project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Der junge Student Jiro (Keisuke Koide) ist von der Provinz nach Tokyo gezogen, arbeitet in einem Fastfood-Laden und führt ein normales – wenn auch etwas isoliertes Leben. Als er wie üblich seinen 20. Geburtstag alleine in einem italienischen Lokal feiern möchte, taucht auf einmal ein Mädchen (Haruka Ayase) auf, dass mit ihrem unkonventionellen Verhalten seine geplante Tagesplanung ordentlich durcheinander bringt. Die beiden lachen, scherzen und Jiro verliebt sich Hals über Kopf in das etwas seltsame, aber doch sehr liebenswerte Mädchen, dass so herzlich wenig von gesellschaftlichen Normen hält. So schnell wie sie gekommen ist, ist das attraktive Mädchen am gleichen Abend auch schon wieder verschwunden und scheinbar vom Erdboden verschluckt.
Ein Jahr vergeht und Jiro hat vergeblich darauf gewartet, das Mädchen wieder zu sehen. An seinem 21. Geburtstag kommt es abermals zu einem Wiedersehen. Doch der Geburtstag läuft vollkommen anders als geplant, als ein Amokläufer in dem Lokal beinahe eine Katastrophe auslöste. Nur durch das beherzte Eingreifen der Frau wird Jiro vor schwereren Verletzungen bewahrt und zuhause angekommen, erzählt die Frau eine schier unglaubliche Story: Jiro selbst hat den weiblichen Cyborg aus der Zukunft geschickt um sich selbst vor gefährlichen Situationen zu bewahren und auch wohlwollend in den Schicksalen anderer Menschen einzugreifen. Der weibliche Roboter soll Jiro als Bodyguard auf seinem weiteren Lebensweg begleiten und dadurch auch eine Seele bekommen.
Jiro ist naturgemäß überrascht, genießt jedoch schon bald die Vorteile, die ein weiblicher Cyborg so mit sich bringt. Mit ihren übermenschlichen Kräften und allerlei sonstigen Fähigkeiten ist das Mädchen auch der ideale Begleiter für jegliche Alltagssituationen und rettet Jiro und sein Umfeld vor Unfällen und sonstigen Verbrechen. Weiters erfüllt sie ihm seinen größten Wunsch, sein durch ein Erdbeben zerstörte Heimatgemeinde und seine geliebte Mutter durch eine Zeitreise wiederzusehen. Doch als sich Jiro in den weiblichen Roboter verliebt, fangen die Probleme erst richtig an und auch das Schicksal wartet noch mit einer gigantischen Katastrophe auf den jungen Studenten, seine weibliche Begleitung und die gesamte Menschheit…
Dass asiatische Filmemacher einen an der Waffel haben und den Zuseher immer wieder mit ungewöhnlichen Werken und Genre-Mixen überraschen ist ja eigentlich nichts Neues. Und auch „Cyborg she“ des koreanischen Regisseurs Jae-young Kwak ist da wieder einmal keine Ausnahme. Anscheinend war Kwak von Landsmann und Ausnahme-Regisseur Park-chan Wooks „I´m a cyborg, but that´s ok“ aus dem Jahre 2006 so inspiriert, dass er zwei Jahr später wohl seine eigenen Fassung von seltsamen Menschen und weiblichen Robotern in Ausnahmesituationen in die Kinos brachte. „Cyborg She“ ist jedoch natürlich keine Kopie und hat mit Wooks Streifen auch wenig zu tun, sondern ist ein mehr als ungewöhnliches und eigenständiges Werk, in dem der Regisseur auch wieder so richtig aufdrehen kann und dessen Finale die Welt nicht nur im sprichwörtlichen Sinn erschüttert.
Die Geschichte von „Cyborg she“ ist ja schon ziemlich schräg und vor allem unkonventionell ausgefallen. Ein wohlhabender, aber an den Rollstuhl gefesselter Wissenschaftler schickt einen Cyborg durch die Zeit um sein früheres Ich vor der Verletzung zu schützen und auch in anderen Schicksalen einzugreifen. Dabei soll der seelenlose Roboter von dem gutherzigen Jiro auch noch allerlei über das Leben und die Liebe lernen. Das jeder Eingriff die Zeit verändert ist ja mittlerweile klar und es ist eigentlich ein lustiger Zufall, dass ich mich erst in meinem letzten Text zu dem ebenfalls empfehlenswerten Anime „Das Mädchen, dass durch die Zeit sprang“ ebenfalls mit der Thematik der Zeitreisen auseinandergesetzt hab. Im Gegensatz zu dem vorrangegangen Streifen, bleiben die Eingriffe in die Zeit in „Cyborg She“ jedoch scheinbar ohne gröbere Konsequenz, was sich jedoch nicht ganz mit dem allseits bekannten „Großvaterparadoxon“ vereinbaren lässt.
Damit man sich aber erst gar nicht zu sehr mit den Logiklöchern und Unwahrscheinlichkeiten von Zeitreisen und der eigentlichen Geschichte auseinandersetzten musst, fackel Jae-young Kwak ein wahres Action- und CGI-Feuerwerk ab, dass den Zuschauer kaum zum Durchatmen kommt. Die vielen Ideen und Film-Stile, die hier ohne Rücksicht auf Verluste verbraten werden, sind schon schier unglaublich. So fühlt man sich zeitweise in einer humorvollen Teenager-Variante von Camerons „Terminator“ versetzt, dessen Eingangssequenz auch sympathisch auf die Schippe genommen wird. Doch „Cyborg She“ ist nicht nur actionreich, sondern auch romantisch und kömödienhaft und driftet im letzten Drittel gar noch in Emmerich´sche Katastrophenszenarien ab. Und wer Kwak´s Streifen „my sassy girl“ kennt, weiß ohnehin, dass das dicke Ende ohnehin erst am Schluss serviert wird.
Trotz aller Genre-Mixereien, Logik-Löcher und Unwahrscheinlichkeiten in der Story muss man Regisseur und Drehbuch-Autor Jae-young Kwak aber neidlos zugestehen, dass er mit dem 2008 entstandenen Streifen ein wirklich unterhaltsames und vor allem kurzweiliges Werk geschaffen hat, den man auch Kitsch, Gefühlsduselei und Episodenhaftigkeit gerne entschuldigt. Nach den ersten und vor allem noch leiseren Momenten ist es spätestens mit dem zweiten Erscheinen des Cyborgs mit der Ruhe endgültig vorbei und der koreanische Filmemacher dreht so richtig auf und kann in knapp 115 Minuten seine Trümpfe und künstlerische Kreativität so richtig ausspielen. Denn wo sich andere Filmemacher nur auf CGI verlassen, hat Kwak auch noch eine herzerwärmende Geschichte am Start, die nicht nur mit allerlei Überraschungen aufwartet, sonder vor allem auch technisch noch makellos umgesetzt wurde.
Aber man muss es schon mögen, dass „Cyborg-She“ alle paar Minuten das Genre wechselt und der Film in eine andere und unerwartete Richtung kippt, sonst könnte man als Zuschauer schon mal leicht überfordert wirken. Es schadet auch sicher nicht, wenn man im Vorfeld schon ein paar Streifen aus dieser Ecke gesehen hat. Ich hatte jedoch keine Probleme mit der Geschichte anzufreunden und gut unterhalten zu werden. Die sympathischen Rollen, die von den Jungstars Karuka Ayase, die der geneigte Fan aus dem Remake von „Ichi – die blinde Schwertkämpferin“ und Kaisuke Koide auch grandios gespielt werden, sind einfach so liebevoll gezeichnet, dass ich über alle sonstigen Ungereimtheiten auch gerne hinwegsehen kann.
Die DVD aus dem Hause REM bringt diesen kurzweiligen Streifen und DVD-Deutschland-Premiere aus dem Jahre 2008 in der „Edition Asien“, in der schon die ein oder andere Perle schon erschienen ist, bzw. noch erscheinen wird. Die Bild- und Ton-Qualität empfand ich persönlich als sehr gut, auch wenn im Netz diesbezüglich die ein- oder andere Meinung kursiert. Da sich eine aufwändige Synchro jedoch vermutlich niemals rentieren würde, gibt es „Cyborg she“ jedoch nur in der Originalversion mit deutschen Untertiteln, was jedoch für den erfahrenen Asia-Fan ohnehin kein Problem darstellen sollte. Als Bonus gibt es noch den Trailer und ein „Making of“ unter dem Titel „Guide to Cyborg She“. Das Ganze kommt dann im Wendecover und auch noch zum günstigen Preis, sodass man als Fan solcher Streifen bedenkenlos zugreifen sollte.
Und wer es noch immer nicht gerafft hat, ich persönlich finde „Cyborg she“ so richtig klasse. Ein komplett gegen europäische Sehgewohnheiten gebürstetes Filmvergnügen, dass mit tausenden Ideen und optischen Spielereien aufwartet und nebenher auch noch sämtliche Genres abklappert. Herausgekommen ist ein Werk, das sich kaum in Worte fassen lässt und trotz kleinerer Mängel und einer Extraportion Zuckerguss zu überzeugen vermag. Die ungewöhnliche Geschichte ist technisch perfekt umgesetzt und bietet dank der sympathischen Darsteller bis zum Happy-End eine Reise quer durch die menschlichen Gefühlszustände. „Cyborg she“ ist von A bis Z ein ungewöhnliches Sehvergnügen und trotz unterschiedlichster Zeitebenen zu jeder Sekunde absolut unterhaltsam. Rockt ohne Ende und ist einfach geil! 9/10
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review - ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=6565
Fand den auch sehr Klasse!
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hmmm.. ich hab mir jetzt gerade überlegt, dass 9 Punkte vielleicht doch etwas zuviel sind. Vielleicht magst du das beizeiten ja noch auf "8" abändern... sorry
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jogiwan schrieb:
hmmm.. ich hab mir jetzt gerade überlegt, dass 9 Punkte vielleicht doch etwas zuviel sind. Vielleicht magst du das beizeiten ja noch auf "8" abändern... sorry
Ok, kein Problem.
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