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Anfang des 16. Jahrhunderts ist Japan von Kriegen heimgesucht, bei denen unterschiedliche Fürsten mit ihren Generälen und kampfbereiten Männern gegen andere kriegerische Truppen kämpfen. Auch der aus einfachen Verhältnissen stammende Hanzo kämpft für seinen Herrn an vorderster Front und gelangt für seine Tapferkeit sogar zu Ruhm und Ehre. Als sein Herr eines Tages ein Kind bekommt, darf er gemeinsam mit seinem Großvater ein Geburtenritual vollziehen, was jedoch durch ein Ungeschick seines Großvaters gründlich daneben daneben geht. Als der Fürst daraufhin den alten Mann von seinen Männern töten lässt, stellt sich Hanzo gegen den Rest seiner Familie und fällt kurze Zeit später auf einem Schlachtfeld.
Das brutale Vorgehen der fürstlichen Truppen hinterlässt bei den einfachen Bauern jedoch tiefgreifende Spuren und Hanzos Sohn will daher mit aller Kraft verhindern, dass sein Sohn Sadahei ebenfalls im Krieg sein Leben lässt und veranlasst daher bereits in jungen Jahren die Hochzeit mit der gutherzigen aber körperlich-behinderten Okei. Als der Ehe jedoch Nachkommen verwehrt bleiben, überlegt Sadahei jedoch ebenfalls sein ärmliches Leben als Landwirt zurück zu lassen, um für gutes Geld in den Krieg zu ziehen. Als Okei jedoch schwanger wird, verwirft er seinen Plan wieder und als sich auch die Schwester seines Vaters Tatsu die Missgunst des Fürsten zuzieht und beinah deren gesamte Familie von dem Fürsten getötet wird, verwirft er seinen Plan wieder.
Und so vergehen die Jahre, Hanzos Kinder wachsen heran und noch immer ist das Land von Kriegen zerrissen, bei denen zahlreiche Männer aus dem Dorf zum Opfer fallen. Hanzo und Okei leben jedoch immer noch bescheiden und glücklich am Fluss Fuefiki und kümmern sich auch rührend um die von Rachedurst getriebene Tatsu, die mittlerweile zurückgezogen in einer kleine Hütte lebt. Als jedoch Hanzos Kinder heranwachsen, möchte der Älteste gegen den entschiedenen Willen seiner Eltern für den Fürsten in den Krieg ziehen und mit seinen unbedachten Verhalten reißt er die Familie auseinander. Als sich auch die jüngeren Geschwister den Kriegstruppen anschließen, startet die mittlerweile ergraute Okei einen letzten Versuch, ihre Kinder wieder zur Heimkehr zu bewegen...
Die knapp 50 Werke von Kinoshita Keisuke werden in Japan ja frenetisch verehrt, während der Regisseur hierzulande eher noch zu den unbekannteren Regisseuren aus dem Land der aufgehenden Sonne zählt. Das liegt vermutlich auch daran, dass sich Keisuke in seinen zahlreichen Werken auch immer sehr japanischen Themen bzw. der Geschichte seines Landes angenommen hat und diese dann auf die große Leinwand brachte. Die beiden „Carmen“-Filme handeln von der Nachkriegszeit und der Zerrissenheit des Landes zwischen Tradition und Moderne und auch „Eine unsterbliche Liebe“ zeigt sehr eindrucksvoll die Probleme der einfachen Bevölkerung in den 30er Jahren bis zu den Sechzigern.
In „Der Fluss Fuefuki“ dreht Kinoshita Keisuke das Rad aber noch weiter zurück und bringt uns das Leben mehrerer Generationen einer armen Bauerfamilie nahe, die in den Jahren 1521 – 1582 an einer Brücke bzw. am Ufer des Flusses Fuefuki leben und deren einfaches und abergläubisches Leben maßgeblich von Kriegen beeinflusst ist, die zu der Zeit in dem weitläufigen Land getobt haben. Keisuke verfolgt in seinem interessanten Streifen knapp 60 Jahre im Leben der unterschiedlichsten Personen der Familie und umrahmt seine Geschichte mit kurzen Kampfsequenzen zahlreicher Schlachten, bei denen viele Krieger ihr Leben gelassen haben. Das Hauptaugenmerk des Kriegsdramas wird daher nicht auf die Schlachten, sondern eher auf deren Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung gelegt, die zwar für ihre Fürsten in den Krieg ziehen durften, ansonsten aber nichts von dem Annehmlichkeiten am Hof erfahren durften und auch ansonsten immer der Willkür der Obrigkeiten ausgesetzt waren.
Was den Film aber zusätzlich besonders macht, ist die Tatsache, dass Keisuke für „Der Fluss Fuefuki“ ein spektakuläres und stilbildendes Farbverfahren verwendet hat, das man eigentlich sonst nur von nachkolorierten S/W-Filmen kennt. Auch der 1960 entstandene Streifen ist in schwarz-weißen Bildern gedreht worden, jedoch wurden nachträglich Teile der Bilder oder auch ganze Szenen komplett eingefärbt, was dem Film eine absolut interessante Note gibt und mir auch sehr gut gefallen hat. Sieht gerade zu Beginn noch manche Szene so aus, als hätte jemand mit einer Wachskreide in die Bilder gemalt, gewöhnt man sich jedoch schnell an diese außergewöhnliche Art, den Focus seiner Geschichte auf bestimmte Dinge zu lenken und vor allem die Schlachten die in tiefrote Farbe gehüllt werden, sind schon sehr beeindrucken.
Die Geschichte, die sich wie bereits erwähnt über sechs Jahrzehnte erstreckt wird auch immer wieder von Szenen zusammengehalten, in denen eine namenlose Frau ganz in Blau eingefärbt mit einer Totenglocke (wenn ich das richtig verstanden habe) traurige Klagelieder singt. Was man den Film jedoch etwas ankreiden könnte, ist die Tatsache, dass man aufgrund der zeitlichen Spanne von 61 Jahren und den vielen Darstellern doch auch leicht die Übersicht verlieren kann. Es werden Personen eingeführt, die kurze Zeit darauf entweder ermordet wurden oder auf andere Art und Weise verstorben sind. Zwischendurch wird es ja schon ein bissl viel mit Rollennamen und Entwicklungen und wer sich nicht voll auf den Film konzentriert, wird sich früher oder später doch etwas schwer tun.
Bei den Darstellern gibt es ebenfalls nicht viel zu meckern und Keisuke hat wieder einmal auf seine Stammschauspielerin Takamine Hideko zurückgegriffen, die ich in dem mittlerweile vierten Film von ihr, auch schon in mein Herz geschlossen hab. Dachte ich ursprünglich, dass die Dame lediglich über ein kreischendes Stimmorgan verfügt, muss ich mittlerweile neidlos zugestehen, dass die Dame einerseits großartiges Talent besitzt und andererseits auch frei von jeglicher Eitelkeit agiert. Auch Takahiro Tamuro als Bauer Sadahei ist absolut grandios und schafft es mit Leichtigkeit, den Zuschauer auf seine Seite zu ziehen. Highight ist jedoch abermals Yoshi Kató, der Mann mit den wohl traurigsten Blick der Kinogeschichte, der mich auch schon in „eine unsterbliche Liebe“ als Vater von Takamine Hideko begeistert und gerührt hat.
„Der Fluss Fuefuki“ ist als Nummer 10 in der Reihe „Japanische Meisterregisseure“ erschienen und ist mittlerweile das vierte Werk von Kinoshita Keisuke, das ich entdecken durfte. Die Bildqualität ist sehr gut und ist durch die Nach-Kolorierung natürlich ein wahrer Augenschmaus. Laut DVD-Cover festigte dieser Film auch Keisukes Ruf des stilbildenden Visionärs, was wenig verwundert. Da der Streifen nie im deutschsprachigen Raum gelaufen ist, gibt es auch keine Synchro, sodass der interessante Streifen wie üblich mit Untertitel präsentiert wird. Entgegen der Cover-Angaben dauert der Streifen bis zu seinem tragischen Finale jedoch 112 Minuten. Abgerundet wird das positive Gesamtbild wie üblich mit einer stilsicheren Verpackung, dem bereits bekannten Booklet, sowie Trailer zum Film und weiteren Werken aus der empfehlenswerten Reihe.
Kinoshita Keisuke hat mit „Der Fluss Fuefuki“ ein episches Werk über sechs Jahrzehnte und fünf Generationen geschaffen, dass dem geneigten Zuschauer fast zwei Stunden lang das traurige Leben von einfachen Menschen zeigt, die auch die Haupt-Leidtragenden des Krieges sind, in die sie verwickelt werden, ob sie es nun wollen oder nicht. Denn wie der Fluss immer in Bewegung bleibt, so ist auch der Lauf des Lebens unaufhaltsam und jede Entscheidung kann das Leben aller Beteiligten und deren Nachkommen nachhaltig verändern. Ein Film, der im übertragenen Sinn eindrucksvoll die Sinnlosigkeit aller Kriege demonstriert, bei dem immer die Zivilbevölkerung die Personen sind, die am meisten unter dem kriegerischen Treiben zu leiden haben. „Der Fluss Fuefuki“ ist aber auch wieder ein gelungener Beitrag der Serie und für die interessante Farbgebung gibt es einen Punkt extra: 8/10 Punkten
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6700
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