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Der zwölfjährige Maxi Oliveros lebt gemeinsam mit seinen beiden Brüdern Kuya und Boy und seinem Vater Paco in den Slums von Manila. Nach dem frühen Tod der Mutter kümmert er sich um den Haushalt und verdient sich mit dem Verkauf von Bingo-Losen seinen Lebensunterhalt. Maxi ist schwul und steht so wie der Rest der Familie und seiner häuslichen Umgebung voll zu Homosexualität und seiner femininen Seite. Und wenn er nicht gerade für seine Familie kocht, dann veranstaltet der selbstbewusste Junge mit seinen Freunden und Freundinnen Schönheitswettbewerbe und schaut gemeinsam herzzerreißende Liebesfilme.
Eines abends wird Maxi beim Nachhauseweg von zwei Männern bedrängt. Dieser wehrt sich zwar, ist aber gegen die Männer hilflos. Als die Situation zu eskalieren droht, wird er von dem junge Polizisten Victor gerettet und nach Hause gebracht. Maxi verliebt sich daraufhin in seinen Retter und bedankt sich mit allerlei Freundschaftsdiensten. Und auch Victor, der seine Familie zurücklassen musste, freundet sich mit dem ungewöhnlichen Jungen an. Doch Victor hat auch seine Bedenken, da er natürlich durchschaut hat, dass die Aktivitäten von Maxis Familie natürlich illegaler Natur sind. Er hat Angst, dass auch Maxi eine kriminelle Laufbahn einschlagen könnte und appelliert an die Vernunft des Jungen.
Doch alles ändert sich, als eines Nachts Kuya mit einem blutverschmierten Shirt nach Hause kommt. Im Streit hat dieser einen 16jährigen Jungen erstochen. Maxi versucht noch das Shirt zu reinigen, doch als dieses misslingt, verbrennt er das blutverschmierte Kleidungsstück, wird dabei jedoch von Victor beobachtet. Dieser ermittelt in diesem Fall und die Familie rückt dadurch in den Kreis der Verdächtigen. Er nutzt die Gutgläubigkeit und Liebe des Jungen aus und erhält dadurch wichtige Informationen. Maxi verplaudert sich und verrät, dass einer seiner Brüder den Mord begangen hat. Als Paco davon erfährt, erteilt er dem Polizisten eine Lektion und verprügelt ihn mit ein paar Kumpanen mit dem Hinweis, die Familie und Maxi hinkünftig in Ruhe zu lassen.
Als Paco seinem Sohn erzählt, dass er mit ein paar Kollegen den Polizisten verprügelt hat, eilt Maxi sofort zu ihm und kümmert sich um ihn und seine Wunden. Doch Victor will mit dem verliebten Maxi nichts mehr zu tun haben und meidet den Kontakt. Wenig später erhält er außerdem von einem neuen Vorgesetzen ein halbseidenes Angebot, dass er nicht ablehnen kann. Als dann auch noch Bogs verhaftet wird, sucht Paco den Kontakt mit dem neuen Polizeichef, der sich jedoch als alter Bekannter entpuppt, der mit Paco noch eine Rechnung offen hat. Das Treffen eskaliert und es geschieht ein heimtückischer Mord, der das Leben von Maxi und sei für immer verändern wird...
„The Blossoming of Maximo Oliveros” von Regisseur Auraraeus Solito ist ein in mehrfacher Hinsicht doch etwas außergewöhnlicher Film: Eine philippinische Low-Budget-Produktion über einen zwölfjährigen Buben an der Schwelle zur Pubertät, der gemeinsam mit seiner kleinkriminellen Familie in den Slums von Manila wohnt und sich in einen Polizisten verliebt. Eine Thematik, die man wohl in einem westlichen Land nicht so einfach verfilmen könnte, ohne dass nicht gleich die Sittenwächter oder Moralaposteln Amok laufen würden. Zugegeben, auch ich war anfänglich doch etwas irritiert, dass ein Junge vor seiner Pubertät bereits über seine sexuelle Orientierung Bescheid weis und dann auch noch so offen und selbstsicher damit umgeht. Aber keine Sorge, auch wenn der Hauptdarsteller, sein Umfeld und auch der Regisseur sehr offen mit dem Thema Homosexualität umgehen, im Film geht es nicht über einen verstohlenen Kuss auf die Wange hinaus.
Die Homosexualität des jungen Maxi ist ja auch nur ein Teil der Geschichte, die im Laufe des Filmes etwas in den Hintergrund rückt. Zwar verliebt sich Maxi in einen Polizisten, aber im Grunde geht es mehr um Themen wie Familie, erste Liebe und Loyalität seinen Liebsten gegenüber. Und auch wenn der Film teils in der optimistischen Sichtweise eines zwölfjährigen Jungen etwas verträumt und naiv erzählt ist, so offenbart er doch mehr über die Probleme des Entstehungslandes, als dass man auf den ersten Blick vermuten würde. Maxi wächst in einem Umfeld heran, welches von bitter Armut und Kriminalität geprägt ist. Die Tatsache, dass sich der Rest der Familie mit Diebstahl über Wasser halten ist für den kleinen Maxi daher nichts Ungewöhnliches. Die Mutter hat er früh verloren, da sich der Vater mit dem geringen Einkommen keine medizinische Betreuung für die kranke Mutter leisten konnte. Nach deren Tod hat er sich geschworen, deswegen kein Familienmitglied mehr zu verlieren und hat sich auf den Verkauf gestohlener Handys verlegt. Doch auch Themen wie Umweltverschmutzung und Korruption bei der Polizei werden in dem Film nicht ausgespart.
Victor erklärt am Anfang des Filmes dem kleinen Maxi den Unterschied zwischen Recht und Unrecht und versucht ihm zu erklären, dass Bildung der einzige Ausweg aus diesem Teufelskreis der Armut und zwangsläufiger Kriminalität ist. Schlussendlich ist die Aussicht auf einen besseren Job für Victor verlockender als seine eigenen Prinzipien. Auch Maxi muss im Laufe des Films erkennen, dass seine große Liebe und Vorbild nicht besser ist, als sein kriminelles Umfeld und dass man sich zwar kurzfristig in glitzernde Traumwelten zurückziehen kann, langfristig sein Leben und Schicksal aber selbst in die Hände nehmen muss. Victor aber verliert mit einer Handlung das Vertrauen eines unschuldigen Jungen und enttäuscht diesen zutiefst. Schlussendlich sorgt eine tragisches Erlebnis dafür, dass Victor und auch Maxi ihr Leben neu ordnen müssen.
Philippinische Filme sind ja eigentlich bis dato spurlos an mir vorrübergegangen. Das Land der über 7.100 Inseln in Südostasien mit der Hauptstadt Manila ist ja vermutlich auch eher weniger durch sein Output an Filmen bekannt, sondern eher durch Unruhen oder Umweltkatastrophen oder Ex-Präsidenten-Gattinnen mit Hang zur Prunksucht und Schuhtick. In den Siebziger-Jahren gab es jedoch auf den Philippinen eine florierende Filmindustrie mit schillernden Stars und einer großen Zahl an filmischen Output. Das ist zwar schon lange her, jedoch liefert Auraeus Solito mit seinem Werk aus dem Jahre 2005 ein kräftiges Lebenszeichen, der international auch auf vielen Festivals Preise erringen konnte und als kommerziell-erfolgreichstes Independent-Movie in die philippinische Filmgeschichte eingehen durfte. So gab es u.a. Auszeichnungen und Publikumspreise auf der Berlinale, diversen Gay- und Lesbian-Filmfestivals in diversen Ländern und auch eine Nominierung für das renommierte Sundance-Festival.
Der kurzweilige Film von Auraeus Solito nach einer Geschichte der japanischen Schriftstellerin MichikoYamamoto hat zwar in der Entstehung nur knapp 10.000 US-Dollar gekostet, doch dieses merkt man dem farbenfrohen Werk zu keiner Sekunde an. Der Film ist einerseits sehr bunt, schrill und vermutlich auch sehr autobiografisch, andererseits auch sehr ruhig und metaphorisch ins Szene gesetzt wurde. Ein Werk, das im Grunde auch mehr über sein Entstehungsland und seine Gesellschaft aussagt, als auf den ersten Blick ersichtlich ist um dem man vielleicht auch die Möglichkeit einer zweiten Sichtung einräumen sollte.
Das der Film jedoch so erfrischend und fröhlich daherkommt, liegt größtenteils an der unglaublichen Leistung des damals 14jährigen Nathan Lopez, der den homosexuellen Maxi weitgehend wirklich glaubhaft und eindringlich verkörpert. Ursprünglich wollte Herr Solito die Rolle ja mit einem älteren Homosexuellen besetzen, jedoch waren die Leistungen bei diversen Casting derart übertrieben, dass er damit nicht zufrieden war. Denn auch auf den Philippinen ist das Bild des Homosexuellen durch plakative Seifenopern etwas verklärt und die Meisten der Kandidaten neigten zu komplett schrillen und lautem Overacting. Nathan Lopez kam mit seinem Zwillingsbruder eigentlich zu einem Casting für eine Hip-Hop-Show und wurde dort von Solito angesprochen, ob er nicht für die Rolle des 12jährigen Maxi vorsprechen möchte. Die Eltern – für westliche Verhältnisse wohl auch schwer vorstellbar - unterstützen ihren Sprössling dabei so gut sie konnten.
Witziges Detail am Rande: die Übersetzung als „the blossoming of Maximo Oliveros“ bzw. der zeitweise verwendete, deutsche Titel „Maximo Oliveros blüht auf“ beruht eigentlich auf einem Übersetzungsfehler des amerikanischen Verleihs. Tagalog, die am stärksten verbreitete Sprache auf den Philippinen kennt für die Pubertät zwei unterschiedliche Worte, die den jeweiligen Geschlecht zugeordnet sind. So bedeutet das im Originaltitel vorkommende Wort „pagdadalaga“ entweder „erblühen“ oder auch „ein Mädchen, das in die Pubertät kommt“. Gemeint ist aber natürlich die zweite Variante, die in Kombination mit einem männlichen Namen natürlich zusätzlich für geschlechter-spezifische Verwirrung bzw. Erheiterung sorgen soll.
Filme mit Gay-Thematik haben es ja generell ziemlich schwer und wenn sie dann auch noch in einer asiatischen Sprache mit deutschen Untertiteln daherkommen, wohl umso schwerer. Sie sind bestenfalls Nischenprodukte, die so wie undergroundige Horrorfilme nur eine bestimmte, eher überschaubare Publikumsschicht ansprechen. Umso schöner ist es, dass CMV-Laservision diesen interessanten Film, der bereits auf zahlreichen Festivals und auch auf der Berlinale sehr erfolgreich gelaufen ist, nun auf den deutschen Markt bringt. Das mein langjähriger und liebgewonnener Haus- und Hof-Lieferant von Trash- und Horrorfilmen nun neuerdings auch andere Gebiete beackert, mag zwar auf den ersten Blick verwundern, ist jedoch einer der ersten Schritte in Richtung Fremd-Genre, wie sie bereits im Interview mit Andreas Strassmann zum zehnjährigen Firmenjubiläum angekündigt wurden. Und wenn dann dabei noch so empfehlenswerte Werke unters Volk gebracht werden, dann bin ich wohl nicht der Einzige, der diesen Schritt begrüßt.
Die Bildqualität ist gut bis mittelmäßig, was jedoch auf das Ausgangsmaterial (Mini-DV) zurückzuführen ist. Die Farben sind teils zwar sehr kräftig, aber vor allem in den dunklen Szenen geht doch einiges verloren. Man darf aber nicht vergessen, dass man es mit keiner amerikanischen Hochglanz-Produktion zu tun hat, sondern einem feinen philippinischen Independent-Film, der zwar mit geringen Mitteln, allerdings mit dem Herzblut aller Beteiligten gedreht wurde. Die Tonqualität der Originalfassung ist gut und auch die Untertiteln, die in deutscher und englischer Sprache verfügbar sind, bieten keinerlei Anlass zur Kritik. Neben Trailern, Fernsehspots und einer Bildergalerie zum Film gibt es auch noch einen Audiokommentar des Regisseurs in englischer Sprache, der Interessantes zur Entstehung und Örtlichkeiten des Filmes erzählt und. Abgerundet wird das positive Bild mit zwei weitern Trailern zu kommenden Filmen jenseits des Horror-Genres.
„The Blossoming of Maximo Oliveros” ist ein Film, der zeigt, wie normal eigentlich das Leben für alle Beteiligten sein könnte, wenn nicht permanent unterschiedlichste Personengruppen, Vereine, Institutionen und Glaubensgemeinschaften sich bemüßigt fühlen würden, homosexuellen Personen ihre Lebens- und Liebesqualitäten abzusprechen. Ein filmisches Plädoyer zu mehr Toleranz und Akzeptanz für das vermeintlich Unbekannte, das leichtfüßig und ruhig mit einer Geschichte über familiäre Werte und Loyalität verknüpft wurde. Ein berührender Film über einen jungen Menschen am Beginn seiner Pubertät, der aus ärmlichen Verhältnissen stammend, trotz widriger Begebenheiten nie die positiven Dinge des Lebens aus den Augen verliert. Mit welcher sexuellen Neigung man zur Welt kommt, kann man sich schlussendlich zum Glück nicht aussuchen. Daher sollten man sich nicht noch zusätzlich das Leben mit antiquierten Moral- und Lebensvorstellungen zusätzlich das Leben schwer machen. Sollte eigentlich selbstverständlich sein, würde man meinen, doch in Zeiten in denen man z.B. in Jordanien wieder beginnt, Eltern für die „Krankheit“ Homosexualität ihrer Kinder verantwortlich zu machen und therapieren zu wollen, ein umso wichtigeres und auch beruhigendes Zeichen, dass es schlussendlich immer noch um Menschen geht.
Beitrag geändert von jogiwan (01.July 2008 10:07:59)
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@ jogiwan
Wow, Danke für das schöne und vor allem schnelle Review wieder .
Ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?p=3875
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jogiwan schrieb:
hui, du bist ja noch flotter als ich
Thx!
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