project: equinoX Forum

„Split“ (1974/53 Minuten)

Nach der Trennung seiner Eltern zieht sich der elfjährige Schüler Mark immer mehr zurück und der ehemals aufgeweckte Junge vernachlässigt seine Freunde, sowie die Schule und gibt sich auch gegenüber seiner Mutter immer verschlossener, als sich diese immer wieder mit ihrem neuen Lover trifft. Als er eines Tages beim Ladendiebstahl erwischt wird, hilft ihm zum Glück sein Klassenlehrer David Browning aus dem ärgsten Schlamassel, der die Entwicklung des Jungen ebenfalls schon länger mit Sorge betrachtet. Als Browning mit dem Jungen das Gespräch sucht, erzählt Mark dem verdutzten Lehrer sehr glaubwürdig von einem außerirdischen Wesen, das sich in seinem Kopf eingenistet hat und obwohl der zu Rate gezogene Schulpsychologe eine beginnende Schizophrenie diagnostiziert und eine klinische Therapie befürwortet, bleibt Mark jedoch standhaft bei seiner Version der Geschichte.

“I want to be Famous” (1976/37 Minuten)

Der junge Steve ist der Kleinste in seiner Klasse und während seine Schulkameraden ihre Zeit am Fußballplatz verbringen, interessiert sich der kreative Junge zum Missfallen seines Vaters auch lieber für Malerei und flüchtet sich mit seiner überbordenden Fantasie in abenteuerliche Welten, in denen er mit Waffengewalt den Widrigkeiten und sonstigen Dingen des Lebens entgegenstellt. Das reale Leben hingegen bleibt dem Jungen suspekt und die Streitereien der Eltern und Hänseleien seiner körperlich überlegenen Mitschüler drängen den Jungen immer mehr in die Isolation bis ihn sein bester Freund Stuart auf spielerische Weise hilft, sich auch ohne Gewalt den Herausforderungen des Lebens zu stellen.

„Follow You Follow Me“ (1979/32 Minuten)

Der introvertierte Joseph aus reichem Hause und der draufgängerische Peter, der Sohn eines streitbaren Gewerkschafters sind trotz ihrer unterschiedlichsten Charaktere seit Kindertagen die besten Freunde und verbringen ihre Zeit im Jugendclub und dem erwachenden Interesse am anderen Geschlecht. Obwohl die beiden Jungen auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben, so ergänzen sich die Beiden untereinander und was dem einen an Mut fehlt, gleicht er mit Besonnenheit wieder aus. Als Josephs Vater seine Firma aus wirtschaftlichen Gründen verkaufen möchte und er 40 Arbeitnehmer entlassen muss, ruft das Peters energischen Vater auf den Plan, der seinem Sohn daraufhin auch den Umgang mit Joseph untersagt.

„A Seaside Story“ (1986/27 Minuten)

Der siebzehnjährige Sam und sein gleichaltriger Freund Martin fahren zum ersten Mal übers Wochenende alleine in Urlaub und landen an der englischen Küste in einer kleinen Pension, die von einer etwas schrulligen Dame geführt wird. Obwohl der kurze Trip zur schulischen Fortbildung genutzt werden soll und sich Sam auch sofort für Flora und Fauna des Küstenstädtchens interessiert, hat Martin eher Mädchen in Kopf und die Beiden treffen in einem Pub auf Sarah und Zaile, die sich mit ihren Eltern ebenfalls in dem beschaulichen Küstenstädtchen auf Urlaub befinden. Wenig später kommen sich die Jugendlichen am Strand näher und während Martin mit Sarah turtelt, ergreift der zurückhaltende Sam schüchtern bei Zaile die Initiative und löst mit seiner Mischung aus Neugier und Enthusiasmus auch der Pensions-Besitzerin eine unerwartete Wandlung aus.

Die Zeit der Heranwachsens und der Pubertät ist bekanntlich nicht unbedingt eine einfache Zeit und die Serie „Coming of Age“ aus dem Hause CMV-Laservision beleuchtet nun neuerlich und in der bereits sechsten Ausgabe diese mitunter sehr schwierige und ereignisreiche Periode, die aber dennoch jeder Mensch zwischen Kindes- und Teenageralter irgendwie durchzustehen hat. Mit vier Kurzfilmen beschäftigt sich der englische Regisseur mit unterschiedlichen Lebensabschnitten und beginnt mit der Geschichte des elfjährigen Mark, der in einer schwierigen Phase seines Lebens mit der Trennung seiner Eltern konfrontiert wird, präsentiert mit den abwechslungsreichen Storys von Steve und Joseph allgemeine Probleme von Pubertät und Freundschaft und beendet seine Anthologie des Erwachsenwerdens mit einem abenteuerlichen Wochenende zweier Siebzehnjähriger inklusive erster Erfahrungen in einer englischen Küstenstadt.

Die vier Episoden mit einer Laufzeit zwischen 27 und 53 Minuten und ihrer Entstehungszeit zwischen 1974 und 1986  sind dabei auch inhaltlich sehr unterschiedlich ausgefallen und pendeln ganz wie die Gefühlswelt der Pubertierenden irgendwo zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt und beinhalten auch keine in sich abgeschlossenen oder aufeinander aufbauenden Geschichten. Viel mehr liefert der englische Dokumentarfilmer, Buchautor und Kurzfilm-Regisseur Roger Lampert unterschiedliche Episoden aus dem Leben männlicher Jugendlicher zwischen elf und siebzehn Jahren und auch viel Spielraum für unterschiedliche Interpretationen.

Die Kurzfilme erzählen dabei auch wie bereits erwähnt auch keine abgeschlossenen Geschichten, sondern präsentieren unterschiedliche Problemkonstellationen wie Einsamkeit, Trennung, den Wert von Freundschaften und die Auseinandersetzung mit der erwachenden Sexualität inklusive vage Andeutung in Richtung Homosexualität, welche zur Zeit ihrer Entstehung wohl auch in Hinblick auf einen schulischen Einsatz produziert wurden. Die Filme eigneten sich zur Zeit ihrer Entstehung auch sicher recht gut als Grundlage für unterschiedliche Diskussionen, aber mittlerweile haben sich die Rahmenbedingungen der Jugendlichen doch stark geändert und das Verhalten der Teenager in Punkto Freizeitverhalten und Statussymbole lässt sich in Zeiten von Internet und Co wohl kaum noch mit dem der portraitierten Jugendlichen vergleichen.

Vor allem bei der Episode „Split“ aus dem Jahre 1974 mit seiner damals im Gegensatz zu heute  vermutlich noch nicht so geläufigen Scheidungs- bzw. Trennungsproblematik wirkt nicht nur die Frisur des Kinderpsychologen etwas befremdlich, sondern auch die Art und Weise, wie insgesamt mit den Problemen des Kindes umgegangen wird. Der Rest der Episoden ist da meines Erachtens schon etwas besser „gealtert“ und auch im Grundton optimistischer ausgefallen. „I want to be Famous“ und „Follow me follow you“ sind zwar ebenfalls eher dramatisch ausgefallen, aber bieten zeitgleich auch optimistische Aussichten. Etwas aus dem Rahmen fällt hingegen die Nachzügler-Episode „A Seaside Story“, der nicht nur mit der Extraportion Achtziger-Flair um die Ecke biegt, sondern eher unbeschwert und humorvoll ausgefallen ist.

Inszenatorisch gibt es ja auch nicht viel zu meckern und Roger Lambert, der laut IMDB seine filmische Karriere zugunsten der Wissenschaft auf Eis gelegt und mittlerweile als renommierter Wildbiologe in entsprechenden Fachkreisen bekannt ist, hat vier ungewöhnliche, schöne und nachdenklich stimmende Werke geschaffen, die eine große Bandbreite des Erwachsenwerdens repräsentiert. Die Episoden sind eher leise, mit Laiendarstellern und mit viel Zeit- und südostenglischen Lokalkolorit inszeniert und berichten von kleinen und großen Dramen, den Wert von Freundschaften berichten auf unterschiedliche Weise, wie man sich den Problemen dieser Zeit stellen kann und alles einfacher ist, wenn man auf der Reise zum Erwachsenwerden nicht auf sich alleine gestellt ist.

CMV-Laservision bringt die vier Episoden unter dem Untertitel „The Roger Lambert Anthology“ als Nummer 6 der „Coming-of-Age“-Reihe und die Bildqualität geht für diese Art von Filmen auch absolut in Ordnung. Die vier Episoden werden dabei in der englischen Originalfassung mit optionalen Untertiteln in Deutsch präsentiert, die angesichts des mitunter etwas schwer zu verstehenden Dialekts auch sehr hilfreich sind. Mit über zwei Stunden Laufzeit gibt es auch jede Menge Filme fürs Geld und abgerundet wird das positive Gesamtpaket dann noch mit einer ausgiebigen Trailershow zu den nicht minder empfehlenswerten Filmen „Morgan“, „Ja, ich will“, „Geography Club“ und „The Nature of Nicholas“.

Unterm Strich bleiben vier interessante Episoden und einem Entstehungszeitraum von 12 Jahren, die jede für sich auf humorvoll bis dramatische Weise Jugendliche im Alter von elf bis siebzehn Jahren präsentiert und von universellen Themen wie Freundschaft, Verlust und Sexualität handeln. Mit seiner Beobachtungsgabe und unaufgeregten Erzählweise schafft der Regisseur Roger Lambert vier eigenständige und empfehlenswerte Kurzfilme aus der „Coming-of-Age“-Kiste, die in der vorliegenden und chronologischen Darreichungsform und einer Laufzeit von über zwei Stunden auch ein großes Spektrum der Pubertät abdecken und mit ihren universellen Themen noch immer nachdenklich stimmen, auch wenn sich mittlerweile die Rahmenbedingungen der Gesellschaft in der Jugendliche mittlerweile heranwachsen doch maßgeblich geändert haben.