project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Der 32jährige August kommt nach einigen Jahren als Missionar im Ausland wieder in seine Heimat zurück. In jungen Jahren hat er und seine Schwester Christina die Eltern durch einen Unfall verloren und waren auf sich alleine gestellt. Christina lernte Charlie kennen, durch den sie im Pornobusiness gelandet ist. Dort hat sie unter dem Namen „Princess“ eine eindrucksvolle Karriere gestartet und Charlie und seiner Produktionsfirma „Paradise Lust“ ein Vermögen beschert. Doch Christina wurde schwanger und bekam die kleine Mia um die sie sich jedoch aufgrund ihrer Arbeit nicht wirklich kümmerte. Dadurch kam es zum Streit mit August, der daraufhin ins Ausland ging und seine Schwester zurück ließ.
Nun ist August wieder zurück und will das gut machen, was er vor Jahren versäumt hatte. Er will die mittlerweile 5jähige Mia zu sich holen. Doch das kleine Mädchen ist in einem Umfeld von Pornografie und käuflicher Lieber herangewachsen, welches in der Seele des kleinen Mädchen Spuren hinterlassen haben. Mia ist verschlossen und August findet nur sehr langsam Zugang zu dem verstörten Mädchen. Denn „Princess“ ist trotz ihres Ablebens noch immer sehr präsent. Von einschlägigen Magazinen und in Auslagenscheiben lacht die verstorbene Darstellerin den kauffreudigen Männern entgegen.
Doch August möchte das Kind verständlicherweise vor solchen Eindrücken schützen, kontaktiert die Produktionsfirma „Paradise Lust“ und verlangt, dass sämtliches Material seiner verstorbenen Schwester nicht mehr verwendet wird. Doch die Verantwortlichen denken nicht daran, ihre erfolgreichste Darstellerin kommerziell nicht mehr zu nutzen. Als August außerdem entdeckt, dass die kleine Mia sexuell missbraucht worden ist und auch die Produktionsfirma nicht daran denkt, auf seine Forderung einzugehen, steigt zunehmend sein Hass auf diese Industrie und alles was damit zu tun hat. Gemeinsam mit dem kleinen Kind startet er einen persönlichen und sehr blutigen Rachefeldzug gegen „Paradise Lust“...
„Princess“ von Regisseur Anders Morgenthaler aus dem Jahre 2006 ist ein dänisches Drama, das ca. 80 % aus Animation und zu 20 % aus Realfilm besteht und mit seiner Thematik ein paar sehr heiße Eisen anpackt. In der düsteren Geschichte geht es um den Rachefeldzug einer einzelnen Person in einer übersexualisierten Welt gegen eine Industrie, die schon längst zu einem wichtigen Wirtschaftszweig herangewachsen ist. August ist Geistlicher und auch wenn seine Beweggründe ehrenhaft sind, sein Feldzug gegen das Pornobusiness ist natürlich genauso falsch wie aussichtslos und im Grunde kann er bei diesem Kampf auch nicht gewinnen. Und genauso kommt es dann auch, denn am Ende verliert er alles, wofür er anfänglich noch gekämpft hat.
August hortet in seiner Wohnung Videokassetten von sich und seiner Schwester und in diesen Rückblenden, die mittels Realfilm in den Film integriert wurden, erfährt der Zuschauer im Verlauf der Handlung bruchstückhaft, wie Christina durch den negativen Einfluss ihres Freundes ihre Karriere begann und wie es schlussendlich auch zum Bruch zwischen ihm und seiner Schwester kam. Nach dem Tod von Christina möchte August nun den begangenen Fehler korrigieren, den er machte, als er seine junge Schwester mit einem Kind zurückließ und kehrt zurück, um der kleinen Mia ein Leben in einem normalen Umfeld zu ermöglichen, aus dem er und seine Schwester durch den Tod ihrer Eltern viel zu früh herausgerissen wurden.
„Du kannst die Kleine nicht vor der Wirklichkeit beschützen“, sagt zu Beginn des Filmes eine alternde Prostituierte zu August und sie wird recht behalten. Denn „Princess“ ist trotz ihres Ablebens noch immer präsent. Und die kleine Mia versteht natürlich auch nicht, warum ihre Mutter nicht mehr da ist, aber immer noch auf den Titelseiten zahlreicher Pornomagazine zu sehen ist. Und ihre einzige Bezugsperson und gleichzeitig ihr Vater ist die Person, die August für die Situation alleinverantwortlich macht. Als August entdeckt, dass Mia auch missbraucht worden ist, brennen bei ihm die Sicherungen durch und er startet einen unbarmherzigen und aussichtslosen Feldzug, bei dem es natürlich keine Gewinner geben kann.
Die Geschichte von August und der kleinen Mia ist wirklich sehr grimmig und deprimierend ausgefallen und wer nicht lange darüber nachdenkt findet in „Princess“ sicherlich die Bestätigung über eine Gesellschaft, die unweigerlich dem Untergang geweiht ist. In der Sex käuflich und Liebe nur noch vorgegaukelt wird um Kohle zu scheffeln. Doch was mich ein bisschen gestört hat, war die Eindimensionalität, in der die Geschichte erzählt wird und Frauen per se als Opfer der Pornoindustrie abgestempelt werden. Auch andere Dinge wie Drogen, Missbrauch und Strukturen wie beim organisierten Verbrechen lassen die Vermutung zu, dass hier zu sehr mit weit verbreiteten Vorurteilen über ein unbekanntes Gewerbe gespielt wurde. Morgenthaler bezeichnet ja „Princess“ als seinen „radikal-persönlichen Kommentar“ zum drittgrößten Business der Welt, der „Pornofizierung“ unserer Gesellschaft und den Verschleiß menschlicher Existenzen
Zugegeben, ich kenn die Pornoindustrie auch nicht und ich will mich damit auch gar nicht beschäftigen. Nichtsdestotrotz ist das Gewerbe ein riesiger Wirtschaftszweig, der natürlich Menschen Arbeit bietet und wenn erwachsene Menschen sich freiwillig entschließen, sich auf dieses Geschäft einzulassen, sollte in einer liberalen und toleranten Welt auch niemand etwas dagegen haben. Immerhin bestimmt ja auch die Nachfrage das Angebot und nicht umgekehrt. Und dass es hierbei nicht immer nur Gewinner geben kann und dass das Spiel mit käuflicher Liebe ein mitunter Gefährliches ist, sollte auch jedem klar sein. Und wir leben vielleicht mittlerweile auch in einer zu übersexualisierten Gesellschaft, in der alles und jedes mittels körperlichen Einsatz verkauft wird. Trotzdem sollte man doch differenzieren und nicht pauschal alles verteufeln, was man nicht kennt. Und auch Zentropa, die dänische Produktionsfirma, die den Streifen finanziert hat, verdient nebenher mit „anspruchsvollen“ Hetero- und Schwulenpornos eine Stange Geld, das dann wieder dazu dient, um andere Projekte zu realisieren.
Insofern sollte der moralische Zeigefinger, der über all dem schwebt, doch lieber eingepackt bleiben. Ich werde nicht der einzige Zuseher sein, dem die Geschichte vielleicht doch etwas zu eindimensional geschildert sein wird. Jedoch wird August hier nicht als Retter der Menschheit hochstilisiert, sondern ist im Grunde eine Art brutaler und einsamer Don Quixote, der sich die falschen Gegner ausgesucht hat und auf einen Kampf einlässt, den er nicht gewinnen kann. Und sein aussichtsloser Kampf gegen Windmühlen bringt am Ende niemanden etwas. Weder kann er seine Fehler in der Vergangenheit ausmerzen, noch ermöglicht sein persönlicher Rachefeldzug ihm und dem Kind eine bessere Zukunft. Abgesehen von der etwas, vielleicht aber auch gewünschten eindimensionalen Sicht- und Erzählweise des Hauptcharakters, ist „Princess“ aber ein sehr interessanter und überraschend packender Streifen gelungen. Der Film ist sehr brutal und im letzten Drittel wird es auch sehr blutig. Da werden Köpfe zerschossen, Gliedmassen gebrochen und Weichteile zertrümmert.
Die Art und Weise wie Animations- und Realfilm in „Princess“ miteinander verknüpft werden, hat mir sehr gut gefallen und auch optisch fand ich den Streifen sehr interessant. Natürlich mag „Princess“ vom technischen Standpunkt her nicht mit den großen japanischen Animes mithalten, aber technische Nachteil wird durch Kreativität wieder wett gemacht. Vor allem die Szene, in der die halbe Stadt zum Gesang von Zarah Leander in Schutt und Asche gelegt wird, ist ein ganz grandioser Gänsehautmoment. Die Realsequenzen kommen jedes mal zum Einsatz, wenn mittels Rückblenden ein Teil des Puzzles geklärt wird und auch am Ende des Streifens, einer versöhnlichen Einstellung, in der die 3 Hauptcharaktere nochmals zu sehen sind, ist ein schöner Abschluss für den dramatischen Streifen.
Die DVD aus dem Hause Universum/UFA bringt diesen knapp 78minütigen Streifen in der dänischen Originalversion, sowie einer sehr gelungenen, deutschen Synchronisation. Die Bild- und Tonqualität ist sehr gut und ist absolut auf der Höhe der Zeit. Leider hat es jedoch außer dem Original- und ein paar weiteren Trailern kein weiteres Bonusmaterial zum Film auf den Silberling geschafft. Und so bleibt unterm Strich ein technisch sehr gute VÖ eines überraschend düsteren und vollkommen pessimistischen Films. Das der Streifen jedenfalls aus Europa stammt, hat mich ja schon sehr verwundert. Solch wütende Gesellschafts-Kommentare kennt man ja sonst nur aus Japan. Und das dieser Streifen abgesehen von seinen Realfilmszenen auch von dort stammen könnte, ist eigentlich das größte Kompliment, das man diesem interessanten Film machen kann. Optisch einwandfrei, musikalisch top, technisch nahezu perfekt und auch sehr stimmig. Nur für die Geschichte, über der mir persönlich zu sehr der moralische Zeigefinger schwebt, gibt’s den einen oder anderen Punkt Abzug. Daher gerne 8 von 10 Punkten.
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@ Jochen,
das Review ist nun Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=4984
VIELEN DANK nochmals!!!
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