project: equinoX - Das deutschsprachige DVD und Film Projekt im Internet
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Als Major Charles Rane (Wiliam Devane) gemeinsam mit seinem Militärkollegen Johnny Vodhen (Tommy Lee Jones) nach mehrjähriger Kriegsgefangenschaft in Hanoi in seinen Heimatort San Antonio zurückkehrt, hat sich das Leben des Mannes grundlegend geändert. Während der Totgeglaubte durch zahlreiche Folterungen in Vietnam gelernt hat, den Schmerz stumm und ohne Gegenwehr zu ertragen, hat er sich von seinem achtjährigen Sohn Mark entfremdet und auch seine Frau Janet ist mittlerweile mit einem anderen Mann zusammen und eröffnet Charles, dass sie die Scheidung möchte.
Bei einer Feier seiner Heimatgemeinde erhält der zum Kriegsheld erklärte Charles von privaten Sponsoren einen Cadillac und einen Koffer voller Silberdollar als Ausgleich und Anerkennung für seine mehrjährige Gefangenschaft geschenkt, welches jedoch die Aufmerksamkeit einer mexikanischen Gangsterbande auf sich zieht. Diese überfallen den traumatisierten Mann in seinem eigenen Haus, foltern ihn grausam um an das Geld zu kommen und erschießen brutal Frau und Kind, während Charles ebenfalls angeschossen und schwer verletzt mit einer zerfetzten Hand überlebt.
Wochen später wird Charles aus dem Hospital entlassen und beginnt mit eiserner Disziplin mit seiner Prothese umzugehen, an deren Ende sich eine Stahlkralle befindet, die von Charles zu einer Waffe umfunktioniert wurde. Er fast den Entschluss, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und gemeinsam mit der attraktiven Kellnerin Linda (Linda Haynes), die vorerst nichts von seinem Plan weiß und sich am Krankenbett in den schweigsamen Mann verliebt hat, macht er sich auf den Weg nach Mexiko, um dort den Aufenthaltsort der Verantwortlichen herauszufinden.
Dieser ist auch rasch gefunden, doch als Charles erkennen muss, dass er alleine gegen die Übermacht der Mexikaner keine Chance hat, verwirft er sich Linda und besucht Johnny, der ebenfalls in der Zwischenzeit in Freiheit nicht wieder Fuß fassen konnte. Aus Loyalität gegenüber seinem ehemaligen Vorgesetzten schließt sich Johnny dem privaten Kampf an und gemeinsam und bis an die Zähne bewaffnet starten die beiden einen Rachefeldzug, an dessen Ende es für alle Beteiligten kein Zurück mehr gibt…
Als Regisseur Michael Winner im Jahre 1974 Brian Garfields Roman „Ein Mann sieht rot“ mit Charles Bronson verfilmte, ahnte er wohl nicht, dass er mit dem kommerziellen Erfolg des Streifens nicht nur eine handfeste Diskussion über Selbstjustiz auslösen würde, sondern auch gleich den Grundstein für eine ganze Reihe von Filmen mit ähnlicher Thematik legte. Während Kritiker diese Filme fast immer aufgrund ihres fragwürdigen Inhalts verurteilte, war das Interesse des Publikums jedoch so groß, dass selbst Jahre später noch immer derartige Filme produziert wurden.
„Der Mann mit der Stahlkralle“ ist dann auch ein derartiger Streifen in dieser Tradition, dessen Geschichte jedoch aus der Feder von Paul Schrader stammt, der zuvor mit seinen Drehbüchern zu Scorseses „Taxi Driver“ Brian de Palmas „Schwarzer Engel“ Erfolge verbuchen konnte. Dieser hat sich jedoch später wütend von dem Film distanziert, da sein Drehbuch ohne sein Zutun und Einverständnis umgeschrieben wurde und dessen Endfassung er laut Wikipedia auch als „faschistisch“ bezeichnete.
Regisseur John Flynn, der ansonsten eher mit Action-betonten Werken wie „Lock Up“ und „Deadly Revenge“ bekannt ist, hat mit seinem 1977 entstandenen Streifen auch keinen Film für Feingeister geschaffen und das Potential der Geschichte über einen traumatisierten Kriegsheimkehrer wird auch nur in den ersten dreißig Minuten genutzt, während der Rest der Laufzeit doch recht simpel gestrickt daherkommt und der Überfall und der darauffolgende Rache-Sause doch recht plump, plakativ und unreflektiert daherkommt. Statt moralischem Zeigefinger wird der Holzhammer ausgepackt und auch die Handlungsschnitte der bisherigen Veröffentlichungen im deutschen Raum sorgten bislang zusätzlich dafür, dass der ganze Streifen noch etwas unreflektierter daherkommt.
Doch auch wenn die Dramatik-Fraktion nur eingeschränkt auf die Kosten kommt, so ist „Der Mann mit der Stahlkralle“ trotz seiner simplen Geschichte ein recht kurzweiliges Vergnügen für alle Exploitation-Fans und Freunde des Siebzigerjahre-B-Movies, dass politisch unkorrekt, moralisch fragwürdig, sexistisch und eigentlich auch recht brutal daherkommt. Zwar werden die Gewaltszenen nicht breit ausgewalzt und geschehen manchmal auch im Off, aber im Finale gibt es durchaus ein paar blutige Szenen zu bewundern, die in Kombination mit der fragwürdigen Thematik durchaus die FSK16-Freigabe rechtfertigen.
Darstellerisch gibt’s bei „Der Mann mit der Stahlkralle“ nichts zu meckern und William Devane verkörpert den psychisch und physisch verkrüppelten Kriegshelden mit stoischer Miene, dass seine Rolle mit zunehmender Laufzeit noch unberechenbarer Wirken lässt. Auch Tommy Lee Jones, der es scheinbar mühelos schafft, immer zehn Jahre älter als eigentlich auszusehen ist wie immer eine Bank und Linda Haynes als optischer und weiblicher Aufputz macht ihre Sache ebenfalls sehr gut.
Wie bereits erwähnt gab es den nicht unumstrittenen Streifen bislang in deutschen Landen nur in gekürzter Fassung, wobei dieses dank der neuen VÖ aus dem Hause Koch Media endlich der Vergangenheit angehört. Diese bringen „Rolling Thunder“ – so der Originaltitel – erstmals in ungekürzter Form mit FSK16-Freigabe, wobei die nicht synchronisierten (Dialog-)Passagen im englischen Original mit deutschen Untertiteln präsentiert werden. Die Bildqualität ist gut und auch das Bonusmaterial überzeugt mit einem Interview mit Linda Haynes, die sich auch gerne an die damalige Zeit erinnert, dem von Eli Roth kommentierten Trailer, sowie einem Audiokommentar mit Co-Autor Heywood Gould und Filmemacher Roy Frumkes.
Filme mit Selbstjustiz-Thematik haben ja bei mir generell einen großen Bonus und ich mag diese Streifen trotz des immer gleich ablaufenden Strickmusters einfach total gerne. Im Falle von „Der Mann mit der Stahlkralle“ wird zwar sicher ein Großteil des eigentlichen Potentials zugunsten eines handwerklich durchschnittlichen Actionfilms verschenkt, aber so lange es ordentlich rummst und kracht und der Unterhaltungswert nicht darunter leidet, ist mir das im Grunde auch herzlich egal. John Flynns Streifen ist zwar sicher kein verkanntes Meisterwerk und die üblichen und fragwürdigen Tendenzen, aber ist und bleibt ein grundsolider Exploitation-Snack für Zwischendurch. Wohl bekomms!
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@ Jochen,
vielen Dank fürs Review, ist nun auch schon Online: http://chilidog.project-equinox.de/?page_id=8915
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