project: equinoX Forum

Der junge Schüler Brent (Xavier Samuel) ist aufgrund eines Autounfalles, bei dem sein Vater ums Leben kam, schwer traumatisiert. Dass er das Fahrzeug gegen einen Baum gelenkt hat, scheint auch seine Mutter Carla nicht verwunden zu haben. Doch das Leben geht weiter und trotz aller Erlebnisse, hat Brent in Holly (Victoria Thaine) eine verständnisvolle Freundin gefunden, die den jungen Mann nach Kräften unterstützt. Am Tage des High-School-Abschlussballes wird Brent jedoch auch von der schüchternen Lola (Robin McLeavy) gefragt, ob er mit ihr als Begleitung zu dem wohl wichtigsten Event im Leben eines Teenagers gehen möchte. Doch Brent verneint, da er dieses verständlicherweise bereits seiner Liebsten zugesagt hat.

Doch Lola ist nicht der Typ, der sich so einfach von einem langhaarigen Mädchenschwarm vor den Kopf stoßen lässt und so ist es wenig verwunderlich, dass Brent nach einem nachmittäglichen Ausflug nicht mehr ins traute Heim zurückkehrt, sondern von deren hörigen Vater betäubt und verschleppt wird. Und anstatt sich am selben Tag der Wahl des Ballkönigs zu stellen, muss sich der junge Brent einer viel größeren Bedrohung stellen, denn Lola bekommt normalerweise was sie will und kann und will auch bei dem durch den Unfall ohnehin bereits leicht traumatisierten Schüler keine Ausnahme machen.

Und so findet sich der smarte Brent schon wenig später im trauten Heim von Lola an einen Stuhl gefesselt und bekommt von der Verschmähten eine Spritze in den Hals, der seine Stimme für den Rest des Filmes verstummen lässt.  Das ist jedoch erst der Anfang einer grauenvollen Nacht, in der sich die Gewaltspirale immer fester anzieht. Ein Fluchtversuch wird von Lola und dessen Vater  (John Brumpton) grausam bestraft und ein kleiner Vortrag der jungen Frau offenbart dem gequälten Brent auch, dass es sich bei seiner Entführung auch um keinen Einzelfall und es sich bei seinem Gegenüber um zwei vollkommen psychopathische Gegner handelt, die auch weiter gehen werden, als es sich Brent jemals vorstellen könnte…

(Amerikanische) Schüler und ihre  Abschlussbälle sind ja eigentlich ein sehr dankbares Thema für jeden Horrorfilm-Drehbuchschreiber, da diese an sich schon für Ausnahmesituationen im Leben eine von Lernstress und Hormonumstellung gebeutelten Teenager-Lebens darstellen. Geht an diesem wohl wichtigsten Tag in jungen Jahren dann auch noch etwas schief, ist dieses oft die Grundlage für so manch kultigen Streifen. Und jeder der „Carrie“ und „Prom-Night“ gesehen hat, weiß darüber natürlich besser Bescheid. Und auch in Sean Byrnes Regie-Debüt „The Loved Ones“ entwickelt sich dieser Tag für den ohnehin gebeutelten Brent dann auch gar nicht so, wie er ihn sich ursprünglich vorgestellt hat.

Statt einem netten Abend mit Musik und Tanz bzw. seiner großen Liebe Holly steht für den jungen Mann auf einmal der Kampf ums Überleben am Programm, wobei er sich gleich zwei Gegnern gegenüber sieht, mit denen keinesfalls zu spaßen ist. Denn Lola, die von ihrem Vater wie eine Prinzessin verehrt wird, bekommt immer was sie möchte und ist für die Durchsetzung ihrer Interessen auch zu jeder Schandtat bereit und schreckt vor Spritzen mit Chemikalien und Bohrmaschinen , wie auch vor sonstigen Gerätschaften nicht zurück, die dem jungen Mann und allen, die ihm zu Hilfe eilen wollen, zurück.

Die Geschichte ist dabei sicherlich nicht sonderlich innovativ und bietet auch keine großartigen Überraschungen. Dennoch schafft es Byrne durch seine Figuren und unerwarteten Wendungen durchaus, dass Interesse des Zuschauers stets aufrecht zu erhalten, auch wenn bei dem Regie-Debüt auch ein paar Mängel auszumachen sind. So wirkt der Nebenplot mit dem kiffenden und trinkenden  Freund von Brent samt Gothic-Aufriss doch etwas deplatziert und dient trotz kurzer Verbindung zum Hauptplot wohl nur dazu, die grausigen Ereignisse humoristisch etwas abzumildern. Das ist meines Erachtens zwar ein durchaus guter Ansatz im Drehbuch,  wirkt aber dennoch im Kontext des Filmes nicht ganz so gelungen.

Doch diese kleineren Schönheitsfehler sollen jetzt an dieser Stelle nicht davon ablenken, dass der Film ansonsten auch dank der skurrilen und dennoch menschlichen Figuren vorzüglich funktioniert. Positiv ist auch anzumerken, dass der Streifen trotz oberen Härtegrad nicht zu einer reine Schlachtplatte verkommt und auch die Kamera nicht in allen Szenen voll drauf hält, was den Vorteil hat, dass sich einiges ungleich brutaler nur im Kopfe des Zuschauers stattfindet. Generell ist die Inszenierung des Streifens durchaus gelungen und temporeiche und brutale Szenen halten sich mit nachdenklicheren und humorvolleren Szenen immer die Waage. Und auch wenn sich „The loved ones“ irgendwie zwischen alle Stühle setzt, so ist es in diesem Fall durchaus gelungen.

Den ganzen Lobeshymnen im Vorfeld wird „The Loved Ones“ jedoch nicht gerecht und die teils doch sehr überschwenglichen und wohlwollenden Worte kann ich nicht ganz nachvollziehen. Denn auch wenn es sich um einen kurzweiligen Genre-Beitrag handelt, so wird neuerlich das Horror-Rad nicht neu erfunden und von einem „wahnsinnigen Meisterwerk“ (Bloody Disgusting) und „einem der besten Horrorfilme des Jahrzehnts“ (Gun in the first act) ist der Streifen bei allem Potential doch noch  weit entfernt. Der australische Streifen und Regie-Debüt von Sean Byrne ist ein netter und sympathischer Beitrag zur Horror-Welle, der sicherlich aus der Masse von aktuellen Streifen herausragt, allerdings halt auch nicht mehr und auch nicht weniger.

Darstellerisch gibt es hingegen nichts zu bemängeln. Xavier Samuel, den jüngere Menschen sicherlich aus „Eclipse – Biss zum Abendrot“ kennen werden, bietet eine sehr solide Leistung, die – wie eingangs erwähnt – nahezu ohne Worte auskommen muss.  Robin McLeavy als psychopathische Lola, die zu ihrem Vater vermutlich ein nicht alltägliches Verhältnis pflegt, darf hingegen nach Herzenslust aufdrehen und hatte offensichtlich ordentlich Spaß in ihrer Rolle. Daneben glänzen auch noch John Brumpton („Storm Warning“) als liebender Vater der etwas anderen Art und Victoria Thaine als Holly.

Auch die DVD bzw. Blu-Ray-Disc-VÖ aus dem Hause Koch bietet keinen Anlass zur Kritik. Die Extreme-Edition mit zwei Silberlingen bringt neben den Hauptfilm in sehr guter Bild- und Tonqualität auch noch massenhaft Bonusmaterial auf der zweiten Scheibe inklusive, entfallener Szenen, Interviews mit Cast & Crew, eine Making-of der Special-Effekte, sowie weitere Featurettes wie „Behind the Scenes“ und die Reaktionen bei der Weltpremiere des Streifens am Toronto International Film Festival. Etwas abgespeckt hingegen ist die naturgemäß die Single-Disc-Variante, die lediglich den Audiokommentar von Regisseur Sean Byrne und den Originaltrailer an Bord hat.

Unterm Strich bleibt ein interessanter und eigentlich sympathischer Teenie-Folter-Film, irgendwo zwischen John Waters und Eli Roth, der zwar seinen Lorbeeren im Vorfeld nicht ganz gerecht wird, aber dennoch ganz gut ausgefallen ist. „The Loved Ones“ beginnt als eine Art  Coming-of-Age-Streifen und kippt alsbald in Richtung bitterböser Horrorfilm, der trotzdem auch augenzwinkernd um die Ecke biegt und die grausigsten Szenen auch der Fantasie des aufgeschlossenen Zuschauers überlässt. Nichtsdestotrotz ist der Streifen trotz kleinerer Mängel und einer paar Logiklöchern dank toller Darsteller und wendungsreichen Drehbuch ganz gut gelungen und sollte den Fan von modernen Horrorstreifen auch kaum enttäuschen.  7/10 Punkten!

Beitrag geändert von jogiwan (19.February 2011 14:50:23)