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Der junge Waldo (Joseph Bitangcol) lebt gemeinsam mit seiner Großmutter in einem kleinen, ärmlichen Fischerdorf auf den Philippinnen. Mit seinem Nachbarn, dem Fischer Joaquin (Polo Ravales) hat er ein Verhältnis. Doch als dessen Frau Cynthia (Althea Vega) nach zwei Jahren Aufenthalt in Dubai in das Dorf zurückkehrt, um mit Joaquin eine Familie zu gründen, wird die Beziehung der beiden Männer abrupt beendet. Waldo ist von seiner großen Liebe Joaquin enttäuscht und flüchtet eines Nachts Hals über Kopf aus dem kleinen Dorf, um in der großen Stadt sein Glück zu versuchen. Als die Großmutter das Verschwinden bemerkt, alarmiert diese Joaquin, der sich Sorgen um den jungen Waldo macht. Er beichtet seiner Frau das Verhältnis, die sich daraufhin trennt und schon kurze Zeit später macht sich Joaquin auf den Weg nach Manila, um Waldo zurückzuholen.
In Manila angekommen erfährt Joaquin von einem ehemaligen Schulkollegen von Waldo, dass dieser in einem Schwulenclub als Tänzer gearbeitet hat, aber kurze Zeit später durch einen Verehrer namens Gerard (Paolo Rivero) einen Job als Kellner in einem Lokal bekommen hat. Joaquin findet die Person, die Waldo die neue Anstellung vermittelt hat, allerdings hat Waldo diesen Job nach ein paar Tagen aufgegeben und ist seitdem spurlos verschwunden. Durch Gerard erfährt Joaquin allerdings auch, dass der junge Mann in Kontakt mit einem zwielichtigen und korrupten Polizisten namens Rufo (Emilio Garcia) gekommen ist. Dieser ist zwar mit einer Frau verheiratet, ist allerdings Stammgast in dem Schwulenclub und jungen Knaben auch nicht abgeneigt.
Rufo hat aber bereits erfahren, dass der Fischer nach ihm sucht und stellt ihm eine Falle. Unter dem Vorwand nach seinem Freund zu suchen, lockt er den ahnungslosen Joaquin zu sich nach Hause. Dort fällt der sadistische Polizist über den Fischer her und zwingt ihn mit Waffengewalt zum Sex. Wenig später erfährt Joaquin, dass Rufo in modernen Menschenhandel involviert ist und junge Menschen als Sexsklaven in die ganze Welt verfrachtet. Auch Waldo ist für so einen Transport vorgesehen. Rufo sorgt dafür, dass die beiden einander noch einmal sehen können, doch sein perfides Spiel mit den beiden Liebenden ist da noch lange nicht zu Ende. Als Waldo und Joaquin von dem bewachten Gelände fliehen wollen, stellt er ihnen eine Falle...
Nach dem tragisch-komischen „The blossoming of Maximo Oliveros“ ist „Walang Kawala / Ohne Ausweg“ mittlerweile schon der zweite philippinische Film, den ich in den letzten Monaten vor die Linse bekommen habe. Und abermals handelt es sich um eine Indie-Produktion mit schwuler Thematik. Dieses Mal allerdings nicht so leichtfüßig und amüsant wie „Maximo Oliveros“ inszeniert, sondern durchaus dramatisch, sehr sexuell, brutal und mit gesellschaftskritischen Untertönen versetzt. Und was als schwule Liebesgeschichte bzw. jugendliches Ausreißerdrama beginnt, endet mit einem blutigen Rachemord. Wer jedenfalls auf seichte Unterhaltung und Happy-End wert legt, für den ist dieser Streifen aus dem Jahre 2008 wohl nicht geeignet.
Die glücklichen Momente in dem Film sind auch sehr rar gesäht. Die geheime Affäre von Waldo und Joaquin wird jäh von der Rückkehr dessen Frau unterbrochen. Diese war zwei Jahre in Dubai um dort Geld zu verdienen. Diese will nun in dem kleinen Fischerdorf eine Familie gründen und so schnell wie möglich schwanger werden. Doch sie ahnt bereits kurze Zeit später, dass etwas mit ihrem Gatten Joaquin nicht stimmt. Als Waldo überstürzt die Flucht nach Vorne antritt, dämmert es der gehörnten Gattin, dass die Beziehung zwischen ihrem Gatten und dem Nachbarsjungen nicht rein freundschaftlich gewesen sein wird. Joaquin hat daher kurze Zeit nicht nur mit einer wütenden Gattin, sondern auch noch einem jugendlichen Ausreißer und dessen verzweifelter Großmutter zu kämpfen. Joaquin folgt dem verzweifelten Waldo, der in einer runtergekommenen Schwulenbar als Tänzer angefangen hat und dort der zahlenden Kundschaft zur Verfügung steht. Als er durch den Verehrer eine bessere Arbeit bekommt, ist dieses nur von kurzer Dauer, als er in das Visier des skrupellosen Polizisten gerät, der dem naiven Jugendlichen mit Geld und mit einem vermeintlichen Jobangebot im Ausland lockt. Und ratzfatz befindet sich Waldo in Teufels Küche und es droht ihm das Schicksal eines Sexarbeiters, der für ein paar tausend philippinischen Pesos von skrupellosen Menschenhändlern verkauft wird.
Hilfe naht in Form des ehrenhaften Joaquin, der seinen geliebten Waldo wieder in sein Dorf zurückbringen möchte. Doch was helfen die besten Vorsätze, wenn die Umsetzung der gutgemeinten Pläne schon im Keim erstickt werden und es sich bei dem Gegner auch um einen skrupellosen, bisexuellen Schläger handelt, der Menschen wie Tiere hält und auch mit Vorliebe seine sadistischen Triebe an ihnen auslebt. Und so muss Joaquin am eigenen Leibe erfahren, zu welchen Taten die brutalen Menschenhändler fähig sind. Und auch wenn am Ende des Streifens ein paar Personen aus der Gewalt der Händler befreit werden, so wird von Regisseur und Drehbuchautor Joel Lamangan ein durchaus finsteres Bild der korrupten Gesellschaft Philippiniens gezeichnet.
Vordergründig geht es natürlich um die Geschichte von Waldo und Joaquin, dem unglücklichsten Liebespaar seit Romeo sich am Grab seiner vermeintlich toten Julia selbst das Leben genommen hat. Doch das ist nur ein Teil des Ganzen und neben der schwulen Lovestory gibt es auch noch eine tiefergehende Komponente. Regisseur Lamangan zeigt dem aufgeschlossenen Zuschauer auch ein vermutlich gerne verdrängtes Bild seines Heimatlandes, in denen große Teile Bevölkerung in ärmlichen Verhältnissen lebt und mangels Ausbildung und Arbeitsplätze auch gar keine Aussicht auf eine Verbesserung ihre Lage hat. Und vielen bleibt zum Geldverdienen gerade mal noch der eigene Körper, der für wenig Geld an den Mann oder Frau gebracht wird. Und gerade in Ländern, in denen die Armut so groß ist, lockt natürlich auch das schnelle Geld bzw. die Aussicht auf ein besseres Leben. Und wo diese Verlockung da ist, lassen auch meist Personen und Vereinigungen nicht lange auf sich warten, die diesen Umstand schamlos ausnutzen. Doch nicht nur Menschenhandel wird in „Walang Kawala“ angesprochen, sondern auch ein korruptes Polizeisystem und die Situation vom politischen Demonstranten, die entführt und verschleppt werden und misshandelt und grausam getötet an anderer Stelle wieder auftauchen.
Über den Regisseur und die Darsteller konnte leider nicht wirklich viel herausfinden. Laut Angaben am Cover sorgte die Kombination aus ungewöhnlicher Story und künstlerischer Ausführung für stehende Ovationen. Von der technischen Seite her gibt es bei „Walang kawala“ auch nicht viel zu meckern. Für eine Indiependent-Produktion ist der philippinische Streifen auch sehr gut gelungen und vor allem das grünstichige Bild hat mir sehr gut gefallen. Von der darstellerischen Seite gibt es halt das obligatorische Overacting zu sehen und die Tränen fließen natürlich literweise bei beiden Geschlechtern. Der böse Cop ist superböse, die Guten gut, aber teils für meinen Geschmack auch etwas zu naiv. Aber darüber lässt sich in der Ferne auch gerne urteilen. Trotzdem hat mich „Walang Kawala“ doch nicht so richtig packen können und irgendwie hat mich der Streifen doch etwas unberührt zurückgelassen.
Die DVD aus dem Hause „CMV-Laservision“ hingegen ist wieder einmal rundum gelungen. Die Bildqualität ist fein und zur Originalfassung in Tagalog gibt es eine deutsche und englische Untertitelspur. Laut IMDB feierte der Streifen am 12. November 2008 auf den Philippinen seine Weltpremiere und die deutsche DVD dürfte wohl die erste VÖ dieses Filmes im nicht-asiatischen Raum sein. Neben zwei Trailern zum Film, gibt es noch die obligatorische Bildergalerie, sowie eine erweiterte Tanzszene, die vor allem Freunden von sogenannten Thai-Boys für gesteigerte Durchblutung im Lendenbereich sorgen dürfte. Trailer zu dem bereits erwähnten „the Blossoming of Maximo Oliveros“, „Wake“ und dem noch nicht gesichteten „Phoenix“ runden das durchwegs positive Gesamtbild ab. Die Freigabe ab 18 ist jetzt zwar nicht unbedingt gerechtfertigt und dürfte wohl wegen der Rachethematik, einem Kehlenschnitt und den erzwungenen Sexszenen so gewählt worden sein.
Unterm Strich bleibt ein interessanter, aber auch etwas zwiespältiger Film, der zumindest bei mir wohl nicht die erwünschten Emotionen ausgelöst hat. „Walang Kawala“ ist ein schwules Drama mit gesellschaftskritischen Untertönen, bei dem die Motivationen der beiden Hauptdarsteller leider den sadistischen Sexspielereien und erotischen Tänzen im Gayclub etwas untergeordnet werden. Es gibt viel nackte Haut, es wird viel geschlägert, große Gefühle gibt es erst zum Schluss und irgendwie wurde für meine Verhältnisse auch zuviel geheult. Die Geschichte mit dem Menschenhandel ist sicherlich für Filme dieser Art sehr ungewöhnlich und der Gewaltanteil ist für das Genre ebenfalls im höheren Bereich. Ingesamt für das schwule Publikum wohl etwas zu brutal, für Indie-Fans jedoch wohl zu schwul. Zwar nicht schlecht und vielleicht auch nur etwas ungewohnt, aber insgesamt doch etwas seltsam, auch wenn die sympathischen Darsteller und der Exoten-Bonus wieder vieles rausreißen. Aufgeschlossene (schwule) Filmfreunde können jedenfalls einen Blick riskieren und daher gebe ich an dieser Stelle dann auch gerne 7 von 10 Punkten.
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