eher überfordern wird. „Public Enemies“ ist auch kein Buch, dass man sich jetzt einfach mal so zur Hand nimmt und mal ein paar Seiten daraus liest. Dem Buch beigelegt bekommt der Leser aber auch eine CD, der den Inhalt des Buches dann auch noch einmal in englischer Sprache liefert, die neben den einzelnen Aufsätzen im PDF-Format auch noch Ausschnitte von besprochenen Filmszenen an Bord hat. So kann man sich die manchmal etwas trocken umschriebenen Szenen gleich selber anschauen und sich davon sein eigenes Bild machen.

Unterm Strich ist das Taschenbuch aus dem Bertz+Fischer-Verlag zwar schon interessant, aber für Otto Normalfilmfreund wohl nur eingeschränkt empfehlenswert. Mit seiner Thematik beackert das von Winfried Pauleit, Christine Rüffert, Karl-Heiz Schmid und Alfred Tews herausgegebene „Public Enemies – Film zwischen Identitätsbildung und Kontrolle“ dann auch ein zu großes Feld an unterschiedlichen Themen, Einflüssen und Genres, als das es sich auch an eine bestimmte Zielgruppe richtet. Die Essays zu Filmen, die man kennt sind interessant, während andere wiederum neugierig auf bislang noch nicht gesichtete Werke machen. Manche Texte fand ich aber einfach nur anstrengend, dafür ist die  Aufmachung sehr gut und auch die CD-Rom in englischer Sprache ist positiv hervorzuheben. Probelesen im Vorfeld schadet aber sicher nicht.

Beitrag geändert von jogiwan (07.March 2011 18:03:22)