project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Die chinesische Malerin Meihua (Youxin Yang) folgt ihrem Verlobten Anran (Hongwu Chen) nach Paris um sich von der Stadt inspirieren zu lassen und an der Kunstuniversität zu studieren. Eines Tages malt sie am Ufer der Seine ein Bild und wird dabei von Stephanie (Sabine Bail) fotografiert. Diese ist erfolgreiche Fotokünstlerin und trotz der sprachlichen Barrieren verstehen sich die beiden Frauen auf Anhieb. Beide verfolgen mit ihrer Kunst ähnliche Ziele und aus dem zufälligen Treffen entsteht eine innige Freundschaft. Doch Stephanie, die von Meihua aufgrund ihres Nachnamens „Feuille“ genannt wird und offen lesbisch lebt verliebt sich in die zierliche Chinesin, die ihrerseits die eindeutigen Avancen ihrer neuen Freundin nicht verstehen kann.
In dem Kulturkreis in dem Meihua aufgewachsen ist, zählt Homosexualität als eine Krankheit und auch ihr Verlobter Anrai ist daher wenig über die zunehmende Intimität der Freundschaft der beiden Frauen erfreut. Als Meihua eines Tages erkrankt und sich Stephanie rührend um sie kümmert, kommt es zu der ersten Konfrontation zwischen der Fotografin und dem Verlobten. Dieser will daraufhin das Ende der Freundschaft, während Meihua in ihrer Naivität möchte, dass sich Anran an die Fotografin heranmacht, um ihr die Freuden der heterosexuellen Liebe näher zu bringen. Mit diesem Vorgehen soll ihre Freundin von ihrer vermeintlichen Krankheit geheilt werden um alle Differenzen ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen.
Anran ist wenig begeistert und der Plan wird daher auch niemals in die Tat umgesetzt. Vielmehr ist es der Verlobte der schon wenig später Meihua betrügt und dabei entdeckt wird. Als er auch noch ein Jobangebot in den USA erhält und möchte, dass Meihua ihn begleitet, greift die eifersüchtige Stephanie zu einer List, um die Versöhnung der beiden zu sabotieren. Der Trick gelingt und Anran lässt seine Verlobte zurück, die wiederum das Verhalten von Stephanie nicht verstehen kann und wutentbrannt ihre Freundschaft beendet. Und während Stephanie vermutet an Aids erkrankt zu seine und eine persönliche Krise durchmacht, dämmert es Meihua langsam, das Liebe nichts mit Geschlechtern und traditioneller Rollenverteilung zu tun hat, sondern mit gegenseitigen Respekt und Verständnis…
Mein nicht immer gesunder Hang zu seltsamen Filmwerken unterschiedlichsten Thematiken aus allen Ecken und Enden der Erde habe, müsste ja mittlerweile schon etwas bekannt sein. Egal ob Arthouse oder Horror, schwule Filme oder Trash, Low- und No-Budget, Action und Dramen gibt es eigentlich wenig, dass ich mir aus Freude an Filmen nicht anschauen würde. Und so war auch meine Neugierde natürlich geweckt, als ich „Feuille“ der japanischen Regisseurin Youxin Yang mit dem Hinweis erhalten habe, dass mir der Film vermutlich nicht gefallen würde. Zugegeben, Filme mit lesbischer Thematik finden ja jetzt auch nicht so oft Eingang zu meinem kleinen Haushalt und so war ich auf meinen ersten Indie-Film aus China (!) mit lesbischer Thematik natürlich umso mehr gespannt.
Die Geschichte über die verlobte chinesische Malerin, die fern der Heimat auf die offen lesbische Fotografin Stephanie trifft und erstmalig in ihrem Leben mit anderen Lebens- und Liebesformen konfrontiert wird, ist sehr zurückhaltend inszeniert und auf plakative Effekte wird gänzlich verzichtet. Während man bei vergleichbaren Werken aus der Schwulikiste ja gleich einmal mit nackten Tatsachen konfrontiert wird, gibt es in „Feuille“ keinerlei derartige Szenen, was vermutlich auch nicht der Intention des chinesischen Multitalents entsprechen würde. Die zarte Liebesgeschichte gegenseitiger Akzeptanz ist für meine Verhältnisse auch fast zu zurückhaltend inszeniert, da ich persönlich fast den Eindruck hatte, dass die Hauptdarstellerin von der „dominanteren“ Fotografin fernab der Heimat ja fast zur lesbischen Liebe genötigt wird, obwohl diese eigentlich ganz traditionell Mann und Kind haben möchte. Daher ist es auch wenig verwunderlich, dass der Geschichte dann auch kein Happy-End vergönnt ist, was in diesem Filmsegment anscheinend ja ohnehin schwerstens verpönt zu sein scheint.
Die Veränderung von Meihua, die sich zu Beginn des Streifens lediglich in ihrer Malerei selbst verwirklichen kann und ansonsten den Zwängen ihres Heimatlandes unterworfen ist, wird auf westliche Zuschauer sicherlich etwas befremdlich wirken. Erst mit zunehmender Laufzeit und der Freundschaft zu der seelenverwandten Malerin entdeckt Meihua, dass es im Leben nicht nur die vorgegebenen Strukturen gibt und Homosexualität auch keine Krankheit ist, sondern dass jeder nach seinen eigenen Wünschen und Erwartungen glücklich werden sollte und so etwas wie Geschlechtergrenzen bei Freundschaft und Liebe keine Rolle spielen sollten.
Leicht wird es dem Zuschauer bei der Sichtung von“Feuille“ ja nicht unbedingt gemacht und Yang hatte für die Realisierung ihres ersten Filmes wohl auch nur sehr wenig Budget zur Verfügung, das sich auch ständig in Bildqualität und Settings bemerkbar macht. Auch die Machart des Filmes lässt darauf schließen, dass Yang sich das Filmemachen in autodidaktischer Weise beigebracht hat, da vieles auch recht amateurhaft und unausgegoren wirkt. Mit einem höherem Budget und mehr Erfahrung wäre das Endprodukt dann wohl auch etwas anders ausgefallen. Trotzdem ist der Streifen nicht uninteressant und bietet weibliche Einblicke in eine Welt, die mir sonst wohl eher verborgen geblieben wäre
Die Bildqualität ist dann leider auch ziemlich schlecht, ließ sich jedoch laut Auskunft von CMV-Laservision leider in keiner besseren Qualität auftreiben und da bei Filmen mit lesbischer Thematik wohl außerdem keine Blockbuster-Verkaufszahlen zu erwarten sind, wären aufwendige Restaurationsarbeiten wohl auch nicht rentabel gewesen. Leider verfügt die vorliegende Fassung auch über fix eingeblendete Untertitel in englischer Sprache unter der sich dann die deutschen Untertitel gesellen und auch nicht gerade zum entspannten Sehen einladen. Als Bonusmaterial gibt es als Ausgleich dafür den Kurzfilm „Lori & Cathy get married“ über lesbische Hochzeiten im amerikanischen Homo-Mekka San Francisco, sowie 11 (!!!) Trailer aus der Drama-Ecke von CMV-Laservision.
Unterm Strich bleibt ein nicht ganz einfacher, aber auch nicht uninteressanter Film, der international bereits mehrfach ausgezeichnet wurde und eine ungewöhnlich Geschichte in noch ungewöhnlicheren Bildern erzählt. Schade nur, dass die Qualität des Amateur-Streifens nicht etwas besser auf Silberling gebrannt werden konnte und die Sichtung in der vorliegenden Form auch nicht immer einfach ist. Eine Bewertung nach herkömmlichem Muster ist dann auch gar nicht möglich, da die Geschichte insgesamt für eine Standard-Bewertungsskala auch viel zu speziell ausgefallen ist. In einer besseren Version wird man den Film des chinesischen Multitalents wohl aber nicht so schnell zu Gesicht bekommen und daher sollten aufgeschlossene Filmfreunde, die sich für Filme mit lesbischer Thematik interessieren, auch durchaus einen Blick riskieren,
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=7005
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