project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Die fünf Grazien Donna, Ann, Celia, Karin und Brenda werden von der englischen Regierung angeworben, um dem akuten Männermangel in Australien entgegen zu wirken. Doch bei der Überfahrt nach „Down Under“ wird das Schiff von chinesischen Piraten gekapert, die Frauen gewaltsam entführt und auf chinesisches Festland verschleppt. Dort werden die Mädchen von den brutalen Piraten in die Obhut des Menschenhändlers Hu-Lau übergeben, der die adretten Frauen gewinnbringend an chinesische Geschäftsmänner verschachern möchte. Damit dieses Unterfangen auch ordentlich Kohle einbringt, müssen die Mädchen zuerst natürlich auf deren Jungfräulichkeit untersucht, und im Anschluss von Ko-Mei-Mei in die Besonderheiten der chinesischen Männer und deren sexuellen Vorlieben eingeweiht werden.
Doch Ko-Mei-Mei und deren Bruder Ko-Pau haben mit Hu-Lau und seiner grausamen Gespielin Tao-Fu ebenfalls noch eine Rechnung offen und Ko-Mei-Mei verbündet sich hinter dem Rücken der Menschenhändler und Piraten mit den fünf entführten Mädchen. Anstatt Matratzen-Akrobatik zu unterrichten, lernt die hilfsbereite Komi-Mei den wissbegierigen Frauen chinesische Kampfkünste und allerlei andere Tricks, die den Mädchen helfen sollen, sich gegebenenfalls ihrer Haut zu erwehren. Schon wenig später erweist sich dieses auch als äußerst hilfreich, als die Mädchen tatsächlich in einer Art Auktion an reiche Geschäftsmänner verkauft werden. Die Frauen lassen sich jedoch nicht unterkriegen und flüchten mit Ko-Pau in ein verlassenes Dorf, wo sie weiter in chinesischer Kampfkunst unterrichtet werden. Als sie jedoch bereits kurze Zeit später von Hu-Lau und seinen Männern aufgespürt werden, kommt es zum erbitterten Kampf….
Unterhält man sich mit einschlägigen Filmfreunden über obskure, unterschätzte und seltene Filme, landet jedes Gespräch irgendwann zwangsläufig bei deutsch-chinesischen Co-Produktion aus dem Jahre 1974 mit dem klingenden Namen „Karate, Küsse, blonde Katzen“. Diese trashige Mischung aus Sex-Komödie a la „Schulmädchenreport“ und erbitterter Kampfsportaction, sorgt seit nunmehr knapp 36 Jahren für absolutes Erstaunen, heruntergeklappte Kinnläden und herrlich verwirrte Blicke. Und allein schon die kurze Inhaltsangabe würde ja eigentlich schon die volle Punktezahl auf der Trashskala rechtfertigen, ohne auch nur eine Minute des Films gesehen zu haben. Doch der ist wiederum so unglaublich unfassbar ausgefallen, dass wohl nicht nur unser allseits beliebter Filmgelehrte Christian Kessler im mitgelieferten Booklet von einem Filmereignis spricht, dass die Kraft hat, Leben maßgeblich zu verändern.
„Karate, Küsse, blonde Katzen“ ist ein Film, der einerseits wohl fassungsloses Entsetzen oder hocherfreute Gemüter auslösen wird. Denn hier kommt zusammen, was eindeutig nicht zusammengehört und ergibt mit zotigen Sprüchen aus der Hochphase der deutschen Synchronisation ein Werk, dass in Punkto Unterhaltungswert wohl jedes vergleichbare Werk aus der Rumpelkammer des schlechten Geschmacks auch um Lichtjahre zurücklässt. Am Trash-Olymp würde „Yang Chi“ – so der Originaltitel - ja trotz immenser Konkurrenz auch mit Leichtigkeit den ersten Platz einnehmen. „Karate, Küsse, blonde Katzen“ ist wohl aber auch ein Werk, wie es dank überirdischer Fügung und einmaliger Konstellation aller Geschmacksgötter wohl auch nur einmal im Laufe der Geschichte entstehen konnte und dessen Unterhaltungswert wohl auf ewig unerreichbar bleiben wird.
Anfang der Siebziger waren ja in deutschsprachigen Raum semi-dokumentarische Sexfilme sehr populär, die unter dem Deckmantel medizinischer Aufklärung wohl das Ziel verfolgten, dem zahlenden und vornehmlich männlichen Publikum die Vorzüge nackter und weiblicher Haut nahe zu bringen. Aber auch chinesische Kampfsportfilme begannen sich langsam in den Kinos durchzusetzen und stießen mit durch-choreografierten Kämpfen und auf reges Publikumsinteresse. Und so kam der findige Regisseur Ernst Hofbauer wohl eines lieben Tages auf die glorreiche Idee, die beiden – gelinde gesagt – doch sehr unterschiedlichen Genres unter einen Hut zu bringen. Und so gab es schon kurze Zeit später die legendäre Zusammenarbeit der Münchner Produktionsfirma Rapid-Film mit den chinesischen Shaw-Brothers. Die Regie teilte sich Ernst Hofbauer dabei mit dem chinesischen Regisseur Kuei Chi Hung, der zuvor schon den umstrittenen Frauenlagerfilm „Das Bambuscamp der Frauen“ von sich reden gemacht hat.
Was den Film jedoch so besonders macht, ist neben der haarsträubenden Geschichte über Menschenhandel, exotische Sexualpraktiken und die wohl körperlichste Form von Radikal-Feminismus, der unvermittelt auf hoffnungslos überforderte Bösewichte trifft, natürlich die mittlerweil e schon legendäre deutsche Synchronisation, die schon in den Anfangsminuten den Zuschauer derart mit zotigen Sprüchen überhäuft, dass man wirklich nur erahnen kann, welche Substanzen im Münchner Synchronstudio FFS seinerzeit auf dem Speiseplan standen. Hier werden auch definitiv keine Gefangenen gemacht und gerade in der ersten Hälfte des Filmes werden alle Möglichkeiten der deutschen Sprachkunst von den Machern auch so richtig ausgeschöpft und auf kreativste Art und Weise mit brachialer Komik vermengt, sodass kein Auge trocken bleiben muss.
Bei den Darstellern stechen natürlich sofort die hübschen Mädchen ins Auge, wobei die sehr großgewachsene Gillian Bray als toughe Brenda im wahrsten Sinne des Wortes alle ihre Mitstreiter und -innen überragt. Der geneigte Fan des europäischen Genre-Cinemas kennt die sympathische Dame übrigens auch aus dem Duccio Tessaris „Das Grauen kam aus dem Nebel“, ein grandios-düsterer Giallo, der es leider bislang noch nicht auf DVD geschafft hat. Hier agiert sie aber derart augenzwinkernd, dass ich es eigentlich schade finde, dass Bray nicht große Karriere gemacht hat. Die deutsche (oder österreichische) Schauspielerin Sonja Jeannine als Donna schaffte es neben einigen Auftritten in italienischen Genre-Produktionen immerhin noch in eine Folge „Tatort“, bevor sie 1982 die Schauspielerei aus welchen Gründen auch immer an den Nagel hängte. Die chinesischen Schauspieler sollen allesamt ja in entsprechenden Kreisen durch ihre Mitwirkung an diversen Shaw-Brothers-Filmen auch recht bekannt sein, wobei mir solche Filme leider mangels Interesse bisher nicht untergekommen sind. Generell agieren aber alle Darsteller für B-Verhältnisse sehr solide, auch wenn die chinesischen Darsteller mit ihren Perücken schon etwas ähm… gewöhnungsbedürftig aussehen.
Bislang gab es dieses absolut einzigartige Werk deutscher Kinokunst leider nur auf VHS, die um entsprechende Preise natürlich gehandelt wurde, wobei in letzten Jahren aber auch eine Kopie auf DVD in einschlägigen Kreisen die Runde machte. Das sympathische Label „Camera Obscura“ hat nun aber das Glanzstück geschafft, dieses Juwel des deutschen Bahnhofkinos (Zitat: DVD-Hülle) endlich in würdigen Form für den aufgeschlossenen Fan zu bringen, wo dieses Teil nun auch in den nächsten 100 Jahren wohl noch so manche Party in Kombination mit der richtigen Getränkekarte rocken wird. Leider zeigte sich die FSK bei seinerzeitigem Kinostart leider von der humorlosen Sorte, sodass dem Teil wohl einige Gewaltspitzen entnommen werden musste, bevor der Film schlussendlich dann ohnehin wegen „Verdachts der Gewaltverherrlichung“ auf den Index gewandert ist. Eine längere oder auch ausländische Fassung wird man von „Karate, Küsse, blonde Katzen“ aber vermutlich nie mehr zu Gesicht bekommen, da die Szenen gemeinhin als verschollen gelten und daher wohl auch nie wieder auftauchen werden. Das ist zwar theoretisch etwas ärgerlich, schmälert aber keinesfalls das Sehvergnügen an dieser Granate von einem Film.
Die bis zuletzt äußerst rare VHS-Videokassette dieser Kung-Fu-Sex-Klamotte kann man ab August 2010 aber nun endgültig zur Rente ins Regal stellen und auch die Kopie desselben auf DVD getrost in die Tonne kloppen, denn alle die das Teil bisher lediglich in dieser Form kannten, werden bei Einlegen der DVD natürlich große Augen machen. Die Bildqualität ist für einen B-Schinken dieser Art eigentlich sensationell gut und bietet keinerlei Anlass zur Kritik. Auch der Ton der deutschen Synchro ist gut, wobei sich offensichtlich leider keine weitere Sprache aufzutreiben war. Neben einer äußerst hübschen Aufmachung der DVD inklusive Schuber und einem Booklet mit einem kurzen Text von Christian Kessler gibt es als Bonus noch die alte und auf 50 Minuten zurecht-geschnippelte Super-8-Fassung, sowie eine kurze Bildergalerie mit Werberatschlag und Bildern aus dem Film. Abgerundet wird diese äußerst empfehlenswerte und vor allem liebevoll gestaltete VÖ mit dem deutschen Trailer.
Unterm Strich ist „Camera Obscura“ mit der Veröffentlichung von „Karate, Küsse, blonde Katzen“ ein ganz großer und vor allem vollkommen überraschender Wurf gelungen. Der Streifen ist nicht nur ein vollkommen unpackbarer Genre-Zwitter aus Sex-Klamotte und Kung-Fu-Action, sondern laut Ansicht des Amtsgerichts München aus dem Jahre 1974 ein „Machwerk primitivster Art“ mit einer „inhumanen Gesinnung“. Schöner und treffender könnte man diesen herrlichen Film-Spaß, der dafür jedoch überraschend harmlos daherkommt dann auch gar nicht beschreiben. Nur der extrem hohe Unterhaltungs-, Trash- und Spaßfaktor von Ernst Hofbauers und Chin-Hung Kueis Werk hat sich den werten Damen und Herren damals wohl leider nicht erschlossen. „Karate, Küsse, blonde Katzen“ ist ein absolut unpackbares und herrlich abgedrehte Stück deutscher Kinogeschichte, das jetzt endlich auch in einer würdigen Form veröffentlicht wird. „Karate, Küsse, blonde Katze“ bietet alles, was das Exploitation-Herz begehrt und nimmt auf etwaige Erwartungshaltungen des Zuschauers erst gar keine Rücksicht. Unterhaltsamer ist die totbringende Wirkung von Oliven vorher und nachher auch nie wieder verfilmt worden und nach einem herkömmlichen Punktesystem mag man diesen herrlich- unglaublichen Film und die wohl empfehlenswerteste Veröffentlichung des Jahres dann eigentlich auch gar nicht mehr bewerten.
Beitrag geändert von jogiwan (06.August 2010 16:33:05)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6809
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