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#1 08.July 2009 16:30:05

jogiwan
drama-princess
Ort: graz (austria)
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Beiträge: 2256

alucarda

Schon die Geburt von Alucarda (Tina Romero) steht unter einem schlechten Stern. Denn nach der Geburt drückt ihre eigene Mutter das neugeborene Mädchen der anwesenden Hebamme in die kralle, damit diese das Kind in die Obhut von Nonnen übergibt. Doch nicht fehlende Mutterliebe ist der Grund, sondern viel mehr eine übersinnliche Macht, die auch schon wenige später die ohnehin durch den Geburtsvorgang geschwächte Mutter durch seltsame Geräusche und Keuchen ins Jenseits befördert. Doch von alle dem bekommt Klein-Alucarda, die sich zu diesem Zeitpunkt schon längst auf den Weg ins Kloster befindet, nichts mehr mit. Fünfzehn Jahre später ist Alucarda trotz ihrer etwas seltsamen Umgebung zu einer jungen Frau gereift. Das sie ausschließlich schwarze Klamotten trägt und den lieben langen Tag gar finster dreinblickt ist in diesem Alter auch nicht verwunderlich.

Eines Tages erreicht auch die hübsche Justine (Susana Kamini) die Mauern des Klosters. Hier soll sie inzwischen betender Nonnen den tragischen Unfalltod ihrer Eltern vergessen. Das Zimmer teilt sie sich  mit der eingangs erwähnten Alucarda, mit der sich Justine auch rasch anfreundet. Vielleicht sogar eine Spur zu sehr, ist in dem Verhalten der beiden doch schon eine Tendenz zur gleichgeschlechtlichen Liebe erkennbar. Doch anstatt sich gegenseitig die Textilien vom Leibe zu reißen, unternehmen die beiden aufgeweckten Mädchen lieber Ausflüge in der nahen Umgebung, die ohne weiteres als surreal zu bezeichnen ist. Bei einem ihrer Ausflügen treffen die beiden Mädchen auf fahrende Händler und Zigeuner, die ihnen natürlich gleich allerlei Ramsch andrehen wollen. Alucarda ist begeistert, während Justine doch etwas distanzierter erscheint. Als ihr eine Zigeunerin aus der Hand lesen möchte, schreckt diese Zusammen und verweigert eine genauere Prophezeiung in Hinblick, dass sie in der an sich gepflegten Handfläche ohnehin nur Tod und Dunkelheit erkenn könne. Doch wer interessiert sich schon in diesem Alter für die Zukunft und so schenken auch die beiden Mädchen dem ganzen Geschehen keine weitere Beachtung.

Kurz drauf entdecken die Beiden ein verlassenes Haus, das die beiden mit seiner morbiden Atmosphäre spontan veranlasst, einen Freundschaftstreueschwur auf Leben und Tod zu schwören. Als Alucarda auch noch einen Sarg entdeckt, öffnet sie diesen in ihrem jugendlichen Überschwang, ohne die Konsequenzen zu bedenken. Denn in dem Sarg liegt die eingangs erwähnte Mutter und mit der Störung ihrer Totenruhe wird unglücklicherweise auch die böse Macht wieder zum Leben erweckt, welche sogleich von den beiden unschuldigen Mädchen Besitz ergreift. Die beiden Mädchen verändern sich und während eines gemeinsamen Gebetes mit den Nonnen geben sie satanistische Boshaftigkeiten von sich. Die anwesenden Nonnen sind schockiert und holen den Abt, der aufgrund des seltsamen Verhaltens natürlich sofort einen bösen Dämon diagnostiziert. Der soll den beiden unschuldigen Mädchen auch sogleich mit Hilfe eines blutigen Exorzismus-Rituals wieder ausgetrieben werden. Mit nervigen Gebeten, Weihwasser und Folterrequisiten wird auch sogleich zur Tat geschritten.

Unglücklicherweise erweist sich der Dämon im Gegensatz von Justine auch äußerst resistent, was zur Folge hat, dass der zufällig anwesende Dr. Oszek (Claudio Brook) spontan den Exorzismus unterbricht, um die geschundenen Mädchen zu retten. Zu spät, denn Justine ist so geschwächt, dass sie trotz des beherzten Einschreitens des Arztes kurze Zeit nach den Folterungen verstirbt. Die ebenfalls drangsalierte Alucarda wird von Dr. Oszek zu sich nach Hause gebracht, wo sie seiner blinden Tochter Daniela Gesellschaft leisten soll. Doch Justine kehrt von den Toten zurück, um ordentlich Rache an den Klosterbewohnern zu üben und auch Alucarda ist mächtig sauer und dreht mir neu-erworbenen pyrotechnischen Fähigkeiten im Kloster so richtig auf. Mit Daniela im Gepäck killt das böse Mädchen jeden, der sich ihr in den Weg stellt. Ein flammendes und vor allem blutiges Inferno nimmt seinen Lauf...

Es gibt ja seltsamerweise immer wieder relativ unbekannte Filme, die es jedoch mühelos schaffen, selbst einen versierten Horrorfan in den Zustand der entzückten Verwunderung zu transferieren. Und „Alucarda“ ist ohne Zweifel eines dieser Werke, das aus dem Nichts zu kommen scheint und den aufgeschlossenen Zuschauer in mehrfacher Hinsicht überrascht. Vermutet man sich angesichts des eher billigen Anfangs noch in einem trashigen Werk aus den Siebzigern, dreht Regisseur Juan Lopez Moctezuma im Final aber so derart auf, dass man aus dem Staunen gar nicht mehr rauskommt. Und aus der eher einfachen Geschichte über zwei besessene Satanstöchter wird im Nu ein flammendes Inferno voller alptraumhafter Szenen, die aus „Alucarda“ einen absolut grandiosen Vertreter des mexikanischen Kinos für den Trashologen im optischen und apokalyptischen Stil eines Alejandro Jodorowskys.

Die Geschichte über die zwei Klosterschülerinnen, die von einem Dämon besessen werden und dann unartige Dinge von sich geben ist ja auch nicht wirklich brandneu. Wenn man den Film zum ersten Mal sieht, kommt einem auch sicher sofort William Friedkins „Exorzist“ und Brian de Palmas „Carry“ in den Sinn. Doch das Werk von Herrn Moctezuma ist natürlich nicht großes Kino für die Massen, sondern ein cooles Werk für Fans von obskuren Filmen. In „Alucarda“ bekommt der Fan auch alles, was man sich an einem schundigen B-Movie wünscht. Zwei diabolische Mädchen, eine Prise Nunploitation, Sex und Gore, ein seltsamer Waldgeist und selbst der Leibhaftige persönlich hat einen kurzen Auftritt. Und weil das alles noch nicht reicht gibt es eine seltsame Grotte voller Jesus-Figuren, die so derartig bizarr ausgefallen ist, dass man es schon gesehen haben sollte.

Was einen an „Alucarda“ auch am meisten verwundert, sind die surrealen Kulissen und ungewöhnlichen Einfälle, die für einen Film dieser Machart meines Erachtens schlichtweg sensationell ausgefallen sind. Sowieso wirkt alles komplett entrückt und wie aus einem bizarren Alptraum entnommen. Die Nonnen tragen blutverschmierte Kutten und geiseln sich selbst. Auch die Erlebnisse der beiden Mädchen wirken alles andere als real und die Orgie und das Finale toppt ohnehin alles. Denn wenn Justine aus einem blutdurchtränkten Sarg emporsteigt und Alucarda die Höhle voller Jesusfiguren in Flammen aufgehen lässt, dann bleibt wohl kein Auge trocken und keine Kinnlade oben. Zuviel möchte ich an dieser Stelle über diese Granate des sleazigen Nunploitation-Genres auch gar nicht verraten, das sollte man auch selbst gesehen haben.

Doch natürlich ist nicht alles ist gelungen und einen Faible für Trash sollte man schon mitbringen, dann macht der Film aber auch richtig gute Laune. Die Darsteller sind teilweise natürlich gröbstens überfordert und auch Alucarda kann zwar mächtig böse gucken, laut kreischen und hat eine beeindruckende Wallemähne, aber das war es dann auch schon. Auch die Geschichte ist natürlich arg einfach ausgefallen und bietet nur die Rahmenhandlung für die alptraumhaften Bilder, die natürlich das Herzstück des Filmes sind. Hier merkt man auch deutlich die Nähe zu Regisseur Alejandro Jodorowsky, zu dessen Freundeskreis auch Herr Moctezuma zählt, auch wenn dessen emotionale Wucht und ausgeklügelte Bilderwelten in „Alucarda“ natürlich nicht erreicht werden.

Das dieser empfehlenswerte Streifen aus dem Jahre 1978 nun auch auf Deutsch erhältlich ist, ist natürlich wieder einmal CMV-Laservision zu verdanken. Die bringen diese Granate erstmalig in deutscher Sprache in guter Bildqualität. Womit wir auch schon beim einzigen Manko sind. Denn so lohnenswert es auch ist, obskure Streifen neu synchronisieren zu lassen, so zwiespältig ist diese leider ausgefallen. Klar, das für so ein Werk und für ein kleines Label natürlich nicht die große Kohle zur Verfügung steht und die Absatzzahlen vermutlich auch keine teure Synchronisation rechtfertigen würde. Trotzdem klingt die deutsche Synchro so lahmarschig und teilnahmslos eingesprochen, dass ich permanent auf die englische Tonspur wechseln wollte. Da klingt dann auch der Waldschratt wesentlich lustiger. Das ist wirklich schade und zerstört so in der deutschen Darreichungsform leider sehr viel der eigentlich sehr tollen Atmosphäre. Zum Glück gibt es allerdings Untertitel und auch die englische Tonspur sollte für die meisten keine große Herausforderung darstellen.

„Alucarda“ ist ein absolut obskurer, kurzweiliger und absolut stimmiger Film über zwei Satanstöchter, der in dieser Form wohl auch nur aus Mexiko stammen kann. Blutig, obszön, psychedelisch-bunt und mit vielen bizarren Einfällen, die den Zuschauer auch über die gesamte Laufzeit von 75 Minuten sehr gut bei Laune halten. Ein bisschen Besessenheit, ein paar seltsame Nonnen und viel Blut, Sex, Feuer und Gekreische ergeben einen spaßigen Partyfilm der sympathischen Sorte, der - auch wenn die deutsche Synchro meines Erachtens leider nicht so gelungen ist – in keiner gepflegten Sammlung fehlen sollte. Meinen schlechten Geschmack hat Herr Moctezuma mit seiner Mischung aus sleazigen Nunploitation, diabolischer Besessenheit und alptraumhaften Bildern jedenfalls genau getroffen. Mit etwas mehr Kohle in der Tasche hätte aus dem Film auch etwas ganz Großes werden können. So bleibt „Alucarda“ halt eher den Freunden von gepflegten B-Movies vorbehalten. Macht ja aber auch nichts! Orgien, gequälte Nonnen, Blut und Beuschel – die Töchter der Finsternis wissen, was der Zuschauer sehen will und so gebe ich an dieser Stelle auch gerne 8,5 von 10 Punkten für diese grandiose Perle des mexikanischen Exploitation-Genres Prädikat: besonderes feurig!


It´s fun to stay at the YMCA...

*** Gretl... the prince !!! ***

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#2 09.July 2009 12:39:00

chilidog
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Re: alucarda

@ Jochen,

Review ist nun auch Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=5382

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