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#1 30.June 2009 09:35:58

jogiwan
drama-princess
Ort: graz (austria)
Registriert: 23.January 2006
Beiträge: 2256

J.C.V.D.

Der 47jährige Actionstar Jean-Claude van Damme kommt nach zwei durchwachten Nächten und einem enervierenden Sorgerechtsprozess um seine Tochter in L.A. am Flughafen in Brüssel an um in seinem Heimatland ein paar Urlaubstage zu verbringen. Doch schon die Fahrt vom Flughafen in die Stadt wird dank einer nervigen Taxifahrerin alles andere als erholend. Als JCVD auch noch erfährt, dass ein Scheck geplatzt ist und seine Rechtsanwälte das Mandat niederlegen möchten, fährt er auf dem schnellsten Weg zu einer Postfiliale um das notwendige Geld zu überweisen.

Dummerweise wird diese Filiale aber gerade von 3 Kriminellen ausgeraubt, denen die weltbekannte Geisel natürlich gerade gelegen kommt. Es kommt zu einem Schusswechsel und die Postfiliale wird von der Polizei belagert. Da Jean-Claude natürlich schauspielerische Erfahrungen vorzuweisen hat, wird er von den drei Gangstern mittels entsicherter Waffe beauftragt mit dem Polizisten Bruges die entsprechenden Verhandlungen zu führen. Diese nehmen daraufhin fälschlicherweise an, das Jean-Claude selbst die Filiale überfallen hat. Auch die Medien stürzen sich natürlich wild auf diese Geschichte und während sich weitere Fans des Schauspielers vor der überfallenen Filiale versammeln spitzt sich die Lage innerhalb des Gebäudes immer mehr zu...

Über den 1960 geborenen, belgischen Kampfsportler und Schauspieler Jean-Claude van Damme (eigentlich Jean-Claude Camille Francois Van Varenberg) muss eigentlich nicht mehr viel gesagt werden. Jeder, der die 80er und 90er bewusst mitbekommen hat, wird den Karatesportler und Schauspieler in all seinen Höhen und Tiefen mitbekommen haben. Selbst wenn man sich wie ich gar nicht einmal für Actionfilme interessiert. Jean-Claude war neben Michael Dudikoff, Silvester Stallone, Arnold Schwarzenegger, Chuck Norris, Dolph Lundgren und Steven Seagal wohl der bekannteste Schauspieler aus der Kampfsport-Kiste und hat tausende Bösewichte besiegt, gegen Roboter gekämpft, ist in den Krieg gezogen und durch die Zeit gereist. Doch es hat fast 25 Jahre und über 30 Filme gebraucht, um eines zu beweisen: Jean-Claude van Damme kann neben eindrucksvollen Karatetricks auch etwas völlig Unerwartetes: schauspielern!

Tatsächlich! Unter der Regie des französischen Regisseurs Mabrouk El Mechri läuft der Actionstar zu wahrer Höchstform auf, persifliert sich und sein Lebenswerk auf humorvolle Weise und schafft mühelos den Spagat zwischen handfester Action und seriöser Schauspielerei. In „JCVD“ wird der belgische Nationalheld aber nicht – wie man vielleicht annehmen könnte - genüsslich demontiert, sondern ironisch auf die Schippe genommen. Denn im Gegensatz zu seinen Action-Kollegen, die entweder aus dem Blickfeld der Zuschauer verschwunden sind, zu mimiklosen Botox-Monstern oder herzkranken Politikern geworden sind oder an Grenzübergängen mit Steroiden und Anabolika erwischt werden, schafft es Jean-Claude van Damme in „JCVD“ einen ironischen Blick auf sein Lebenswerk zu werfen, dass dank Natürlichkeit und Selbstreflektion erfrischend unpeinlich ausgefallen ist. Und so entstand auch dank Regisseur und Drehbuchautor El Mechri vollkommen überraschend ein augenzwinkerndes, semi-autobiografisches Werk mit teils-improvisierten Szenen aus dem Alltag eines Action-Heldens, das sowohl Fans und Nicht-Fans des Schauspielers friedlich vereinigen wird.

Seit dem überraschenden Erfolg des Streifens „Bloodsport“ im Jahre 1988 ist der in Brüssel geborene Schauspieler ja aus keiner Videothek mehr wegzudenken. Kein Move zu schwierig, kein Drehbuch zu schlecht, kein Dialog zu hölzern, als das es nicht mit Jean-Claude realisierbar gewesen wäre. Jean-Claude van Damme schaffte den Durchbruch in Amerika, brachte John Woo nach Hollywood, war der Actionheld einer ganzen Generation und die Damenwelt lag dem muskulösen Europäer ebenfalls zu Füssen. Doch wo Licht ist, ist bekanntlich auch immer Schatten und neben schlechten Drehbüchern und widrigen Drehumständen hatte Jean-Claude auch noch mit einer Drogensucht, negativen Schlagzeilen und Beziehungsproblemen zu kämpfen. Auch der im Film erwähnte Sorgerechtsprozess hat in ähnlicher Form tatsächlich im Leben des Schauspieler stattgefunden.

Zugegeben, eigentlich mag ich ja keine Action-Filme und hätte mir vor ein paar Monaten noch jemand erzählt, das sich einen Streifen von Jean-Claude van Damme anschauen würde und den sogar noch gut finden würde, dann hätte ich diese Person wohl ohne Weiteres für verrückt erklärt. Denn auch wenn ich Trash liebe und die meisten der Action-Klopper wohl ohne Weiteres dem Trash zuzuordnen sind, so würde ich  mir wohl nicht freiwillig und ohne entsprechender Alkoholzufuhr im Vorfeld einen derartigen Streifen anschauen.

Mabrouk El Mechri schrieb das Drehbuch zum Film, nachdem die Produzenten mit Jean-Claude van Damme vereinbart hatten, dass er sich selbst in dem Streifen spielen würde. Die ersten Fassungen waren jedoch zu komödiantisch und nicht auf seine Person zutreffend, sodass einige Ideen wurden wieder verworfen. El Mechri vereinbarte, dass er sich vor seinem finalen Entwurf der Story mit den Schauspieler treffen konnte um in Gesprächen die Person van Damme näher kennen zu lernen. Doch zu einigen Szenen gab es keine genauen Dialoge, sondern der Regisseur ließ seinen Hauptdarsteller einfach improvisieren. Und so entstand die wohl beeindruckendste Story, in der van Damme in einer Art Monolog aus einer Szene heraus über sein Leben referiert. Auch in weiteren Szenen ließ der Regisseur dem belgischen Schauspieler in der Wortwahl völlig freie Hand um möglichst authentisch zu bleiben.

Dabei beginnt der Film eigentlich ganz handelsüblich mit einer durchchoreografierten Szene in der Jean-Claude wie üblich wieder einmal reihenweise seine Gegner platt macht und sich durch ein Kriegsszenario bewegt. Doch schon Sekunden später sieht der Zuschauer, dass der Shot daneben geht und der Schauspieler beklagt sich beim fremdsprachigen Regisseur, dass er mit 47 Jahren für solche Szenen einfach zu alt sei. Doch der interessiert sich gar nicht für die Belange seines Stars. Wenig später auf dem Weg zur Post sieht man ebenfalls die Schattenseiten des Starseins, in dem der geneigte Fan natürlich immer erwartet, dass sein Star natürlich höflich, hilfsbereit und jederzeit für Fotos und Autogrammwünsche bereit steht. Das dieser vielleicht den Kopf voller andere Dinge hat und mit alltäglichen Problemen belastet wird, ist für den Fan natürlich nicht ersichtlich.

Was danach folgt ist eine Mischung aus zeitgemäßen Action-Kino, Drama und Episodenfilm, in der El Mechri mehrere Szenen aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. So ist ein Handlungsstrang die Arbeit der Polizei, während ein anderer Handlungsstrang die Sichtweise von Jean-Claude beschreibt. Dabei gibt es immer wieder ironische Seitenhiebe auf das Filmbusiness und Szenen, in denen der Schauspieler beklagt, dass die Gewalt im Film mit der Realität herzlich wenig zu tun habe. Denn Jean-Claude ist in „J.C.V.D“ kein unverletzlicher Superheld, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut und wenn dann der Schauspieler auch noch Bedenken äußert, aus der ganze Sache unbeschadet rauszukommen und seine Eltern herangekarrt werden, dann hat der Zuschauer schon längst vergessen, dass es sich bei dem überraschend gut funktionierenden Film nur um ein fiktives Werk mit autobiografischen Zügen handelt.

Die DVD aus dem Hause Koch beschert und diesen ungewöhnlichen Film nun in einer schönen Edition mit massig Bonusmaterial. Der Hauptfilm kommt in sehr guter Bild und Tonqualität in der französischen Originalvariante bzw. einer deutschen und englischen Synchronisation, sowie deutschen Untertiteln und interessanten Audiokommentar von Regisseur Mabrouk El Mechri. Auch das Bonusmaterial auf dem zweiten Silberling kann voll überzeugen. So gibt es neben einem Making-Of auch noch ein 52minütiges Feature, in dem Jean-Claude van Damme aus seinem Leben erzählt. Dabei wirkt er mir persönlich aber auf Dauer gar zu menschlich und einfach gestrickt. Ein paar Teaser, geschnittene Szenen (wahlweise mit Audiokommentar) sowie ein humorvolles Sychnro-Outtake der deutschen Stimme von Charles Rettinghaus runden das Gesamtbild harmonisch ab.

Unterm Strich ist Mabrouk El Mechri ein sehr ungewöhnlicher Film gelungen. Ein schauspielerischer Überraschungsangriff eines Actionstars, mit dem wohl niemand in der Form gerechnet hat. Eine gelungene Mischung aus Action, Humor, Authentizität, Fiktion und ironischer Betrachtung des Lebenswerkes eines Mannes, der von Brüssel auszog um die Welt zu erobern. Und wenn jemand als Nicht-Action-Fan einmal einem Steifen mit Jean-Claude van Damme von sich aus und ohne Androhung von körperlicher Gewalt gut und gerne 8 Punkte vergibt, dann ist das schon etwas ganz Besonderes. Die Lobeshymnen im Vorfeld und auch der Einsatz bei diversen Festivals sind jedenfalls absolut gerechtfertigt.  „J.C.V.D.“ rockt, macht Laune und zeigt seinen Hauptdarsteller in einem neuen, vollkommen unerwarteten Licht. Da bleibt eigentlich nur noch abzuwarten, welche Überraschungen Herr van Damme in Zukunft noch für uns bereit hält. Und glaubt mir – da kommt noch was...


It´s fun to stay at the YMCA...

*** Gretl... the prince !!! ***

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#2 01.July 2009 17:29:51

chilidog
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Re: J.C.V.D.

@ Jochen,

vielen Dank für das tolle Review!!! Ist auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=5385

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