project: equinoX Forum

Jonas (Andreas Kolbábek) ist Mitte Zwanzig und steckt gerade mitten in einer kleinen Lebenskrise. Von seinen Freundeskreis, dass nur aus Pärchen zu bestehen scheint, hat er ebenso genug wie von den ständigen Vorwürfen seiner Mutter, endlich etwas mit seinem Leben anzufangen und eine eigentlich als Spaß gedachte  Handy-Applikation sagt dem jungen Mann auch noch einen frühen Tod voraus. Um wieder einen klaren Kopf zu bekommen beschließt er daher, eine Zeit lang alleine in einer obersteirischen Klamm zu verbringen und dort allein in der wilden Natur wieder zu sich selbst zu finden und alle Zwänge der Leistungsgesellschaft zu vergessen.

Doch statt Ruhe und Frieden zu finden, trifft Jonas schon wenig später auf Vera (Gunde Fürpaß), die von Männern eigentlich die Schnauze voll hat und ebenfalls in der Klamm ihr Zelt aufgeschlagen hat um eine Antwort auf die Frage zu finden, warum ihre Beziehung zu dem naturverbundenen Christoph nicht funktioniert hat. Während Vera froh ist, nicht gänzlich allein an dem ehemaligen Rückzugsortes ihres Ex-Freundes zu sein, ist Jonas aber weniger erfreut darüber, die Ruhe mit jemanden zu teilen und hat auch sogleich sexuelle Gedanken mit der hübschen Städterin. Dennoch ist man sich sympathisch und beschließt einander in den darauffolgenden Tagen nur die Wahrheit zu sagen, auch wenn diese für den anderen schmerzhaft sein könnte.

Wenig später kommt es auch zum ersten kleinen Zerwürfnis, als Jonas von Veras Verhalten und ihren  Ansprüchen genervt ist, ihr bewusst die falschen Sachen aus dem Supermarkt besorgt und mit einem kleinen Streich sein männliches Revier verteidigt. Die aufgebrachte Vera revanchiert sich in dem Zerstören von Jonas Lieblings-CD, der sich wiederum rächt und beide schaukeln sich gegenseitig so hoch, dass es nach einem verbalen Streit  sogar zu einer kleinen körperlichen  Auseinandersetzung kommt, an deren Ende man sich jedoch wieder lachend in den Armen liegt und sich die beiden eingestehen müssen, doch mehr als bloße Sympathie füreinander zu empfinden.

Als Vera daraufhin  Jonas erstmals von der nicht immer harmonischen Beziehung zu ihrem Ex- Freund Christoph erzählt, der mittlerweile in die Staaten ausgewandert ist und diesem ein Foto von ihm zeigt, erinnert sich der junge Mann ebenfalls an den Naturburschen, den er ein Jahr zuvor ebenfalls in der Klamm getroffen hat. Wenig später trudeln auch noch  Jonas Freunde Irene (Stefanie Schmidt) und Didi (Jürgen Scheer) ein und haben ihrerseits sehr unterschiedliche Erinnerungen an Christoph und Vera versucht mit diesen, dem bislang unergründbaren Seelenleben ihres Ex-Freundes auf die Spur zu kommen und macht dabei eine überraschende Entdeckung…

In der österreichischen Film- und Fernsehlandschaft sind Komödien gar nicht mehr wegzudenken und kommerziell erfolgreiche Streifen wie Harald Sicheritz‘   „Muttertag“,  die Kommissar Brenner Trilogie nach Vorlage von Wolf Haas mit Josef Hader in der Hauptrolle oder auch der Überraschungserfolg „Die unabsichtliche Entführung der Elfriede Ott“  zeugen sehr eindrucksvoll von der österreichischen Mischung aus Wortwitz, Situationskomik, Sarkasmus und einem Humor, der oftmals so schwarz ausgefallen ist, dass einem Lachen zuweilen im Halse stecken bleiben könnte.

Der steirische Regisseur  Martin Kroissenbrunner, der mit seinem 2010 entstandenen Indiependent-Thriller „Licht in leeren Häusern“ bereits ein recht  eindrucksvolles Debüt hingelegt hat und in Sci-Fi-Abenteuer „Tartarus“ auch als Darsteller ebenfalls überzeugte, bringt nun mit seinem Nachfolgewerk „Vierter Sommer“ nicht nur eine humorvolle Komödie, sondern neuerlich ein kräftiges Lebenszeichen der steirischen Indie-Filmszene, das auch ohne Budget und namhafter Stars mit einer gelungenen Geschichte, hübsch in Szene gesetzter Naturkulisse, steirischen Lokalkolorit und flotten Tempo überzeugen kann.

Die Geschichte des 2011 entstandenen Werkes handelt wie so oft vom ewigen Kampf der Geschlechter, der im Fall von Jonas und Vera in einer obersteirischen Klamm ausgetragen wird. Die Handlung orientiert sich dabei an klassischen Beziehungskomödien genauso wie am Slacker-Film und bietet am Ende auch noch einen halluzinogenen Trip in die Gefühlswelten der Hauptdarsteller. Die temporeiche Geschichte ist dabei witzig  und dramatisch erzählt und überzeugt durch eine unverkitschte Darstellung der Ereignisse, einer tollen Naturkulisse und seinen größtenteils  sympathischen Figuren, mit ihren kleinen Schwächen und Stärken, die sie umso liebenswerter erscheinen lassen.

Die Chemie zwischen den Darstellern scheint während den Dreharbeiten jedenfalls sehr gut gewesen zu sein und Andreas Kolbásek und Gunde Fürpaß sind für ihre Rollen auch sehr gut gewählt. Während sich die männlichen Zuschauer wohl in gewisser Weise mit Jonas identifizieren können, bietet die emotionalere Vera für das weibliche Publikum die ideale Bezugsperson. Auch Paul Hassler weiß in seiner etwas undankbaren Rolle als Christoph zu überzeugen und Stefanie Schmidt, die bereits in „Licht in leeren Häusern“ zu sehen war und Jürgen Scheer, der auch im Hintergrund aktiv bei der Entstehung des Filmes dabei war, machen ihre Sache ebenfalls sehr gut.

Technisch gibt es an dem Streifen jedenfalls nicht viel zu meckern und das geringe Budget ist „Vierter Sommer“ auch zu keiner Filmsekunde anzusehen. Die Drehorte vom Schloßberg in Graz, über Edelschrott bei Voitsberg bis hin zur Gemeinde Fölz in der Nähe von Bruck an der Mur sind sehr passend gewählt und immer wunderbar eingefangen. Der stimmige Soundtrack weiß zu überzeugen und die Art wie die Geschichte mit zahlreichen Rückblenden  vergangener Sommer  erzählt wird, hat mir ebenfalls gut gefallen. Regisseur Martin Kroissenbrunner und sein Team haben aus der ganzen Sache scheinbar das Maximum rausgeholt und wenn man bedenkt, was man aus dem Sektor des Indie-Films bisweilen für Grütze kommt, kann man allen Beteiligten nur gratulieren.

Der Streifen war anscheinend auch wie sein Vorgänger in steirischen Kinos zu sehen, was abermals leider spurlos an mir vorüber gegangen ist. Über eine Facebook-Gruppe wurde auch eine Vorpremiere organisiert, wobei für diese Zwecke mitten in einem Wald eine Leinwand aufgebaut wurde und bei der die Besucher die Darsteller auch hautnah nochmals in ihren Rollen verfolgen konnten. Eindrücke von diesem Ereignis und die Stimmung nach der Premiere im Grazer Rechbauer Kino sind im Bonusmaterial der DVD zu finden, die den Streifen in guter Bild- und Tonqualität liefert und zu fairen Preis über die Webseite des Films (www.viertersommer.at) oder  in österreichischen Läden und Mailordern käuflich zu erwerben ist.

Unterm Strich ist Martin Kroissenbrunner mit seinem Zweitlingswerk „Vierter Sommer“ eine kurzweilige und vor allem humorvolle Dramödie gelungen, die mit sympathischen Hauptdarstellern, wildromantischen Schauplätzen und viel steirischem Lokal-Kolorit punktet. Die Geschichte der zwei Campern, die auf der Suche nach dem Sinn des Lebens zueinander finden ist nicht nur witzig, sondern auch originell und erfrischend unverkrampft erzählt. „Vierter Sommer“ ist dann auch der beste Beweis, dass für einen unterhaltsamen Film kein großes Budget notwendig ist und mit einer guten Idee, einem tollen Drehbuch, ambitionierten Leuten und viel Enthusiasmus alles möglich ist.

Beitrag geändert von jogiwan (06.October 2012 12:53:58)