project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
Sie sind nicht angemeldet.
Seiten: 1
Ein paar Wassertropfen aus der Dachrinne eines Pariser Mehrparteienhauses lösen in einer beispiellosen Kettenreaktion ein derartiges Chaos aus, dass der Verkehr vor dem Haus zum Erliegen kommt. Während die meisten Autofahrer genervt auf die Situation regieren, macht der farbenblinde Maler Gil (Christian Francois) das Beste daraus und lädt die hübsche Radiosprecherin Catherine (Diane Bellego) zu einer Partie Schach ein. Die hübsche Frau willigt ein und nach dem zufälligen Aufeinandertreffen stürzen sich die beiden Menschen in eine heftige Affäre.
Katie lebt als Tochter eines amerikanischen Diplomaten und einer australischen Mutter alleine in Paris, während Gil mit seinem Freund, dem voyeuristischen und pervers veranlagten Fotografen Bob (Fabrice Luchini) in einer zum Loft umgebauten Fabrikhalle, das beiden als Atelier dient. Obwohl es Bob mit erotischen Fotos zu Berühmtheit gebracht hat, arbeitet er auch als Modefotograf und eines Tages lernt Gil bei einem Shooting für Kindermoden auch ein junges Mädchen und dessen Mutter kennen, die den aufstrebenden Maler als Illustrator einen Job in einem Verlagshaus verschafft.
Als das junge Mädchen jedoch auf offener Straße von Kriminellen entführt wird, gerät Gil unter Verdacht und dem ermittelnden Beamten (Philippe Khorsand) ist der unkonventionelle Lebensstil von Gil und seinem Freund ein Dorn im Auge und der Maler landet durch verschiedene Begebenheiten auch immer wieder unter dringendem Tatverdacht im Knast. Auch die turbulente Beziehung von Gil und Catherine ist nicht frei von Konflikten und während Catherine Karriere machen möchte und sie durch einen Unfall eine große Chance nicht wahrnehmen kann, sehnt sich Gil nach einem Kind und schon wenig später wird die Beziehung der Beiden auf eine große Probe gestellt.
Mit „Verdammt nochmal! …wo bleibt die Zärtlichkeit?“ hat der französische Regisseur und Drehbuchautor Patrick Schulmann Ende der Siebziger einen Film geschaffen, der nicht nur amüsant die Befindlichkeiten der französischen Gesellschaft aufs Korn nahm, sondern auch großen Erfolg an den Kinokassen hatte. Die unkonventionelle und auch nicht immer geschmacksichere Mischung aus Komödie, Arthouse und Erotik-Report, die das Leben dreier unterschiedlicher Paare beleuchtet hat den Nerv der Kinogeher getroffen ist auch sehr gelungen und so ist es auch wenig verwunderlich, dass ein paar Jahre später ein Quasi-Nachfolger nachgeschoben wurde.
Ob „Zig Zag Story“ – so der Originaltitel des Streifens – auch tatsächlich als Fortsetzung geplant war oder nur im Fahrwasser des Erfolgs als Nachfolger vermarktet wurde, konnte ich zwar nicht herausfinden, aber Patrick Schulmann bleibt auch in dem 1983 gedrehten Streifen dem Erfolgsrezept größtenteils treu und präsentiert dem Betrachter anhand einer unkonventionellen Beziehungsgeschichte allerhand seltsame Charaktere von liebenswert bis skurril und seltsame Entwicklungen am laufenden Band, die dem Zuschauer eindrucksvoll näherbringen, dass jeder Zufall auch eine Chance in sich birgt.
Patrick Schulmann erweist sich ja neuerlich als genauer Beobachter und zynischer Kommentator seiner Zeit und auch wenn die Entwicklungen in „Verdammt nochmal…! Wo bleibt die Zärtlichkeit? Teil 2“ sehr überzeichnet und turbulent daherkommen und auch in surrealistischen Begebenheiten das fantastische Genre streifen, so steckt doch immer ein großer Funken Wahrheit darin. Und auch wenn der Nachfolger vielleicht nicht die Gag-Dichte des Vorgängers erreicht, so wirkt die bisweilen dramatische Geschichte im Vergleich zum episodenhaften Vorgänger im Gesamtbild doch etwas runder.
Neben dem seltsamen Verhalten paarungswilliger Menschen und sonstigen Eigenbrötlern mit perversen Leidenschaften bekommen hier aber vor allem zwei Dinge mit bissigen ordentlich eines vor dem Latz geknallt. Einerseits die Mechanismen des Kunstbetriebes, die hier in Form eines farbenblinden (!) Malers und perversen Fotografen auf absurde Weise persifliert werden, als auch die Unfähigkeit der Polizei, die den umtriebigen Gil und sein Umfeld aufgrund ihrer Ansichten und Lebensweisen gleich einmal unter Generalverdacht stellt, als sich um die Aufklärung der tatsächlichen Straftat zu kümmern.
Alles in allem ergibt neuerlich einen kurzweiligen und ungewöhnlichen Film, der die Fans des empfehlenswerten, ersten Teils nicht enttäuschen sollte. Das Tempo passt, die Geschichte ist mit sympathischen und schrägen Charakteren hübsch überdreht und bleibt auch bis zum Ende turbulent und augenzwinkernd. Inszenatorisch bleibt Schulmann trotz ein paar optischen Mätzchen und dem Chaos zu Beginn weitgehend seinem eher nüchternen Stil treu und auch darstellerisch wiederholt „Verdammt nochmal…! Wo bleibt die Zärtlichkeit? Teil 2“ die guten Leistungen des Vorgängers, die auch hier keinen Anlass zur Kritik bieten.
Die DVD aus dem Hause CMV-Laservision bringt den französischen Kinoerfolg aus den Achtzigern in passabler Qualität mit einer FSK16-Freigabe, die angesichts nackter Tatsachen auch durchaus gerechtfertigt ist. Die deutsche Synchro ist ebenfalls gelungen, auch wenn Bild und Ton vielleicht nicht ganz aktuellen Standards entspricht. Als Bonus gibt es zwei Kurzfilme mit dem Titel „L`Intrus“ (leider nur im französischen Original ohne Untertitel) und den spaßigen und auch Dialog-freien „Petit Musique Humain“ mit nettem Gag am Ende. Abgerundet wird das französische Gesamtpaket dann noch mit zahlreichen Trailer, einer entfernten und seltsam anmutenden Szene und einer umfangreichen Bildergalerie und Wendecover.
Unterm Strich bleibt abermals ein aberwitziger Spaß und eine Reise in die Abgründe der menschlicher Sexual-Verhaltensweisen, der zwar im Vergleich zum Vorgänger mehr Drama und weniger Slaptstick bietet, aber insgesamt gesehen mindestens den gleichen Unterhaltungswert besitzt. Wie schon Teil 1 bietet auch der Nachfolger absurde Momente am laufenden Band und schickt seine schrägen Charaktere auf eine nicht minder schräge Reise auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, die zwar nicht immer geschmackssicher, aber stets ungemein unterhaltsam, provokant, erfrischend originell und überraschend aufgeschlossen daherkommt.
Offline
@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=9700
Offline
Seiten: 1