project: equinoX Forum

Der erfolglose Schriftsteller Paul Kemp (Johnny Depp) fliegt im Jahre 1959 mit zwei unveröffentlichten Romanen und einem gefälschten Lebenslauf nach Puerto Rico, um bei der englischsprachigen Zeitung „San Juan Star“ eine Stelle als Journalist zu beginnen. Doch schon der erste Tag steht unter keinem guten Stern und der hoffnungslose verkaterte Kemp gerät vor dem Haus der Redaktion in einen wütenden Mob und erfährt wenig später von Chefredakteur Lottermann (Richard Jenkins) sein Aufgabengebiet, dass sich auf wohlwollende Berichte für Touristen und einer Astrologie-Kolumne beschränkt.

Gemeinsam mit dem Fotografen Bob (Michael Rispoli) arrangiert sich Kemp jedoch recht rasch mit seinem neuen Aufgabengebieten und findet Gefallen an Land und Leuten, einer trägen Lebensweise  und vor allem dem Rum, der literweise konsumiert wird. Gemeinsam ziehen die beiden los um verfressene Amerikaner beim Bowling zu interviewen und schlagen sich die Nächten in dubiosen Bars und bei Hahnenkämpfen um die Ohren. Doch der friedliche Schein auf der Insel trügt und während reiche Amerikaner dem Glückspiel und Alkohol frönen, ist der Großteil der Einheimischen bitterarm.   

Eines Abends lernt Kemp abseits einer großen Party die hübsche Chenault (Amber Heard) kennen, die mit dem Geschäftsmann Sanderson (Aaron Eckhart) verlobt ist, der in San Juan als erfolgreicher und einflussreicher Geschäftsmann gilt und auch die besten Kontakte zu Behörden pflegt. Während sich Kempf eher für die Blondine interessiert, bekommt Kemp von Sanderson den dubiosen Auftrag eine Reihe von wohlwollenden Artikeln über ein geplantes Bauprojekt zu schreiben, dass dieser mit amerikanischen Investoren auf einer idyllischen Insel aufziehen möchte.

Obwohl Kemp wenig von dieser Idee begeistert ist, willigt er widerwillig bei dem zweifelhaften Deal ein, nachdem ihn Sanderson aus einer misslichen Lage befreit. Als ihm  wenig später aber das tatsächliche Ausmaß der Investitionen bewusst werden, die auch die Zerstörung wertvollen Naturraums zur Folge hätte, wird seine durch den Alkohol bereits stark gedämpfte Journalistenehre wieder geweckt und gemeinsam mit seinen Freunden versucht er mit kritischen Beiträgen das Projekt zu verhindern, was angesichts der angespannten Lage jedoch gar nicht so einfach ist…

Bei der Kombination Hunter S. Thompson und Johnny Depp, den mit dem Schriftsteller Zeit seines Lebens auch eine enge Freundschaft verband, kann ja eigentlich nicht viel schief gehen. Glaubt man zumindest! Die semi-autobiografischen Romane des umtriebigen Journalisten und Autors erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit und auch die Verfilmung seines Romans „Fear and loathing Las Vegas“ unter der Regie von Terry Gilliam mit Depp und Benicio Del Toro in den Hauptrollen gilt nicht nur unter Cineasten längst als Kult und ist auch immer wieder gern gesehen.

Mit „Rum Diary“ liegt uns nun die Verfilmung des allerersten Romans von Thomspon vor, der lange Zeit keinen Verleger fand, in einer Lade landete, vergessen wurde und nach Aussage von Johnny Depp während eines Besuches beim dem Autor auch nur durch Zufall das Licht der breiten Öffentlichkeit gefunden hat. Noch bevor das Buch überhaupt verlegt wurde, hatte sich Depp auch bereits mit seinem Freund Thompson über eine Verfilmung geeinigt und mit Disney und dem Erfolg seiner „Fluch der Karibik“-Filme im Rücken auch ein Studio, dass bereit war, die fiebrigen Alkohol-Exzesse in der Südsee zu finanzieren und auf die große Leinwand zu bringen.

Herausgekommen ist unter der Regie von Bruce Robinson („Withnail and I“) jedoch ein etwas zwiespältiges Werk, das zwar auf den ersten Blick recht hübsch und exotisch daherkommt und auch das Lebensgefühl der Sechziger in dem von Arm und Reich geteilten Puerto Rico recht gut eingefangen, doch irgendwie schafft es der Streifen nicht, sich auf einheitliche Linie zu fokussieren und liefert stattdessen ein episodenhaftes Etwas ab, dass ständig zwischen skurrilen, witzigen, romantischen und dramatischen Momenten pendelt, sich bis zum Finale stetig zuspitzt, ehe die ganze Sache nach etwas zu langen 120 Minuten ein jähes und unbefriedigendes Ende findet.

In dem Streifen geht es auch zurück zu den journalistischen Anfängen eines exzessiven Geistes, der sich hier aber im schicken Sechziger-Settings noch mit Alkohol und weniger mit bewusstseinserweiternden Substanzen die Zeit vertreibt und auch erst dabei ist, sich und seine  journalistische Richtung zu finden. Die Ereignisse auf Puerto Rico sind daher auch noch  weniger abgedreht und obwohl im Verlauf des Streifens doch recht viele Handlungsstränge aufgegriffen werden, so werden doch die wenigsten davon zu Ende geführt, sodass man schon den Eindruck hat, dass hier mehr möglich gewesen wäre. 

Dabei gibt es technisch und darstellerisch auch gar nichts zu meckern und der Streifen ist wirklich sehr schick inszeniert und dank schöner Ausstattung und der Locations ist das Lebensgefühl der Sechziger wunderbar eingefangen. Johnny Depp bietet wie üblich eine grandiose Leistung und wirkt mit seinen knapp 50 Lenzen auch immer noch jugendlich genug um seinen knapp 20 Jahren jüngeren Charakter glaubwürdig zu spielen. Auch der Rest des Casts bietet mit Amber Heard und Aaron Eckhart und Richard Jenkins bekannte Gesichter, die ihre Sache ebenfalls sehr gut machen und auch Mut zur Hässlichkeit zeigen.

Die Blu-Ray-Disc aus dem Hause Universum Film bietet hingegen wie üblich wenig Anlass zur Kritik und bringt den 2011 gedrehten Streifen in guter Bildqualität. Im Bonusbereich gibt es zahlreiche Interviews mit Cast und Crew, wobei Johnny Depp auch über die sonderbaren  Umstände berichtet, wie das Manuskript entdeckt wurde. Neben dem Originaltrailer des Streifens gibt es auch die deutsche Fassung davon, sowie eine knapp viertelstündige „BR-Roll“. Abgerundet wird die ganze Sache noch mit einer ausgiebigen Trailershow zu kommenend Filmen wie „Cabin in the Woods“  oder auch „96 Hours – Taken 2“.

Unterm Strich bleibt ein im Gegensatz zum titelgebenden Getränk ein seltsam unausgegorene Mischung aus skurriler Loser-Komödie, Drama, Romanze und Zeitdokument, das zwar auf der technischen Seite alles richtig macht, aber auch nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass die Geschichte etwas verloren wirkt und mit knapp zwei Stunden Laufzeit auch zu lange ausgefallen ist. Ein zweites „Fear and Loathing Las Vegas“ ist „Rum Diary“ jedenfalls nicht geworden und wer sich nicht wie die Protagonisten berauscht durch die eher etwas träge Handlung treiben lassen mag, wird sich mit zunehmender Laufzeit auch eher langweilen und sich ebenfalls das ein- oder andere hochprozentige Getränk zur Hand wünschen. Schade eigentlich!