project: equinoX Forum

Als #9 ohne Erinnerung erwacht, liegt die Welt rings um die Stoffpuppe mit der Nummerierung auf dem Rücken in Trümmern. Die Erde, wie wir sie kennen ist zerstört und menschenleer und auch sein Schöpfer liegt tot inmitten des zerstörten Hauses. Wenig später trifft er bei seiner Suche in der postapokalyptischen Welt auf #2 und ein katzenartiges Maschinenmonster, dass die beiden attackiert. #9 kann nur mit Mühe fliehen und entdeckt in einer verfallenen Kathedrale weitere Wesen seiner Art, die sich dort vor den schrecklichen Maschinen versteckt halten. Trotz der Einwände der Artgenossen will sich #9 jedoch nicht vor den Maschinen verstecken sondern erfahren, warum die Welt ein unbewohnbarer Platz geworden ist und er sich inmitten dieser befindet.

In einer Bibliothek erfährt #9, dass sein eigener Schöpfer einst ein gigantisches Maschinenmonster mit künstlicher Intelligenz geschafften hat, dass sich in den falschen Händen schlussendlich gegen die Menschheit wandte und ihr den Krieg erklärte. Im darauffolgenden Kampf der Menschen gegen die Maschinen unterlag erstere und die Erde wurde durch den Einsatz von giftigen Kampfstoffen zu einem unbewohnbaren Ort. #9 ist entsetzt, aber ahnt, dass er, so wie auch seine acht Vorgänger nicht ohne Grund erschaffen wurden. Er schafft es, dass Vertrauen der anderen Puppen, die ihm im Kampf gegen die übermächtige Bedrohung helfen und nach zahlreichen Abenteuern entdecken die Puppen dann auch das Geheimnis ihrer Existenz, das gleichzeitig auch die letzte Chance für die Menschheit bedeutet...

Normalerweise sind ja westliche Animationsfilme, die ja größtenteils doch eher auf ein mitunter sehr junges Publikum zugeschnitten sind, ja nicht so ganz mein Dings. Zwar sind Werke wie die ersten beiden Teile von  „Shrek“, „Final Fantasy“ und Tim Burtons „The Corpse Bride“ schon sehr unterhaltsam, aber Filme wie „Toy Story“, „Ice Age“ oder „Findet Nemo“ aus der Pixar-Schmiede sind halt lustige Filme für den Kindergeburtstag und einfach so überhaupt nicht mein Fall. Daher war ich im Vorfeld auch etwas skeptisch, als Shane Ackers „#9“ in meinem Player gelandet ist. Zu meiner absoluten Überraschung waren aber alle meine Befürchtungen vollkommen umsonst und der düstere Animationsfilm ist sicher einer der DVD-Highlights und großen Überraschungen des heurigen Jahres.

Die Story von „#9“ ist auch wirklich sehr düster geraten und mit seiner Thematik auch eher auf ein erwachseneres Publikum zugeschnitten. Kinder wäre mit der existentiellen Geschichte über Schöpfungswahn und Massenvernichtung in einer postapokalyptischen Welt, sowie den doch auch furchteinflössenden Monster wohl auch gehörig überfordert. Die  FSK12-Freigabe ist trotz des putzigen Puppendesigns ja durchaus gerechtfertigt und von dem Cover sollte man sich ebenfalls nicht auf die falsche Fährte locken lassen. Denn auch wenn diese doch irgendwie an einen familientauglichen Film erinnert, „#9“ ist es definitiv nicht geworden und erinnert mit seiner Endzeit-Optik auch eher an Sci-Fi-Horror a la „M.A.R.K. 13“ als an massenkompatible Animationswerke „Wall-E“.

Als Grundlage für den Streifen diente ein elfminütiger Kurzfilm gleichen Namens, den Shane Acker während seiner mehrjährigen Ausbildung in der Filmhochschule UCLA realisiert hat. Der war selbst ohne Dialoge so derartig gut, dass er im Jahre 2006 sogar ins Rennen um den Oscar für den besten Kurzfilm geschickt wurde. Gewonnen hat da zwar ein anderer Streifen, aber der Streifen erhielt derartige Aufmerksamkeit, dass auch Tim Burton auf das Nachwuchstalent aufmerksam wurde und schlussendlich dem umtriebigen Animationsgenie, der zwischenzeitlich an den Effekten zum „Herr der Ringe“-Finale beschäftigt war, seinen ersten abendfüllenden Langfilm zu ermöglichen.

Dass Shane Acker aus der Animationsecke kommt, sieht man „#9“ dann aber auch zu jeder Sekunde an. Die Optik des Streifens ist wirklich sensationell ausgefallen und hat mir extrem gut gefallen. Das Design der Puppen mag vielleicht nicht jedem gefallen, aber die Art und Weise, wie die düstere Endzeit-Stimmung eingefangen wurde, ist schon beeindruckend. Um das amerikanische Publikum nicht zu verunsichern, hat man wohl bewusst sehr europäische Settings gewählt. Auch die Bewegungsabläufe der Monster, die teils von Tieren oder Maschinen übernommen wurde, wirken absolut stimmig. Jedes Bild wirkt bis ins letzte Detail durchkomponiert und auch auf die verschiedenen Stimmungen im Film wurde bei der Farbgebung berücksichtigt. Tim Burton hatte bei der Realisierung wohl auch einiges mitzureden und optische Parallelen zu dessen Werken sind ebenfalls nicht zu übersehen.

Die Geschichte mag vielleicht nicht jedem gefallen und die kritische Botschaft des Streifens unterliegt bei der ersten Sichtung auch sicher der überragenden Optik. Voll und ganz konnte mich der etwas vorhersehbare Selbstfindungstrip von „#9“ auch nicht überzeugen und für meinen Geschmack hätte man statt der Action auch ruhig etwas auf die Hintergründe eingehen können. Vermutlich wäre der Streifen mit weniger Kawumm sogar noch besser geworden. Für einen westlichen Animationsfilm ist „#9“ trotzdem sensationell gut ausgefallen und ich bin ja schon gespannt, mit welchem Nachfolgefilm uns Herr Ackern noch überraschen wird.

Die Scheibe aus dem Hause Universal ist ebenfalls sensationell gut und hab nach der Sichtung schon etwas ungläubig auf das DVD-Siegel der DVD geguckt. Wenn die Bildqualität bereits auf DVD schon so gut ausgefallen ist, dann würde mich echt interessieren, wie die Bildqualität dann wohl erst auf Blu-Ray ausgefallen ist. Auch die Synchronisation des knapp 70minütigen Filmes ist sehr gut und im Original kann das Teil auch noch mit den Stimmen von Elijah Wood, Jennifer Connelly, Martin Landau und Christopher Plummer aufwarten. Die deutsche Synchro ist ebenfalls sehr gut gelungen und bietet inklusive Score von Danny Elfman keinerlei Anlass zur Kritik.

Auch im Bonusbereich wartet allerlei interessantes Zeugs auf den interessierten Fan. So gibt es neben einer handvoll unveröffentlichter Szenen in der Rohfassung auch noch den Oscar-nominierten Kurzfilm „9“ aus dem Jahre 2006 mit optionalen Audiokommentar und auch ein sehr interessantes Featurette über den speziellen Look des Filmes, in denen auch die Animatoren hinter den PCs ausgiebig zu Wort kommen. Abgerundet wird das positive Gesamtbild mit weiteren Beiträgen, Audiokommentar, schicker DVD-Verpackung in grün und einem Wendecover.

Unterm Strich ist „#9“ ein sehr interessanter Animationsfilm aus der ungewöhnlichen Perspektive von Jute-Puppen, der ansonsten aber so gar nicht an die üblichen, auf ein junge Publikum zugeschnittene Animationsfilme zu tun hat. „#9“ ist ein düsteres Endzeit-Märchen mit hohen Actionfaktor für ein erwachsenen Publikum, dass neben einer kritischen Story vor allem mit seiner atemberaubenden Optik überzeugen kann. Zwar schon ein bisschen „style over substance“ und auch wenn die Geschichte zu einem gewissen Grad natürlich vorhersehbar ist, so ist der Streifen inhaltlich doch eine Überraschung. Vom Genre und Cover sollte man sich keinesfalls abschrecken lassen und wer – so wie ich – die (animierten) Werke von Tim Burton mag, kann sowieso bedenkenlos zugreifen. 8,5/10 Punkten