project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Die Babysitterin Jill (Carol Kane) wird eines Abends von Dr. Mandrakis (Carmen Argenziano) engagiert um nach dessen Kindern zu sehen, während sich dieser mit seiner Gattin (Rutanya Alda) einen schönen Abend machen möchte. Als wiederholt das Telefon klingelt und ein mysteriöser Anrufer sie nach den Kindern fragt, glaubt die Schülerin zuerst an einen Scherz ihrer Freundin, doch schon wenig später fühlt sie sich bedroht und informiert die Polizei, die Jill rät Ruhe zu bewahren. Doch die Anrufe des Stalkers gehen weiter und als die Telefongesellschaft diese zurückverfolgt, wird entdeckt, dass diese von einem anderen Anschluss aus demselben Haus kommen und ein Psychopath die Kinder im Schlaf ermordet hat, der wenig später von der Polizei gefasst wird.
Sieben Jahre später kann der als Curt Duncan (Tony Beckley) identifizierte und für unzurechnungsfähig erklärte Kindsmörder jedoch aus der geschlossenen Anstalt entfliehen und der Polizist Clifford (Charles Durning), der den Engländer seinerzeit festnehmen konnte und mittlerweile als Privatdetektiv seine Brötchen verdient wird von Dr. Mandrakis engagiert, um Duncan zu finden und dafür zu sorgen, dass sich dieser nie wieder an Kinder vergreifen kann. Dieser nutzt auch seine alten Kontakte aus Polizeizeiten und überprüft kleinere Delikte, Anzeigen und Übergriffe und kommt Duncan wenig später auch tatsächlich in der Obdachlosenszene in Los Angeles auf die Spur.
Dieser hat mit Tracy (Colleen Dewhurst) auch rasch ein neues Stalking-Opfer gefunden und versucht auf eher plumpe Weise die Mittvierzigerin in einer heruntergekommenen Bar anzusprechen und wird wenig später verprügelt, als er die abweisend verhaltende Tracy wiederholt an der Bar belästigt. Doch Duncan gibt nicht auf und folgt der Frau bis zu ihrer Wohnung. Als Tracy den verletzten Duncan vor ihrer Türe sieht, hat sie Mitleid und um den Mann loszuwerden verspricht sie, mit ihn einmal auf einen Drink zu gehen, ohne zu ahnen, welcher Gefahr sie sich damit aussetzt. Als Clifford der Frau von dem Verbrecher erzählt willigt diese ein den Lockvogel zu spielen und fast gelingt es dem Privatdetektiv den Verbrecher zu stellen, als dieser in die Wohnung einbricht und Tracy bedroht.
Dennoch verliert sich wenig später seine Spur im nächtlichen Los Angeles und auch ein weiterer Versuch Duncan in einer Notschlafstelle zu erwischen schlägt fehl. Clifford macht sich weiter auf die Suche und dennoch scheint der Psychopath wie vom Erdboden verschluckt. Durch einen kleinen Zeitungsbericht über ihre karitative Tätigkeit wird Duncan jedoch neuerlich auf die Jill aufmerksam, die mittlerweile verheiratet ist und selbst zwei kleine Kinder hat und am Stadtrand in einem Haus lebt. Als Jill eines Abends mit ihrem Mann dessen Beförderung feiert und dafür auch eine Babysitterin engagiert, erhält sie im Restaurant überraschend einen Anruf mit der derselben Botschaft, die sie bereits sieben Jahre zuvor in Angst und Schrecken versetzt hat…
Es gibt wohl nur ganz wenige Filme, bei denen einige Szenen oder einzelne Momente ausreichen um einen bestimmten Streifen nachhaltig im Gedächtnis des Zuschauers so zu verankern, dass man ihn so schnell nicht mehr vergessen kann. Im Falle von Fred Waltons 1979 gedrehten Thriller „Das Grauen kommt um 10“ sind es die ersten zwanzig Minuten in denen ein unbekannter Anrufer eine Babysitterin terrorisiert, die dafür gesorgt haben, dass der Streifen Kultstatus erlangt hat und sich auch heute noch immer großer Beliebtheit erfreut. Der Beginn und auch das Ende mit Carol Kane sind auch wahnsinnig spannend ausgefallen und basierend auf einer urbanen Legende über den Babysitter und dem Killer im eigenen Haus wird hier wirklich mit einfachen Mitteln das Maximum herausgeholt.
Leider gibt es in „When a Stranger calls“ aber auch noch einen ausgedehnten Mittelteil, der die Suche eines Privatdetektivs nach dem entflohenen Psychopathen beschreibt und rückblickend auch immer wieder die Geschehnisse des Beginns aufgreift, ehe am Ende erneut die mittlerweile erwachsene Jill ins Spiel kommt und der Streifen mit einer Variation des Beginns neuerlich ordentlich Fahrt aufnimmt. Und obwohl es am Ende noch einen netten Schocker gibt, kann dieser Mittelteil in Punkte Suspense auch nicht ansatzweise mit dem Beginn mithalten, was zur Folge hat, das der Streifen so wirkt, als würde ihm nach dem ersten Drittel schon die Puste ausgehen und es ist auch wenig verwunderlich, dass auch vermarktungstechnisch auch nur die Sache mit dem Babysitter Erwähnung findet.
Zwar ist „When a Stranger calls“ schon auch noch immer ein überdurchschnittlicher Thriller aus dem Spannungsfeld von Slasher, Psychothriller und Drama, aber insgesamt gesehen wirkt der Streifen trotz toller Sequenzen einfach zu unausgewogen und der starke Auftakt und das Ende können nicht über den doch etwas zu lang Mittelteil hinwegtäuschen, in dem „Kommissar Zufall“ etwas überstrapaziert wird. Wenn man John Carpenters thematisch sehr ähnlich gelagerten Streifen „Halloween“ als Vergleich nimmt, in dessen Fahrwasser auch „Das Grauen kommt um 10“ entstanden ist, merkt man auch, dass viel mehr möglich gewesen wäre, wenn man sich weniger auf eine erwachsenere Zielgruppe und mehr auf die Figuren konzentriert hätte, mit dem Zuschauer auch am meisten am Herzen liegen. Und da punktet Carol Kane als Jill einfach mehr als ein behäbiger Privatdetektiv und Colleen Dewhurst als trinkfeste und gestalkte Mittvierzigerin.
Dennoch hat auch Fred Walton das Potential seiner Figuren zweifelsfrei erkannt und mit „Stimme der Dunkelheit“ im Jahr 1993 einen Quasi-Nachfolger als TV-Film gedreht hat, in der Carol Kane und Charles Durning wieder in ihren Rollen auftauchen und sich Scream-Queen Jill Schoelen als Babysitterin einem mysteriösen Eindringling gegenüber sieht und nun ebenfalls ganz oben auf meiner Liste steht. Im Jahre 2006 wurde mit „Unbekannter Anrufer“ unter der Regie von Simon West dann auch noch ein etwas zu braves Remake gedreht, das zwar wesentlich bekannter scheint, jedoch nicht die Intensität von „Das Grauen kommt um 10“ erreicht und sich auch eher an ein jugendliches Publikum richtet, welches die Originalvorlage nicht kennt.
Aber natürlich überwiegt ja jetzt ohnehin die Freude, dass es dieser bislang nur auf VHS veröffentlichte Streifen, dessen Free-TV-Ausstrahlungen auch schon wieder lange her sind, endlich auf DVD und Blu-Ray geschafft hat und Fred Waltons Streifen auch neu in HD abgetastet wurde. Die Bildqualität bietet auch in der DVD-Variante keinen Anlass zur Kritik und auch wenn der Ton der deutschen Synchro etwas dumpf erscheint, kann man fast rundum zufrieden sein. Als Beigabe gibt es neben Trailern und Bildergalerie, die auf DVD und Blu-Ray ident sind noch ein kleines Booklet mit Artwork zum Film und einem kurzen und mit „Im Schatten eines Klassikers“ betitelten und kurzen Text von Nando Rohner, in dem ebenfalls der Bezug zu „Halloween“ hergestellt wird.
Unterm Strich bleibt ein durchwegs gelungener, aber nicht gänzlich geglückter Thriller, der wohl als eine Art „erwachsene“ Variante bzw. Ergänzung von „Halloween“ gedacht war und auch einen fulminanten und hochspannenden Auftakt bietet, der unbestritten zu den ganz großen Momenten der Thriller-Kinogeschichte gezählt werden kann. Danach geht es spannungstechnisch leider erst einmal ziemlich bergab und es folgt ein eher höhepunktsloser Mittelteil, bevor Fred Walton am Ende mit einem Schocker-Finale noch einmal so richtig aufdreht. Der besagte Mittelteil kann nicht einmal ansatzweise mithalten und irgendwie ist es schade, dass man das Spannungslevel nicht durchgehend halten konnte um durchgängig etwas ganz Großes zu schaffen. So bleibt ein lediglich überdurchschnittlicher Thriller mit Stärken und Schwächen und eine VÖ, auf die viele Fans – inklusive meiner Wenigkeit – schon viel zu lange warten mussten.
Beitrag geändert von jogiwan (30.July 2014 08:28:54)
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch endlich Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=9834
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