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Francesco Dellamorte (Rupert Everett) wohnt und arbeitet völlig vereinsamt als Friedhofswärter und Leichenbestatter, gemeinsam mit seinem etwas tumben Freund Gnaghi (Francois Hadj-Lazaro) auf einem kleinen Friedhof im italienischen Buffalore. Dort wäre das Leben eigentlich ganz beschaulich, würden nicht des Nächtens die Verstorbenen wieder auferstehen. Diese sogenannten „Wiederkehrer“ müssen dann mittels gezielten Kopfschuss neuerlich unter die Erde gebracht werden. Doch außer den Beiden scheint niemand etwas über die seltsamen Vorkommnisse auf dem Friedhof bescheid zu wissen. Eines Tages trifft Dellamorte auf die Witwe (Anna Falchi) eines kürzlich verstorbenen Mannes und verliebt sich in sie. Auch die Witwe scheint von dem morbiden Charme des Friedhofes und von Francesco angezogen und die beiden beginnen eine Affäre. Doch beim Vollzug des Aktes werden die beiden unsanft vom wieder auferstandenen Gatten gestört, der seine Witwe mit einem Biss ebenfalls ins Jenseits befördert.
Francesco trauert über seine große Liebe, die eigentlich zu Ende war, bevor sie so richtig beginnen konnte. Als es in der Gemeinde zu einem tragischen Unfall mit einem Bus voller Pfadfinder kommt, haben Francesco und Gnaghi jede Menge zu tun. Doch die Trauer über seine Liebste übermannt Dellamorte so sehr, dass er zunehmend seine Zurechnungsfähigkeit zu verlieren scheint. Das Gesicht seiner liebsten sieht er in anderen Frauen, doch jeder Versuch einer weiteren Beziehung scheitert kurz darauf auf tragische Weise. Zu allem Überfluss verliebt sich der tumbe Gnaghi in den Kopf einer kürzlich Verstorbenen und als alles zu eskalieren droht, gibt der Tod persönlich Francesco Dellamorte noch einen Auftrag...
Michele Soavis Werk „Dellamorte Dellamore“ zu beschreiben, ist eigentlich gar nicht so einfach. Der Film aus dem Jahre 1994 handelt von Toten, die lebendig sein möchten und von Lebenden, die lieber tot sein möchten und über alle dem steht der Wunsch nach Liebe, geliebt zu werden und das Begehren. Klingt jetzt herrlich hochgestochen, trifft es aber eigentlich ganz gut. Denn die Handlung von „Dellamorte Dellamore“ ist ja mitunter recht schwer zu erfassen und erschließt sich aufgrund surrealer Handlungsstränge, grotesker Momente und absurden Entwicklungen wohl auch für jeden Zuschauer anders. Aber allzu genau möchte ich an dieser Stelle ja ohnehin nicht auf die Handlung eingehen, da diesen ungewöhnlichen Film ohnehin jeder möglichst unvoreingenommen für sich entdecken sollte.
Die Geschichte ist ja wirklich auch etwas verworren und entwickelt sich von der grotesken Ausgangssituation mit den wiederkehrenden Toten zu einer Art fiebrigen Alptraum, in dem niemand mehr so recht weiß, was jetzt gerade passiert und ob nicht alles in der Gedankenwelt des Francesco Dellamorte entstanden ist. Es gibt zwar Zombies, doch kann man dieses Werk kaum diesem Genre zuordnen. Denn diese sind auch nur ein Teil der Geschichte zweier vereinsamter und sozial-isolierten Totengräbern, die auf der Suche nach der Liebe ihres Lebens sind, die ihnen aus diversen Gründen immer verwehrt zu bleiben scheint. Dabei ist die Geschichte teils sehr verworren erzählt und steigert sich gegen Ende bis zum strangen Finale immer mehr.
Es muss aber auch gesagt werden, dass es sich bei „Dellamorte Dellamore“ auch um einen sogenannten Geschmacksspalter handelt. Die Meinungen im Netz sind sehr geteilt. Die einen verehren Michele Soavis Werk aus dem Jahre 1994 als poetisches Meisterwerk, während für die anderen in ihm nur ein unlogisches Zombiefilmchen mit unlogischer Story sehen. Leicht wird es dem Zuschauer nämlich wirklich nicht gemacht und auch ich konnte vor Jahren bei der ersten Sichtung auch nur beschränkt etwas damit anfangen. Mittlerweile bin ich allerdings von diesem wilden Mix aus Leben, Tod, Mord, Liebe und Begierde ganz angetan. Selbst – wenn ich ehrlich gestehen muss - sich mir der Film auch noch immer nicht ganz erschlossen hat. Aber schlussendlich soll der Zuschauer ja nicht nur unterhalten, sondern manchmal auch gefordert werden.
Die Vorlage zu diesem Streifen stammt von Tiziano Sclavi, der sich auch für den in Italien sehr erfolgreichen Comic „Dylan Dog“ verantwortlich zeigt. Der Comic hält zwar im Land des Stiefels die Massen in Bann, im deutsprachigen Raum konnte die Reihe jedoch nie richtig Fuß fassen. In dem seit Jahren erfolgreichen Veröffentlichungen geht es um eine Art abgehalfterten Privatdetektiv mit Alkoholproblem mit Hang für das Übernatürliche, der für weiblichen und attraktiven Klientinnen auf Geisterjagd geht. Die Qualität des Comics liegt darin, dass sich harte Gewalt und durchdachte Geschichten die Waage halten und die Geschichte sowohl Splatter-Freaks, als auch ähm... anspruchsvollere Comic-Leser bei Laune hält. Als optische Vorlage des Dylan Dog diente übrigens niemand geringerer als Rupert Everett persönlich. Sclavi sah ihn in dem Film „Another Country“ von Regisseur Marek Kanievska und war von dessen Ausstrahlung so begeistert, dass der Illustrator die Optik des englischen Darstellers für seinen Titelhelden ausborgte.
Rupert Everett selbst werden die meisten ohnehin kennen und muss nicht mehr groß vorgestellt werden. Der 1959 in England geborene Schauspieler und Sänger wurde Mitte der Achtziger durch seine Rolle in dem bereits erwähnten „Another Country“ international bekannt und mit Preisen überhäuft. Danach spielte er in weiteren Filmen zahlreiche Nebenrolle, bevor er im Jahre 1997 seine Karriere an der Seite von Julia Roberts und Cameron Diaz in „Die Hochzeit meines besten Freundes“ reanimierte. Für seine Darstellung als schwuler Freund der Hauptdarstellerin reichte es dann auch für den Golden Globe als bester männlicher Nebendarsteller. Der offen bi- bzw. homosexuell (je nach Interviewpartner) lebende Darsteller hat im Jahre 2006 seine Biografie verfasst, für die er bereits im Vorfeld die unglaubliche Summe von 1 Million Pfund erhalten hat. Und wenn er nicht gerade als „Prinz Charming“-Synchronsprecher für die Shrek-Filme beschäftig ist, sich für die Gleichstellung homosexueller Paare stark macht, dann steht er für aktuelle Blockbuster Filme zur Verfügung.
Regisseur Michele Soavi wird ja immer als Schüler von Dario Argento bezeichnet und der Einfluss des mittlerweile etwas ramponierten Regie-Gottes bei den Werken von Soavi ist meiner bescheidenen Meinung nach bei „Dellamorte Dellamore“ auch am augenscheinlichsten. Vor allem die Kamerafahrt in der Eingangssequenz, in der sich die Kamera langsam von dem Inneren eines Totenkopfes nach Außen bewegt könnte auch ohne Weiters vom Master himself sein. „Dellamorte Dellamorte“ ist vor allem in der ersten Hälfte sehr, sehr schön fotografiert und überholt aufgrund seiner poetischen Bildsprache sicherlich den Großteil der sonstigen Horrorfilme aus dem gleichen Jahrzehnt. Denn selbst wenn man sich mit der Handlung nicht unbedingt anfreunden kann, so kann man sich wohl den Bildern nicht entziehen
Die DVD aus dem Hause CMV-Laservision, die im Vorfeld ja auch bereits Soavis Slasher-Debut „Aquarius“ in ansprechender Qualität veröffentlicht haben, bringt nun auch sein wohl bekanntestes Werk aus dem Jahre 1994 in einer schönen Qualität. Die Bild- und Tonqualität ist sowohl in der englischen, als auch in der deutschen Fassung sehr gelungen. Inwieweit sich diese jedoch von der bereits erhältlichen Laser Paradise-Version (die ich auch als gut in Erinnerung habe) unterscheidet kann ich jetzt an dieser Stelle jedoch nicht beurteilen. Neben dem Trailer in Englisch und Deutsch, sowie zu dem bereits erwähnten „Aquarius“ gibt es noch eine Bildergalerie. Leider ist das Bonusmaterial mit knapp 8 Minuten nicht wirklich umfangreich und es ist schade, dass es nicht ein „Making-Of“ oder sonstige Featurettes auf den Silberling geschafft haben. Neben einer auf limitierten VÖ in der Hochglanz Buchbox mit zwei unterschiedlichen Covers, gibt es auch noch eine auf 399 Stück limitierte Retro-Edtion.
Abschließend bleibt zu sagen, dass Michele Soavi mit „Dellamorte Dellamore“ einfach einen sehr ungewöhnlichen Vertreter des modernen Horrorfilms geschaffen hat, der sich durch seine Gesichte, seine Ausstattung und Darstellerriege von schmuddeligen Vertretern unterscheidet. Ein poetischer Film über die Lebenden und die Toten, mit einem seltsamen Humor, der den Zuschauer zugleich verwirrt und fasziniert. Ein Werk voller bildhafter Rätsel, der ohne falscher Scheu mittlerweile bereits als Klassiker des Genres bezeichnet werden kann. Ein ungewöhnlicher Film der zwar die Gemüter der Zuseher wie die Köpfe der Wiederkehrer spaltet, aber den jeder Horror-Film zumindest einmal in seinem Leben gesehen haben sollte.
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Review ist nun auch Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=4563
Vielen Dank nochmals dafür!!!
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